Antrag: Ausbildungsoffensive Lokführer*innen in Niedersachsen - Geflüchtete zu Lokführer*innen und Fachkräften qualifizieren

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

In Niedersachsen sind 42,4 % der ungeplanten Zugausfälle auf fehlende Triebwagenführer*innen zurückzuführen, wie aus einer Antwort der Landesregierung auf die Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 18/4298) hervorgeht. Ungeplante Zugausfälle sind für einen verlässlichen Personennahverkehr auf der Schiene kontraproduktiv und somit kein Beitrag, um mehr Menschen vom Auto auf die Schiene zu bringen. Auf dem Arbeitsmarkt sind derzeit kaum noch Triebfahrzeugführer*innen verfügbar. Ziel muss es sein, dem Fachkräftemangel mit neuen Konzepten zu begegnen und zu beseitigen.

Der Landtag fordert deshalb die Landesregierung auf:

  1. Den Landtag über die bisherigen Ergebnisse der durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung bereits eingesetzten Arbeitsgruppe mit Vertreter*innen der Verkehrsverbände sowie der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit zu unterrichten, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Fachkräftesituation in der Verkehrs- und Logistikbranche prüft und auch die Frage von Qualifizierungsmaßnahmen behandelt.
  2. Zusammen mit der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit eine Ausbildungsoffensive auf den Weg zu bringen, um Geflüchtete, die in einem geklärten Aufenthaltsstatus im Land leben und über hinreichend gute Deutschkenntnisse verfügen, zu Triebwagenführer*innen zu qualifizieren. Die Eisenbahnunternehmen sollen dabei von den Kosten entlastet werden, die speziell bei der Qualifizierung von Geflüchteten entstehen. Insbesondere sollen analog zum Modellprojekt in Baden-Württemberg sogenannte Integrations-Coaches finanziert werden, welche die künftigen Triebwagenführer*innen unterstützen. Weiterhin sind in Zusammenarbeit mit den Eisenbahnunternehmen berufsspezifische Sprachkurse als Ergänzung zu der allgemeinen Sprachförderung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge anzubieten.
  3. Die vom Ministerium eingesetzte Arbeitsgruppe wird mit Vertreter*innen der Gewerkschaften und Vertreter*innen der Eisenbahnunternehmen in Niedersachsen ergänzt, um die Ausbildungsoffensive auf die Bedürfnisse der Eisenbahnunternehmen abzustimmen.
  4. Die Finanzierung soll aus den Zuschusskürzungen wegen nicht erbrachter Leistungen der Eisenbahnunternehmen erfolgen; bei Bedarf zusätzlich sollen weitere Landesmittel zur Verfügung gestellt werden.
  5. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob auch eine Ausbildungsoffensive für Geflüchtete für den Bereich Busfahrer*innen entsprechend auf den Weg gebracht werden kann. Über die Möglichkeiten soll der Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit und Digitales entsprechend unterrichtet werden.

Begründung

Der Schienenpersonennahverkehr in Niedersachsen muss auch vor dem Hintergrund einer notwendigen Mobilitätswende ein Höchstmaß an Qualität und Verlässlichkeit für die Fahrgäste erfüllen. Um die 42,4 % der ungeplanten Zugausfälle, die aufgrund fehlender Triebfahrzeugführer*innen entstanden sind, zu minimieren bzw. zu beseitigen, kann die Qualifizierung geeigneter Triebwagenführer*innen ein weiterer und wichtiger Baustein zur Beseitigung des Fachkräftemangels sein. Davon losgelöst, ist die Beschäftigung von Geflüchteten im Bahnverkehr ein wichtiger Beitrag zur Integration.

Der grüne Verkehrsminister Baden-Württembergs hatte im Frühjahr 2019 eine Initiative gestartet, an der sich die Eisenbahnunternehmen beteiligten und die auch von der Bundesagentur für Arbeit gefördert wird. Laut Medienberichten sollen mehr als 200 Bewerbungen bislang eingegangen sein (Pforzheimer Zeitung vom 6. August 2019). Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung seien der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse, das Bestehen psychologischer Tests, technische Kenntnisse und ein anerkannter Schulabschluss. Bereits im Oktober sollen die ersten Bewerber*innen mit ihrer Ausbildung beginnen können. Alle Partner*innen des Modellprojekts sind zufrieden mit dem Verlauf der Ausbildungsoffensive und ziehen gemeinsam „an einem Strang“. Eisenbahnunternehmen freuen sich über den „regen Zuspruch von geflüchteten Menschen, die sich für die Qualifizierung zum Lokführer interessieren“ und die nach ersten Einschätzungen für die anspruchsvolle Ausbildung qualifiziert seien. Außerdem würde Diversität in den Unternehmen als ein wichtiges Organisationsprinzip geschätzt werden, weil „nur aus Vielfalt […] Fortschritt“ entstehe.

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