Die Sicherheit vieltausender nachfolgender Generationen ist kein verwaltungstechnischer Vorgang !:Antrag: Beteiligung des Niedersächsischen Landtages bei Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwickelnden hochradioaktiven Atommülls erforderlich!

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

  • Die radioaktive Strahlung des Atommülls aus dem Betrieb von Atomkraftwerken  wird die Lebensdauer aller von Menschen errichteten Bauwerke um ein Vielfaches überdauern. Keine menschliche Generation vor uns war genötigt eine technische Einrichtung zu errichten, die für 35.000 Generationen Sicherheit gewährleisten muss.
  • Trotz allen heute verfügbaren technischen Wissens und trotz hochentwickelter Ingenieurleistungen kann heute niemand garantieren, dass eine technische Einrichtung eine Million Jahre überdauert. Jede Entscheidung zur Lagerung von Atommüll muss daher sicherstellen, dass künftige Generationen Fehler korrigieren können, die wir heute trotz des Standes von Wissenschaft und Technik nicht ausschließen können. Daher ist Rückholbarkeit als Grundprinzip der Risikovorsorge in den Sicherheitsanforderungen zu verankern. Die Festlegung der Sicherheitsanforderungen durch Verwaltungsbeamte des Landes ist genauso wenig akzeptabel, wie die nachträgliche Anpassung der Sicherheitsanforderungen an bereits ausgewählte Standorte. Die Festlegung der Sicherheitsanforderungen mit Bedeutung für sehr viele künftige Generationen bedarf daher einer Legitimation durch das Parlament.

Der Landtag möge beschließen:

  • Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die Entwürfe der Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwicklender radioaktiver Abfälle, die derzeit im Bund-Länder-Ausschuss Atomkernenergie beraten werden, dem Landtag zur Beschlussfassung vorzulegen und damit die in der Endlagerfrage versprochene Transparenz herzustellen.
  • Der Landtag hält eine Senkung der Sicherheitsanforderungen für die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll, wie sie in dem Entwurf von März 2010 zum Ausdruck kommt, für völlig unverantwortlich.
  • Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich für eine Verankerung der dauerhaften Kontrolle und Rückholbarkeit einzusetzen, um den desaströsen Erfahrungen mit dem "Versuchs- und Forschungsendlager" Asse II gerecht zu werden. Die behälterlose Bohrlochendlagerung ist abzulehnen, da sie jegliche Rückholbarkeit verhindert.

Begründung

Die Neufassung der Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung wärmeentwicklender radioaktiver Abfälle wurde von Bundesumweltminister Gabriel vorbereitet. Zur Neufassung der Sicherheitsanforderungen von 1983 hat es diverse Konsultationen im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen gegeben. Besonders kritisiert wurde dabei auch der Wegfall des so genannten Mehrbarrierenprinzips. Das Ergebnis sollte im Juli 2009 im Bundesanzeiger veröffentlicht werden, um Rechtskraft zu erlangen. In dem Entwurf von Juli 2009 war unter anderem vorgesehen, eine Rückholbarkeit von Atommüll für mindestens 500 Jahre zu gewährleisten.

Eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger scheiterte bislang am Widerspruch der Länder. Die Mehrheit der CDU/FDP-geführten Bundesländer hat ein Inkrafttreten der Sicherheitsanforderungen verhindert und eine Zustimmungspflicht der Länder eingeklagt. In der Zwischenzeit ist der Entwurf der Sicherheitsanforderungen in einigen Schlüsselbereichen verändert worden. Dabei hat man offenbar die Sicherheitsanforderungen gesenkt: Die Rückholbarkeit wurde gestrichen. Laugenzuflüsse werden plötzlich als Regelfall angenommen. Der quantitative Risikoansatz wurde gestrichen. Hinzu kommt, dass auch in Gorleben selbst derzeit an der Senkung des ehedem propagierten Sicherheitsniveaus gearbeitet wird mit der Vorbereitung einer behälterlosen Bohrlochlagerung von hochradioaktiven Glaskokillen.

Das ist eine Entwicklung, die vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit der Asse völlig unverantwortlich ist. Offen ist auch, wie mit dem Abbruch von Forschungsvorhaben verfahren wurde, die noch bis Anfang der neunziger Jahre von den Genehmigungsbehörden und der Reaktorsicherheitskommission für unverzichtbar erklärt wurden.

Die Asse sollte Sicherheit "für alle Zeiten" gewährleisten, wie Wissenschaftler renommierter Großforschungseinrichtungen des Bundes erklärten. Ein Wassereinbruch wurde von einst renommierten Wissenschaftlern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Dann kam alles anders: Schon  10 Jahre nach Beendigung der Einlagerung erfolgte der GAU in Form eines Laugenzutritts aus dem Deckgebirge.

In der Asse fanden Gorleben-relevante und Anlagen-bezogene Forschungsvorhaben für Gorleben statt. Die Asse war der forschungspolitische Prototyp für Gorleben. Deshalb muss man aus den Erfahrungen der Asse lernen.

Vor diesem Hintergrund ist eine Absenkung der Sicherheitsstandards unverzeihlich. Um entsprechenden Entwicklungen Einhalt zu gebieten, muss der Landtag die Entscheidung über die Sicherheitsanforderungen an sich ziehen. Die offenbar für den 10. Juni 2010 geplante abschließende Zustimmung des Landes im Bund-Länder Ausschuss für Atomkernenergie muss unterbleiben. Die Gewähr für die Sicherheit vieler tausender nachfolgender Generationen ist kein verwaltungstechnischer Vorgang. Die Entscheidung muss vielmehr dem Parlament vorbehalten bleiben.

Fraktionsvorsitzender

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