Antrag: Betreuungsgeld verhindern - Finanzmittel für Krippenausbau verwenden- Krippengipfel einberufen

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Das Land Niedersachsen ist noch weit von dem Ziel entfernt, den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz zum 01.08.2013 erfüllen zu können. Derzeit wird davon ausgegangen, dass 39 % der Eltern von unter-3-jährigen Kindern einen Betreuungsplatz wünschen. Demgegenüber stand zum letzten Stichtag am 01.03.2011 in Niedersachsen nur für 19,1% der unter-3-jährigen Kinder ein Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte oder bei einer Tagespflegeperson zur Verfügung. Damit waren zum letzten Erhebungsstichtag nicht einmal die Hälfte der für die Erfüllung des Rechtsanspruchs erforderlichen Betreuungsplätze für unter-3-jährige Kinder vorhanden.

In dieser Situation wäre es eine gravierende Ressourcenfehlsteuerung, wenn enorme Mittel für die Finanzierung eines Betreuungsgeldes eingesetzt würden, obwohl dieses Betreuungsgeld aus bildungspolitischen, frauenpolitischen und arbeitsmarktpolitischen Gründen von der Mehrheit der Bevölkerung, vom Kinderschutzbund und vom Kinderhilfswerk, von Wohlfahrtsverbänden, Familienverbänden, von den Gewerkschaften und von den Wirtschafts- und den Arbeitgeberverbänden abgelehnt wird, statt diese Mittel für einen beschleunigten Bau der noch fehlenden Krippenplätze zu verwenden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

Das Land Niedersachsen setzt sich im Bundesrat dafür ein, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel für den qualitativen und quantitativen Ausbau von Krippenplätzen verwendet werden.

Das Land Niedersachsen setzt sich für die unverzügliche Einberufung eines Krippengipfels von Bund, Ländern und Kommunen ein, bei dem verabredet werden soll,

  • wie mit gemeinsamen Anstrengungen die noch fehlenden Krippenplätze geschaffen und

  • wie in erforderlicher Anzahl zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet werden sollen.

Begründung

Vor allem auf Druck der bayerischen CSU plant die Bundesregierung die Einführung eines Betreuungsgeldes für Eltern unter-3-jähriger Kinder, die darauf verzichten wollen, ihr Kind in einer öffentlichen Betreuungseinrichtung betreuen zu lassen. Für dieses Betreuungsgeld will die Bundesregierung jährlich Kosten von mehr als einer Milliarde Euro aufwenden. Nach Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim sind sogar noch weitaus höhere Kosten zu erwarten.

Zugleich fehlen nach dem jüngsten Zwischenbericht der Bundesregierung zur Evaluation des Kinderförderungsgesetzes in Deutschland noch mindestens 230.000 Betreuungsplätze für unter-3-jährige Kinder. Nach Auffassung der Bundesregierung müssen noch große Anstrengungen unternommen werden, um das Ausbauziel zur Verwirklichung eines Rechtsanspruches zu erreichen. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat am 30. Mai 2012 erklärt, "dass 14 Monate vor dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs immer noch erhebliche Finanzmittel fehlen, um den Bedarf an Plätzen vollständig zu decken."

Besonders groß ist der Mangel in Niedersachsen, das beim letzten Erhebungsstichtag die zweitgeringste Betreuungsquote für unter-3-Jährige auswies.

In dieser Situation kommt es darauf an, alle Mittel auf die Schaffung der noch fehlenden Betreuungsplätze zu konzentrieren. Es ist nicht zu vertreten, dass lediglich aus partei- und koalitionspolitischer Loyalität bundesweit erhebliche Mittel fehlgesteuert werden, nur weil die Regierungspartei eines einzelnen Bundeslandes dieses wünscht. So hat nach einem Bericht der Neuen Presse vom 1. Juni 2012 Umweltminister Birkner erklärt: "Ich halte persönlich nichts vom Betreuungsgeld." Die Landesregierung muss sich deshalb im Bundesrat dafür einsetzen, dass die von der Bundesregierung bereit gestellten Finanzmittel vollständig für den Ausbau des Krippenplatzangebotes verwendet werden können.

Die Schaffung der erforderlichen Betreuungsplätze und die Ausbildung der fehlenden Erzieherinnen und Erzieher sind nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen möglich. Die Landesregierung muss sich deshalb für die unverzügliche Einberufung eines Krippengipfels von Bund, Ländern und Kommunen einsetzen, bei dem die notwendigen Maßnahmen verabredet werden sollen.

Stefan Wenzel

Fraktionsvorsitzender

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