Antrag: Antibiotika-Kontrollen: LAVES stärken statt bewährtes Kontroll-System zerschlagen - Keine Herabstufung der Zuständigkeit vom Land auf die Kommunen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag lehnt die vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium angekündigte Verlagerung der Antibiotikaüberwachung in der Tierhaltung von der Landesebene auf die Landkreise ab.

Stattdessen fordert der Landtag von der Landesregierung die Stärkung des Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) im Bereich der Antibiotika-Kontrollen.

Begründung

Seit 01.04.2014 gilt die 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG), die ein Minimierungskonzept für Antibiotika-Gaben in der Tierhaltung fordert. Mit der Umsetzung sind die Bundesländer betraut. Mit der Übernahme dieser Aufgabe durch das LAVES in Niedersachsen konnte der viel zu hohe Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung mehr als halbiert werden. Gelungen ist dies durch landesweit einheitliche Kontrollen, fachlich fundierte Beratung und die Umsetzung von Maßnahmen wie verringerter Besatzdichte bei Betrieben mit überdurchschnittlichem Verbrauch. Doch immer noch landen 40% der Antibiotika im Tierfutter.

Nach wie vor ist die drastische Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung eine herausragend wichtige Aufgabe. Nach aktuellen Angaben des Robert-Koch-Instituts sterben in Deutschland jährlich bis zu 20.000 Menschen in Zusammenhang mit Infektionen durch multiresistente Keime.

Die Maßnahme des damaligen Landwirtschaftsministers Christian Meyer, die Überwachungsaufgabe auf Landesebene beim LAVES anzusiedeln, hat sich als äußerst wirksam erwiesen. Dies hat Ministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) im Jahr 2018 selbst bestätigt und damals angekündigt, es beizubehalten, „weil es gut funktioniert“.

Von dieser Position will die Ministerin nun abweichen. Im August 2020 bestätigte das niedersächsische Landwirtschaftsministerium (ML) einen Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung wonach die Überwachung des Antibiotikaeinsatzes von der Landesebene auf die Veterinärämter der Landkreise übertragen werden soll. Wie auf Grüne Anfrage (Drs. 18/7731) im Oktober 2020 durch die Landesregierung bestätigt wurde, sei demnach das kommende Jahr (2021) „für die Vorbereitung der Aufgabenübertragung vorgesehen“ und es werde „eine vollständige Umsetzung derzeit zum 01.01.2022 angestrebt“.

Statt einer Entprofessionalisierung der Antibiotikaüberwachung durch eine Zerschlagung des bewährten Kontrollsystems ist eine Stärkung des Bereichs der Tierarzneimittel im LAVES anzustreben. Mit der jetzt geplanten Herabstufung der Zuständigkeit für die Antibiotikakontrolle in der Tierhaltung von der Landesebene auf die kommunale Ebene würden erfolgreiche Strukturen zerschlagen werden.

Während nach den Plänen des ML das LAVES die Zuständigkeit für die Kontrolle der Antibiotikaminimierung abgeben würde, soll die Überwachung von Zirkusbetrieben und Tierversuchseinrichtungen zukünftig vom Land geleistet werden und nicht mehr von den Kommunen. Diesbezüglich spricht das ML von einem „Aufgabentausch, der in Summe auf keiner Seite zu mehr Personalaufwand führen wird“ (Drs. 18/7731). Offen bleibt jedoch, wie die inhaltliche Expertise, die derzeit beim LAVES vorhanden ist, auf alle Landkreise verteilt werden soll. Auch die Gewährleistung der gebündelten Kommunikation mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und ggf. dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), insbesondere für die nach den §§ 58 a und b AMG vorgeschriebenen halbjährlichen Mitteilungen, stände auf der Kippe. Umgekehrt ist fraglich, ob eine zentrale Kontrolle, der nicht ortsfesten Zirkusbetriebe, durch das LAVES sinnvoll erfolgen kann, oder ob die Kommunen hier nicht näher am Geschehen sind.

Mit der Konzentration auf Landesebene konnten ein hoher fachlicher Standard und drastische Reduktionen des Antibiotikaeinsatzes erreicht werden. Die Kommunen sind heute schon mit vielen Kontrollaufgaben in der Tierhaltung und in Schlachthöfen belastet. So wird bei den veterinärrechtlichen Kontrollen der Schlachthöfe durch die Kommunen immer häufiger das Land zu so genannten „Schwerpunktkontrollen“ hinzugezogen. Laut Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen (Drs. 18/1273) kam heraus, dass in Niedersachsen nur durchschnittlich alle 20 Jahre eine Tierschutz-Kontrolle pro Betrieb durch die Landkreise stattfindet. Es gab Kommunen, in denen jeder Betrieb rechnerisch nur einmal in 50 Jahren kontrolliert wurde.

Im Bereich der Antibiotika-Reduzierung in der Tierhaltung braucht man ausgewiesene Fachleute, die sich nur mit dieser Aufgabe befassen und die Tierhalterinnen und Tierhalter auch wirklich fundiert beraten können. Bei den Landkreisen würde jemand, der hauptsächlich eine andere Aufgabe zu erfüllen hat, die Antibiotika-Kontrolle noch mit einem untergeordneten Stundenanteil in der Woche mit-erledigen. Kontinuierliche, fachliche Fortbildung wäre nicht realistisch.

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