Antrag: Betriebsratswahlen fördern und Betriebsräte schützen!

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Deutschlandweit finden vom 1. März bis zum 31. Mai 2018 Betriebsratswahlen statt. Die Beschäftigten wählen in zehntausenden Betrieben ihre Vertreter*innen in den Betriebsrat. Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer*innen gegenüber dem/der Arbeitgeber*in und sorgt so für Mitbestimmung und Demokratie im Betrieb. Die Wahlen werden alle vier Jahre durchgeführt.

Der Landtag stellt fest, dass

  1. die Arbeitnehmer*innen durch ihre Teilhabe und Mitbestimmung ihren Beitrag zur erfolgreichen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland geleistet haben;
  2. das Betriebsverfassungsgesetz und die Personalvertretungsgesetze eine betriebliche Mitbestimmung ermöglichen, die auch in Niedersachsen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen erfolgreich zusammenarbeiten lässt;
  3. die betriebliche Mitbestimmung wesentlich dazu beigetragen hat, dass seit rund 70 Jahren ein soziales friedliches Zusammenleben in Deutschland möglich ist;
  4. sich die Mitbestimmung in Krisenzeiten wie der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht als Nachteil, sondern als Vorteil für die Stabilisierung und die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen erwiesen hat;
  5. betriebliche Mitbestimmung ein Wettbewerbsvorteil ist;
  6. schlechte Arbeitsbedingungen, prekäre Beschäftigung, schlechte Bezahlung, Verstöße gegen Arbeitnehmerechten sich gerade dort entwickeln, wo Betriebsräte als Interessenvertretungen fehlen;
  7. deutsche Unternehmen, die international tätig sind, immer mehr internationale Betriebsräte als Mitbestimmungspartner anerkennen und beteiligen;
  8. die Digitalisierung und ihre Folgen auf die Arbeitswelt zentrale Herausforderungen für die weiter starke und breite Interessensvertretung von Beschäftigten sind.

Der Landtag ruft dazu auf,

  1. dass alle wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen in Betrieben mit einem Betriebsrat an den vom 1. März bis 31. Mai 2018 durchzuführenden Betriebsratswahlen teilnehmen und damit ihre Wertschätzung für die Betriebsratsarbeit ausdrücken;
  2. dass alle wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen in Betrieben ohne Betriebsrat die Chance ergreifen, um zum ersten Mal einen Betriebsrat einzurichten, sofern der Betrieb die gesetzliche Mindestgröße von fünf dauerhaft Beschäftigten erreicht;
  3. die Wahl demokratischer Kräfte zu unterstützen
  4. die Wahl nationalistischer, rechtsextremer und rechtspopulistischer Kräfte in den Betrieben zu Betriebsräten zu verhindern;
  5. vor allem Frauen aktiv zu unterstützen sich als Kandidatinnen zur Wahl aufstellen zu lassen,
  6. bei den Wahlen darauf zu achten, dass mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder Frauen sind
  7. dass Mitbestimmung nicht an der Landesgrenze endet und daher auch bei internationalen Unternehmen mit Standort im Ausland Betriebsratswahlen durchgeführt werden;

Der Landtag distanziert sich

  1. von Versuchen nationalistischer, rechtsextremer und rechtspopulistischer Kräfte, sich als Betriebsräte wählen zu lassen,und diese mit ihrem rechten Gedankengut zu unterwandern und Zwietracht in den Betrieben zu säen;
  2. von jedem Unternehmen, das die Gründung eines Betriebsrats versucht zu verhindern
    oder die Arbeit eines bestehenden Betriebsrates behindert;
  3. von Vorgesetzten und Managern, die versuchen Betriebsräte zu diffamieren, die sich für sichere und faire Arbeit in den Betrieben einsetzen;
  4. von jedweder Verunglimpfung der Mitbestimmung der Betriebsräte, weil damit ein fehlendes Demokratieverständnis gezeigt wird, und es nicht unterstützt werden darf, dass Betriebe demokratiefreie Zonen werden bzw. bleiben.

