Antrag: Bergrecht reformieren - Umweltverträglichkeitsprüfung bei allen Maßnahmen „unter Tage“ – kein Fracking in Wasserschutzgebieten – keine Subventionen für Energiekonzerne

 

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Niedersächsische Landtag stellt fest,

dass das Bundesberggesetz grundsätzlich reformiert werden muss. Das Bergrecht räumt immer noch der Ausbeutung des Untergrundes und der Nutzung von Bodenschätzen Vorrang ein vor dem Schutz der Umwelt und den Interessen der von solchen Maßnahmen betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Bergrechtliche Genehmigungen erfolgen im Regelfall ohne eine heute erforderliche umfangreiche Beteiligung der Öffentlichkeit. Auf der Grundlage von Bergrecht werden in Niedersachsen zahlreiche Kavernen im Salzgestein ausgespült, um sie vorwiegend als Speicher für Erdgas zu nutzen, ohne dass bisher die Umweltverträglichkeit überprüft worden wäre, obwohl in den betroffenen Regionen großflächig gravierende Bodenabsenkungen zu erwarten sind. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger werden in den Genehmigungsverfahren zum Aufsuchen und Gewinnen von Erdgas nicht beteiligt, obwohl beim Einsatz von gefährlichen Techniken zur Erdgasgewinnung wie dem Fracking schwerwiegende Schädigungen des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden können. Die Bundesregierung plant zudem als weitere Nutzung des Untergrunds die unterirdische Deponierung von CO2, die mit bisher noch nicht absehbaren Auswirkungen verbunden ist, die bis in die ferne Zukunft hineinwirkenden können.

Der Landtag fordert deshalb,

Bergrecht muss künftig Teil des Umweltrechts werden und darf keine Sonderstellung mehr haben. Ein Eingriff in die Natur liegt auch vor, wenn endliche natürliche Ressourcen in großen Tiefen aufgesucht und/oder gewonnen oder unterirdische Hohlräume als Lagerstätten genutzt werden.

Der Niedersächsische Landtag fordert die Landesregierung auf:

I. Die Landesregierung soll über Bundesratsinitiativen erreichen, dass

  •  als erster Schritt die UVP-V Bergbau dahingehend geändert wird, dass alle Bohrungen sowohl für das Aufsuchen als auch für das Gewinnen von Kohlenwasserstoffen und der Einsatz von bestimmten Technologie wie der Fracking-Technologie einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, ebenso die Herstellung von Kavernen und Nutzung unterirdischer Hohlräume als Speicher.

II. Die Landesregierung soll sicherstellen, dass

  •  bei Bohrungen zum Aufsuchen oder zum Fördern von Kohlenwasserstoffen, aber auch die Erstellung von Kavernen oder die Nutzung der Kavernen oder anderer unterirdischer Hohlräume zur Speicherung von Kohlenwasserstoffen, von Druckluft oder anderen gasförmigen Stoffen (H2; CO2) zwingend immer ein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt wird;
  • der Einsatz von Fracking-Technologien in Trinkwassergewinnungsgebieten, Wasserschutzgebieten und Vorsorgegebieten für die Trinkwassergewinnung, sowie in Überschwemmungsgebieten grundsätzlich nicht genehmigt wird.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung ferner auf,

  • die Subventionierung der Energiekonzerne durch Senkung der Förderabgabe bei erfolglosen Erkundungsbohrungen um bis zu zwei Millionen Euro je erfolgloser Bohrung und die Befreiung von der Förderabgabe bei der Förderung von schmutzigem Erdgas aus Schiefergestein unverzüglich zu beenden. Die seit dem 01.01.2011 geltenden entsprechenden Regelungen der "Niedersächsischen Verordnung über die Feldes- und Förderabgabe" sind umgehend zurückzunehmen.

Begründung

Nicht nur beim Aufsuchen und Fördern von so genanntem unkonventionellem Erdgas, wo die Fracking-Technologie eingesetzt wird, ist der Schutz der Umwelt und die Beteiligung der Öffentlichkeit in Genehmigungsverfahren erheblich zu verbessern. Das Bergrecht stammt aus einer Zeit, wo die wirtschaftliche Nutzung von Bodenschätzen vorrangig war, gegenüber den Interessen der Allgemeinheit und der Bürgerinnen und Bürger in von Schäden durch den Bergbau – beschönigend als Bergschäden bezeichnet – betroffenen Regionen. Das Bundesberggesetz von 1982 führt diese Tradition fort. Die heute erforderliche Beteiligung der Öffentlichkeit, der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ist bis heute nicht ausreichend im Bergrecht verankert worden. Die Verträglichkeit von bergbaulichen Maßnahmen mit dem Naturraum oder ihre soziale Verträglichkeit stehen weiter hinter den Nutzungsinteressen zurück.

Auf der Grundlage von Bergrecht wurden in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur Atomanlagen genehmigt und betrieben, sondern werden heute Techniken eingesetzt, deren Einsatz in anderen Länder der Welt zu großen Umweltschäden geführt haben oder die in anderen Staaten verboten sind. Da die konventionellen Lagerstätten für Kohlenwasserstoffe in Norddeutschland nahezu erschöpft sind und heute  zum Aufsuchen und Fördern von Erdöl und Erdgas so genannte unkonventionelle Technologien wie die Fracking-Technologie eingesetzt werden, die mit erheblichen Umweltrisiken (schmutziges Erdgas) verbunden sind, kann es keine Bagatellgrenzen geben, wo auf die Prüfung der Umweltverträglichkeit verzichtet werden könnte.

Die Landesregierung hat es kürzlich abgelehnt eine Bundesratsinitiative des Landes Nordrhein-Westfalen zu unterstützen, die eine Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit beim Einsatz der Fracking-Technologie zur Förderung von unkonventionellem Erdgas zum Ziel hat. Vor dem Hintergrund der in Niedersachsen vorgefundenen Problemlage überrascht die Haltung der Landesregierung in dieser Frage. Erforderlich wäre dagegen ein deutliches Eintreten des Landes für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, wie in dieser Entschließung gefordert.

Beim Einsatz der Fracking-Technologie ist mit einer potenziellen Beeinträchtigung des Grundwassers zu rechnen, deshalb ist es erforderlich für diese Eingriffe immer auch ein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen. In Gebieten mit sensibler Grundwassersituation oder in Trinkwassergewinnungsgebieten muss deshalb auf den Einsatz von potenziell wassergefährdenden Technologien wie Fracking verzichtet werden.

Mit der Subventionierung der Energiekonzerne durch den Verzicht auf die Förderabgabe, wenn Erkundungsbohrungen erfolglos bleiben oder wenn Schiefergas gefördert wird, betreibt die Landesregierung eine Politik, die weder Arbeitsplätze sichert oder schafft, noch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes voranbringt. Sie ist deshalb umgehend zurückzunehmen.

Stefan Wenzel

Fraktionsvorsitzender

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