Antrag: Aktionsplan „Wir sind Niedersachsen. Für Zusammenhalt. Gegen Rassismus.“ retten - mit dem Bundesprogramm die Zivilgesellschaft in Niedersachsen stärken

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

Die demokratische Gesellschaft und der Rechtsstaat werden immer wieder durch antidemokratische Tendenzen bedroht und angegriffen, wie die Anschläge von Halle und Hanau und die allgemeine Zunahme an rassistisch und antisemitisch motivierten Hasskampagnen und Straftaten zeigen.

Auf Initiative des Praxisbeirats des Landesprogramms für Demokratie und Menschenrechte haben deshalb staatliche und zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen am 11. März 2020 ein ressortübergreifendes Konzept für einen Aktionsplan „Wir sind Niedersachsen. Für Vielfalt gegen Rassismus“ erarbeitet.

Trotz anfänglich guter Aussichten ist die Initiative für den Aktionsplan im Sommer 2020 durch die Landesregierung aufgrund der coronabedingten Gegebenheiten und des daraus resultierenden Finanzbedarfs an anderer Stelle für gescheitert erklärt worden, obwohl sie bis zuletzt von einer überwältigenden Mehrheit der niedersächsischen Ministerien, der Staatskanzlei und dem Ministerpräsidenten unterstützt wurde. Der Landtag stellt fest, dass das Land in der Verantwortung ist, den Aktionsplan umzusetzen und auch Landesmittel zur Umsetzung von Antirassismusbestrebungen einzusetzen.

Die Bundesregierung verabschiedete am 25. November 2020 einen „Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“. Danach will die Bundesregierung in den Jahren 2021 bis 2024 insgesamt mehr als 1 Milliarde Euro für die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus bereitstellen. Daraus könnte sich auch für die Landeshaushalte eine Relevanz ergeben, da durch verschiedene Programme wie „Demokratie Leben“ auch Gelder in Landesstrukturen fließen, so über die Landes-Demokratiezentren.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. sich den Zielen des Maßnahmenkatalogs der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus zu verpflichten und diese auch auf Landesebene in Niedersachsen zu verfolgen
  2. den Aktionsplan „Wir sind Niedersachsen. Für Vielfalt. Gegen Rassismus.“ zu beschließen und wie zugesichert durch eigene Landesmittel zu realisieren
  3. die Gelder des Bundes, die aufgrund des durch die Bundesregierung verabschiedeten „Maßnahmenkatalogs des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ bereitgestellt werden und an die Länder fließen, für die Stärkung der Gesellschaft zur Förderung von Initiativen gegen Antirassismus, Rechtsextremismus und Betroffenenunterstützung zu verwenden. Der Landtag ist frühzeitig in die Planung zur Verwendung der Mittel und zu Überlegungen über etwaige Förderrichtlinien einzubeziehen.

Begründung

Der Aktionsplan „Wir sind Niedersachsen. Für Zusammenhalt. Gegen Rassismus.“ sollte von allen Landesministerien, dem Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei getragen werden. Er umfasst eine Themenkampagne über ein Jahr sowie die Entwicklung von nachhaltigen menschenrechtsorientierten und demokratiestärkenden Maßnahmen über fünf Jahre. Die Zivilgesellschaft sollte eingebunden werden. Jedes Ministerium sollte mit einem Etat von jährlich 100.000 Euro ausgestattet werden. Eine Stabsstelle sollte die Umsetzung des Aktionsplans koordinieren und mit weiteren 500.000 EUR ausgestattet werden. Das Gesamtvolumen für das Themenjahr sollte sich auf 1,5 Mio. Euro belaufen.

In der Stellungnahme der Staatskanzlei vom 8. April 2020 zu dem Aktionsplan hieß es: „Der Aktionsplan hat durch die Corona-Krise noch einmal an Bedeutung gewonnen. Er ist von der Corona-Lage nicht abzukoppeln, sondern bezieht sich vielmehr auf die politische Dimension der Krise. Der Aktionsplan ist somit weit zu fassen. Es handelt sich um eine Initiative zur Stärkung des demokratischen Zusammenhalts in Niedersachsen.“ Die Corona-Pandemie könne nach dem Lockdown auch zu einer politischen oder sogar systemischen Krise führen, aus der die Demokratie eher geschwächt als gestärkt hervorgeht. Um diesen Risiken rechtzeitig zu begegnen, sei neben dem Einsatz von finanzpolitischen und wirtschaftlichen und sozialen Instrumenten zur Bewältigung der Krise eine Initiative zur Stärkung des demokratischen Zusammenhalts ein wichtiger Baustein politischen Handelns. Mit dem Aktionsplan „Wir sind Niedersachsen. Für Vielfalt. Gegen Rassismus.“ wolle die Landesregierung ein Zeichen setzen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt bei der Bewältigung der Krise nachhaltig festigen.

Die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe im Landtag Niedersachsen hat mit Beschluss vom 3. November 2020 den Landtag und die Landesregierung aufgefordert, den vom Praxisbeirat des Landespräventionsrats im Rahmen des „Landesprogramms gegen Rechtsextremismus – für Demokratie und Menschenrechte“ entwickelten und einstimmig beschlossenen Aktionsplan „Wir sind Niedersachsen. Für Zusammenhalt. Gegen Rassismus“ doch noch umzusetzen und die Finanzierung sicherzustellen.

Der durch die Bundesregierung verabschiedete „Maßnahmenkatalog des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus“ verfolgt die folgenden vier Ziele:

  1. Stärkeres Bewusstsein für Rassismus als gesamtgesellschaftliches Phänomen schaffen sowie verbesserte staatliche Strukturen im Bereich der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus etablieren; Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden, Justiz, staatlichen und zivilgesellschaftlichen Trägern sowie Verbesserung der empirischen Grundlagen;
  2. Prävention gegen Rechtsextremismus und Rassismus, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Regelstrukturen aller gesellschaftlichen Bereiche ausbauen und stärken, auch im Netz; Weiterentwicklung der politischen Bildung und Demokratiearbeit;
  3. Ausbau der Unterstützung von Betroffenen von rassistischer Diskriminierung und sozialem Umfeld; Wirksamer Opferschutz und Verbesserung von nachhaltigen Strukturen der Rassismusbekämpfung;
  4. Anerkennung und Wertschätzung einer vielfältigen und chancengerechten Gesellschaft und Stärkung gleicher Teilhabechancen von Menschen mit Einwanderungsgeschichte.
Zurück zum Pressearchiv