Antrag: Ausbau des Kavernenfeldes Etzel stoppen bis die Umweltverträglichkeit nachgewiesen ist - Bergrecht reformieren: Öffentlichkeitsbeteiligung und UVP bei allen Genehmigungsverfahren

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest,

das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hat im September 2010 dem Betreiber des Kavernenfeldes Etzel der IVG Caverns GmbH auferlegt, für den Bereich des 2007 verlängerten Rahmenbetriebsplans, der insgesamt 144 Kavernenstandorte umfasst, einen Betriebsplan mit Umweltverträglichkeitsstudie vorzulegen. Für die Zulassung dieses Rahmenbetriebsplans soll ein Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. In dieser Situation erwartet der Landtag, dass bis zur Genehmigung und Prüfung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens keine weiteren Aussolungen von Kavernen erfolgen.

Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf,

alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Aussolung weiterer Kavernen im Kavernenfeld Etzel in der Gemeinde Friedeburg zu verhindern.

Auch bereits erteilte bergrechtliche und immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für die Herstellung von Kavernenspeichern und damit im Zusammenhang stehenden weiteren genehmigungsbedürftigen Anlagen sollen so lange nicht vollzogen werden so lange kein neuer Rahmenbetriebsplan vorliegt und nicht durch entsprechende Gutachten nachgewiesen ist, dass

  • durch eine durch den Bau und Betrieb von bis zu 144 bzw. 234 Kavernen zu erwartende Bodenabsenkung keine Gefährdung für die Bevölkerung der umliegenden Orte ausgeht. Es ist auch nachzuweisen, dass Anlagen und Infrastruktureinrichtungen zum Betrieb des Kavernenfeldes durch zu erwartende Bodenabsenkungen nicht so stark beeinträchtigt werden können, dass Havarien mit schwerwiegenden Folgen auftreten könnten;
  • schwerwiegende Auswirkungen von Aussolung und Betrieb nicht nur von den bisher erstellten und geplanten 70 Kavernen, sondern von allen geplanten 144 bzw. 234 Kavernen nicht nur in Hinsicht auf zu erwartende Bodenabsenkungen sondern auf alle Umweltgüter (Umweltverträglichkeitsprüfung) über ihre gesamte voraussichtliche Nutzungsdauer nicht zu erwarten sind bzw. soweit sie entstehen, ausgeglichen werden können; dabei ist auch ein Szenario zu betrachten, in dem die von der Betreiberin beabsichtigte maximal zu errichtende Anzahl von 234 Kavernen im Feld Etzel berücksichtigt wird;

Ferner ist sicherzustellen, dass die Betreiberin bis über das Ende der Betriebszeit der Kavernen im Feld Etzel hinaus mögliche Schäden am Eigentum der Anwohner und anderer Dritter finanziell ausgleichen kann und darüber hinaus auch der Wertverlust insbesondere am Wohneigentum der Anwohner durch den Betrieb der Kavernenspeicheranlage entschädigt wird:

Der Landtag fordert die Landesregierung weiterhin auf,

sich beim Bund für eine grundlegende Reform des Bergrechts einzusetzen, die sicherstellen soll, dass künftig eine umfassende Beteiligung der Betroffenen und der Öffentlichkeit in allen Genehmigungsverfahren nach Bergrecht erfolgt und dabei immer die möglichen Auswirkungen von Bergbauvorhaben auf Umwelt, Klima und langfristige Folgen des Vorhabens für die Geologie berücksichtigt werden.

Begründung

In der Gemeinde Friedeburg im Landkreis Wittmund plant die IVG Caverns GmbH, in den nächsten Jahren bis zu 234 Salzkavernen auszusolen und vornehmlich als Gasspeicher zu nutzen. Damit wird im Landkreis Wittmund die größte Erdgasdrehscheibe Europas und die weltweit größte Kavernenlagerstätte für Erdgas entstehen.

Im Jahr 2009 wurde bekannt, dass IVG Caverns beim Landesbergamt (LBEG) einen Antrag gestellt hat, zu den bereits mit Rahmenbetriebsplan genehmigten 144 Kavernen noch weitere 90 Kavernen aussolen und als Speicher nutzen zu können. Die Firma musste diesen Antrag auf Grund des großen öffentlichen Drucks der Bürgerinnen und Bürger in der Region Ende 2010 zurückziehen.

