Antrag: Alleen schützen - Landschaftsbild erhalten - Verkehrssicherheit verbessern

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Die durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr seit Ende 2009 verbindlich vorgeschriebene Umsetzung der "Richtlinie zum passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeugrückhaltesysteme" (RPS) des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bedroht die niedersächsischen Straßenalleen. Fördermittel nach dem Entflechtungsgesetz werden danach bei Neu-, Um- oder Ausbauten an Landesstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften nur noch gewährt, wenn gewisse Mindestabstände von "Hindernissen am Straßenrand" eingehalten werden oder Schutzeinrichtungen errichtet sind. Bei einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 bis 100 km/h muss dieser Abstand von Bäumen und Gehölzen 7,5 m betragen, bei 60 bis 70 km/h immerhin 4,5 m. Da dieses bei Kreis-, Landes- und Bundesstraßen mit Baumalleen bisher nur selten gegeben ist, würden die landschaftlich prägenden und naturräumlich wichtigen Straßenalleen in Niedersachsen langfristig verschwinden. Die Alternative, die Strecke mit Leitplanken zu sichern, scheitert oft daran, dass zu wenig Fläche zur Verfügung steht. In den Antworten auf kleine Anfragen verweist die Landesregierung dann auch darauf, dass vorhandene Baumreihen an Landstraßen nur so lange Bestandsschutz genießen, wie die Strecke keine Unfallhäufigkeit aufweist und nicht um- oder ausgebaut wird.

Alleen und Baumreihen sind in Niedersachsen jedoch ein wertvoller Bestandteil der Kulturlandschaft mit zahlreichen Vorzügen. So sind sie seit Jahrhunderten ein prägendes Element des Landschaftsbildes, sind Bestandteil des Naturhaushaltes, dienen der Regulierung des örtlichen Kleinklimas und dem Erosionsschutz oder sind Gestaltungselement zur besseren Erkennbarkeit des Straßenverlaufs.

Der Landtag fordert deshalb die Landesregierung auf,

  • sich für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit an Straßen mit Baumbeständen einzusetzen und insbesondere Unfallschwerpunkte mit Schutz- und Leitplanken auszustatten,
  • sich auf Bundesebene für die Änderung der RPS zum Erhalt der Alleebäume einzusetzen,
  • für eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf Alleestraßen und Straßen mit prägenden Baumbeständen zu sorgen, die dem Baumabstand angepasst ist,
  • zu gewährleisten, dass grundsätzlich an Stelle von Baumfällungen bzw. unterlassenen Ersatzpflanzungen vorrangig Schutzeinrichtungen errichtet werden,
  • und durch raumordnerische Vorgaben sicherzustellen, dass die vorhandenen Alleestrukturen in den regionalen Raumordnungsprogrammen als wertvoller Bestandteil der Kulturlandschaft  oder als Naturdenkmal unter Schutz zu stellen sind.

Begründung

Die Vorzüge von Alleen sind vielfältig. Deshalb ruft seit dem Jahr 2008 jährlich am 20. Oktober ein Bündnis aus BUND, der Alleenschutzgemeinschaft, der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Alleenstraße den Tag der Alleen aus.

Alleen und straßenbegleitende Bäume stellen in vielen Fällen einen wertvollen Bestandteil der niedersächsischen Kulturlandschaft dar. Sie filtern Staub und Abgase aus der Luft, und tragen zum Klimaschutz bei. Alleen verbinden in unseren landwirtschaftlich geprägten Regionen Naturräume miteinander. Sie sind oft ein letztes Stück Natur in einer sonst monotonen Landschaft und bieten ein eigenes Mikroklima mit schattiger Kühle auch an sonnigen Tagen und sind Lebensraum für Vögel und Insekten.

Alleen bieten zudem Erosionsschutz, der nicht nur aus landwirtschaftlicher Sicht vielerorts dringend erforderlich ist. Sie wurden vielfach gerade zu diesem Zweck angepflanzt. Zudem erhöhen sie punktuell durch die Verdeutlichung des Straßenverlaufs auch die Sicherheit des Straßenverkehrs. Durch entsprechende Geschwindigkeitsvorgaben oder andere Schutzmaßnahmen ist zusätzlich für eine bestmögliche Sicherheit der VerkehrsteilnehmerInnen auf Alleestraßen  zu sorgen.

Zu den geforderten Maßnahmen im Einzelnen:

Die RPS sollte im Sinne des Schutzes der VerkehrsteilnehmerInnen und von Alleen geändert werden. Die Mindestabstände zwischen Fahrbahn und Bäumen in den Seitenräumen sind herabzusetzen und der Bestandsschutz für Alleen ist auszuweiten. Schutzeinrichtungen sind in der RPS als grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber dem Wegfall einzelner Bäume zu empfehlen.

Die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf Alleestraßen kann an geeigneten Stellen zur Zulässigkeit von geringeren und damit einhaltbaren Mindestabständen führen. Zudem trägt sie zum Klimaschutz und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit insbesondere auch im Verhältnis des Kraftverkehrs zum Radverkehr und zu FußgängerInnen bei.

Anstatt Alleebäume zu fällen bzw. bei Abgängigkeit nicht nachzupflanzen sollten vorrangig Schutzeinrichtungen errichtet werden. Diese teilweise um die einzelnen Bäume herum gebauten Leitplanken verhindern ebenfalls, dass das Erscheinungsbild und der vielfältige Nutzen der Alleen langfristig zerstört werden, die Alleen damit auf Dauer ihren eigentümlichen Charakter verlieren und damit auch ihres besonderen Schutzstatus verlustig gehen. Einzelne abgängige Alleebäume können in der vorhandenen Flucht nachgepflanzt werden, ohne dass zusätzliche Schutzeinrichtungen erforderlich werden, wenn der Zwischenbereich der bestehenden Baumreihe kleiner als 100 m ist und die Strecke keine Unfallhäufungen aufweist. Auch diese Möglichkeit sollte weitestmöglich genutzt werden.

Vorhandene Alleestrukturen können in den regionalen Raumordnungsprogrammen unter Schutz gestellt werden. Gezielt können Alleen nach Maßgabe von § 29 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) i. V. m. § 22 Abs. 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG) als geschützte Landschaftsbestandteile gesichert werden, wenn dies erforderlich zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts ist, zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschaftsbildes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten. Für die Festsetzung zuständig ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile die Gemeinde, im Übrigen die untere Naturschutzbehörde. Die Entscheidung, ob eine Unterschutzstellung erfolgt und ob das nach § 29 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG geltende Verbot einer Beseitigung des geschützten Landschaftsbestandteils sowie aller Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Landschaftsbestandteils führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen zu differenzieren ist, steht im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde bzw. der unteren Naturschutzbehörde. Für den Fall der Bestandsminderung kann die Verpflichtung zu einer angemessenen und zumutbaren Ersatzpflanzung oder zur Leistung von Ersatz in Geld vorgesehen werden. Alleen können zudem von den Schutzbestimmungen mit erfasst werden, die für Naturschutzgebiete, Nationalparke, Nationale Naturmonumente, Biosphärenreservate oder Landschaftsschutzgebiete gelten.

Stefan Wenzel

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