Begründung

Bis Ende Mai werden Betriebsräte in Deutschland gewählt. Die betriebliche Mitbestimmung ist gelebte Partizipation und Demokratie. Es ist wichtig, dass sich die Beschäftigten in den Betrieben einmischen, mitreden und ihre Arbeitswelt aktiv mitgestalten. Wenn ihre Anliegen gehört werden und wenn sie sich gut vom Betriebsrat vertreten fühlen, dann entsteht ein Gefühl von Wertschätzung. Und das wiederum stärkt den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Deshalb ist es wichtig, die Mitbestimmung in den Betrieben zu stärken. Deswegen ist nicht hinnehmbar, dass es weiße Flecken bei der Mitbestimmung gibt. Wenn Betriebsratsarbeit sabotiert wird, die Wahl von Betriebsräten behindert wird, dann muss etwas dagegen getan werden. Wenn aktive Beschäftigte eingeschüchtert, benachteiligt, gemobbt oder sogar abgemahnt oder gekündigt werden, dann muss etwas unternommen werden. Denn das schwächt eine demokratische Gesellschaft.

Bis Ende Mai wird über ungefähr 180.000 Sitze in rund 28.000 Betrieben abgestimmt werden. Im Vergleich zu den Wahlen in 2014 äußern Beschäftigte und Arbeitgeber*innen zunehmend die Sorge, dass verstärkt Rechtspopulisten sich als Kandidaten aufstellen und wählen lassen wollen.  Mit dem Einzug der AFD in mehrere Parlamente seit den letzten Betriebsratswahlen nimmt auch ihr Einfluss auf Betriebsräte zu. Gerade Arbeitnehmer*innen haben bei den letzten Wahlen überdurchschnittlich häufig die AFD gewählt. Bei den Landtagswahlen 2016 im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg haben 30 Prozent und in Sachsen-Anhalt 35 Prozent der rechtspopulistischen Partei ihre Stimme gegeben. Die Sorge von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen, das rechtspopulistische Betriebsräte zunehmend Einfluss in den Betrieben bekommen, muss ernst genommen werden.

Betriebsratswahlen brauchen mehr Unterstützung und Betriebsräte brauchen mehr Schutz. Die bestehenden Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes müssen eingehalten werden. Der darin verankerte Schutz muss zum einen besonders gelten für aktive Beschäftigte, wenn sie sich auf den Weg machen, einen Betriebsrat zu gründen, der Betrieb dieses aber verhindern will. Für diese Beschäftigten wäre es unterstützend, wenn sie ihr Vorhaben einer neutralen Stelle ankündigen können. So wird es möglich sie unter besonderen Schutz gemäß § 78 Betriebsverfassungsgesetz zu stellen. Gleichzeitig werden Beschäftigte ermutigt und motiviert, aktiv zu werden.

Zum anderen muss dieser besondere Schutz bei Branchen und Betrieben greifen, die einen hohen Befristungsanteil aufweisen. Häufig sind Betriebsräte die befristet beschäftigt sind die ersten, die nach ihrer Zeit als Betriebsrat aufgrund von Unstimmigkeiten gehen müssen. Doch gerade Betriebsratsarbeit ist auf eine gewisse Kontinuität angewiesen. Der Abbau rechtsfreier Räume im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes ist notwendiger denn je.

Die Herausforderungen der Zukunft wie die Digitalisierung werden die Unternehmen nur mit engagierten Belegschaften bewältigen. Eine faire und gelebte Mitbestimmung schafft dafür die Voraussetzungen. Mitbestimmung heißt, dass die Beschäftigten und Arbeitgeber*innen sich auf Augenhöhe begegnen und so gegenseitiges Vertrauen zu erlangen. Das birgt die Chance und die Möglichkeit, gemeinsam erfolgreich zu sein. Der Gesetzgeber hat mit dem Betriebsverfassungsgesetz klar vorgegeben, dass in Betrieben Betriebsräte zu wählen sind. Da dies leider nicht überall anerkannt, gelebt und geschätzt wird - deshalb brauchen die Beschäftigten politische Unterstützung und Rückendeckung.

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