Genehmigt wird dieses umfangreiche Vorhaben allein vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) nach Bergrecht, weitgehend ohne Beteiligungsrechte der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner. Auch die weiteren Infrastrukturanlagen und technischen Einrichtungen, wie etwa Verdichterstationen, die nach Immissionsschutzrecht oder anderen Rechtsvorschriften genehmigungspflichtig sind, werden vom LBEG bearbeitet und genehmigt. Die umfassende Zuständigkeit des LBEG für Genehmigungsverfahren verschiedenster Rechtsgebiete bis hin zum Atomrecht war dabei in der Vergangenheit nicht unumstritten und fehlerfrei.

Die Anwohnerinnen und Anwohner im Raum Friedeburg bemängeln – aus unserer Sicht zu Recht – die fehlende Transparenz in den Verfahren, fehlende Beteiligungsrechte und eine fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätte, so die Rechtsauffassung des Bundesumweltministeriums im Jahr 2009 zu dieser Frage im Fall eines Kavernenbaus in der Region Hannover, dem Vorhabenträger auferlegt werden können. Inzwischen wurde die UVPBergVO im September 2010 geändert und das LBEG hat festgestellt, dass unter den neu festgelegten Voraussetzungen auch die Erstellung von Kavernen im Speicherfeld Etzel UVP-pflichtig ist und hat der IVG die Vorlage einer Umweltverträglichkeitsstudie für den Bereich des 2007 verlängerten Rahmenbetriebsplans, der 144 Kavernenstandorte umfasst, aufgegeben. Es kann allerdings nicht hingenommen werden, dass die Arbeiten zum Ausbau des Kavernenfeldes Etzel weitergeführt werden, obwohl die Umweltverträglichkeit in dem neu angelaufenen Genehmigungsverfahren noch nicht nachgewiesen wurde. Trotz der Änderung der UVP-BergVO an dieser Stelle besteht an vielen Stellen des Bergrechtes grundlegender Reformbedarf.

Im Rahmen eines öffentlichen Gesprächs am 21.6.2010 zwischen Vertretern der IVG Caverns GmbH Etzel, der Muttergesellschaft IVG AG, Vertretern der Gemeinde und des Landkreises sowie betroffenen Bürgerinnen und Bürgern stellte die IVG AG nach Berichten von Teilnehmern ein Absenkungsprognosegutachten für 70 Kavernen in Aussicht. Mündlich wurde sich seitens der IVG AG bei diesem Termin dahingehend geäußert, dass bei gesolten 70 Kavernen mit einer Absenkung von 1,00 bis 1,50 Metern zu rechnen sei. Die Absenkungen sollten – laut mündlicher Aussage – in einem Radius von ca. 7 km in Erscheinung treten.

Am 20. Januar 2011 hat IVG Caverns dieses Gutachten zur Prognose der Bodenabsenkungen öffentlich vorgestellt. Danach sind in 70 Jahren vom Jahr 1974 bis zum Jahr 2044 durch Errichtung und Betrieb von 70 Kavernen Bodenabsenkungen zu erwarten, die sich auf das nahe Umfeld des Kavernenfeldes beschränken und im Zentrum 1,01 Meter bis 1,47 Meter betragen sollen. Es wurde bei der Untersuchung nicht berücksichtigt, dass die Kavernenspeicher weit über das Jahr 2044 hinaus benutzt werden und dass bereits jetzt die Errichtung von 144 Kavernen über einen Rahmenbetriebsplan genehmigt und damit möglich ist. Bei der Betrachtung von möglichen Bodenabsenkungen muss also von längeren Zeiträumen und einer höheren Anzahl, bis zu 234 Kavernen ausgegangen werden. Eine umfassende Untersuchung auch der möglichen Auswirkungen allein der Bodenabsenkungen auf die Umwelt, andere Schutzgüter und die Beeinträchtigung von Wirtschaftsgütern oder die Einschränkung der regionalen Entwicklung steht dagegen immer noch aus. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in der Region erwarten zudem einen langfristig sicheren finanziellen Ausgleich der Schäden und des Wertverlustes, den sie durch die Ausweitung und den Betrieb des Kavernenfeldes erleiden.

Fraktionsvorsitzender

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