Antrag: Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge

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Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Hannover, den 30.04.03

Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung
Die Landesregierung wird aufgefordert, eine Bundesratsinitiative zur Erteilung eines Bleiberechts für langjährig geduldete Flüchtlinge auf den Weg zu bringen.
Ein Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge sollte nachstehende Bedingungen umfassen:
- Geduldete, sonstige Ausreisepflichtige sowie Asylbewerber, die sich seit mindestens
5 Jahren in Niedersachsen aufhalten, sollen im Rahmen einer Bleiberechtsregelung ein Aufenthaltsrecht erhalten.
- Familien, deren Kinder bei der Einreise minderjährig waren oder in Niedersachsen geboren wurden sowie ältere, schwer kranke und behinderte Menschen, sollen nach
3 Jahre Aufenthalt ein Aufenthaltsrecht erhalten.
- Unbegleiteten Minderjährigen soll ein Aufenthaltsrecht gewährt werden, wenn sie sich seit 2 Jahren in Niedersachsen aufhalten.
- Traumatisierte Menschen, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bleiberechtsregelung in Niedersachsen aufhalten, sollen sofort ein Aufenthaltsrecht erhalten.
- Menschen, die als Opfer rassistischer Angriffe in Deutschland traumatisiert oder erheblich verletzt wurden, sollen ein Aufenthaltsrecht erhalten.
Begründung
In Niedersachsen leben ca. 15000 – im gesamten Bundesgebiet ca. 230000 – langjährig geduldete Flüchtlinge in einer rechtlichen Grauzone als behördlich "geduldete", aber ohne Aufenthaltsrecht. Vielfach leben diese Menschen seit mehr als 7 Jahren in Niedersachsen. In vielen Fällen handelt es sich um Kriegsflüchtlinge, die kein Asyl erhielten, aber dennoch nicht abgeschoben werden konnten oder durften. Die Situation dieser Menschen ist als rechtlos zu bezeichnen, sie leben teilweise unter erniedrigenden Bedingungen. Soziale Rechte bleiben ihnen weitgehend vorenthalten. Viele dieser Menschen, insbesondere die hier aufgewachsenen Kinder und Jugendlichen betrachten Deutschland und Niedersachsen als ihr Zuhause. Selbst nach teilweise 10jährigem Aufenthalt sind sie immer noch von Abschiebung bedroht. Häufig erhalten diese Menschen lediglich kurzfristig verlängerte Duldungen, sie dürfen nicht arbeiten, keine Ausbildung absolvieren oder studieren; ein solches Leben ist für die Betroffenen äußerst belastend. Es häufig zu Krankheiten und ist aus gesellschaftspolitischer Sicht unverantwortlich.
Die Zuwanderungskommission unter der Leitung von Rita Süßmuth hatte deshalb schon im Sommer 2001 aufenthaltsrechtliche Erleichterungen vorgeschlagen und im Kommissionsbericht: festgehalten "Es liegt im originären Interesse jedes Aufnahmelandes, dass Ausländer, deren Aufenthalt aus humanitären Gründen auf längere Zeit nicht beendet werden kann und die deshalb voraussichtlich auf Dauer im Lande bleiben werden, so früh wie möglich integriert werden." Nach dem Scheitern des Zuwanderungsgesetz besteht die Chance, die Neufassung mit einer Bleiberechtsregelung für Geduldete zu versehen. Unabhängig vom Zuwanderungsgesetz kann eine Bleiberechtsregelung durch die Innenminister der Bundesländer beschlossen werden

Bereits im Frühjahr 2002 hat das niedersächsische Innenministerium alle Ausländerbehörden per Erlass angewiesen, die Erteilung von Aufenthaltsbefugnissen statt Duldungen zu prüfen. Dieser Erlass ist angesichts der sog. Kettenduldungen die teilweise seit Jahren erteilt werden, nicht ausreichend. Bedingung für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ist regelmäßig der Nachweis einer Arbeit. Die Arbeitserlaubnis wird jedoch häufig für Flüchtlinge mit Duldung verweigert. Die Kinder haben trotz qualifiziertem Schulabschluss mit Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung kaum eine Chance, eine Lehrstelle zu erhalten. Auch ein Studium können sie i.d.R. nicht aufnehmen, da die Aufenthaltsgestattung bzw. die Duldung mit der Auflage versehen ist, dass die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums nicht gestattet ist.
Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auch für langjährig geduldete ohne Arbeit – ggf. mit auflösender Bedingung (Nachweis einer Arbeitstätigkeit innerhalb eines Jahres) - würde die Integrationsmöglichkeit von Flüchtlingen erheblich verbessern.
Eine Bleiberechtsregelung für die betroffenen Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt wäre Teil einer ernstgemeinten Integrationspolitik. Die Potenziale dieser Menschen, sollten endlich genutzt werden – im Interesse der Gesellschaft und der betroffenen Menschen. Die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft, in der sie seit Jahren leben, sollte ihnen endlich ermöglicht werden.

stellv. Fraktionsvorsitzender


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