Anne Kura: Rede "Zukunft für die Meyer-Werft" (Aussprache zur Regierungserklärung)

Rede Anne Kura© Plenar TV

Rede TOP 2: Zukunft für die Meyer-Werft – Arbeitsplätze und Kompetenz für Deutschland sichern (Regierungserklärung)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleg*innen,

Wirtschaftsminister Olaf Lies hat recht. Die Schieflage der Meyer-Werft hält uns seit dem Frühjahr verschärft in Atem. Aber vor allem hält sie die Beschäftigten und ihre Familien in Atem.

Wie sehr, das habe ich auf der Betriebsversammlung letzte Woche sehr eindrücklich gespürt. Das Bild der 3000 gelben Meyer-Werft-Helme in der proppevollen Halle 4 auf dem Gelände in Papenburg war eindrucksvoll. Noch eindrucksvoller waren die Gespräche mit den Vertrauensleuten: Die Mischung aus Sorgen, Unsicherheit in den Familien, die seit Monaten das Leben bestimmt – und zugleich dem Stolz auf die Arbeit und die Bereitschaft an einer Lösung mitzuarbeiten.

Es war deshalb ein starkes und ein wichtiges Zeichen, das Bund und Land bei der Betriebsversammlung gesetzt haben. Die Erleichterung war in der Werkshalle mit Händen zu greifen.

Genauso wichtig ist, dass seit Monaten konstruktiv, intensiv und vertraulich an einer tragfähigen Lösung gearbeitet wird. Der Dank meiner Fraktion gilt allen, die daran beteiligt sind: den Beschäftigten, der Gewerkschaft und der Unternehmensleitung, aber auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Wirtschaftsminister Olaf Lies und Finanzminister Gerald Heere sowie den Mitarbeiter*innen in den Häusern.

Dass trotz des engen Zeitplans eine Lösung greifbar ist, ist ihrem großen persönlichen Einsatz zu verdanken.

Der Prozess ist alles andere als einfach – und er ist noch nicht abgeschlossen. Die Prüfungen müssen sorgfältig sein, denn es geht um sehr, sehr viel Geld.

Doch der entworfene Weg, die Insolvenz abzuwenden, ist in unseren Augen tragfähig:

  • Es gibt einen guten Plan und eine positive Zukunftsprognose.
  • Der Private Investor Test fällt positiv aus. Genauso wie das Gutachten zum Sanierungskonzept.
  • Bund und Land können im Rahmen des Beihilferechts gemeinsam vorübergehend rund 80 Prozent der Gesellschafteranteile übernehmen, sich die Kosten teilen und ihre Kontrollfunktion wahrnehmen.
  • Der Standort und die Arbeitsplätze wären gesichert
  • der Firmensitz kehrt zurück nach Deutschland und die Mitbestimmungsrechte der Belegschaft steigen

Anrede,

für den Einsatz des Landes zur Rettung der Werft gibt es sehr gute Gründe:

Zuerst die gut 3000 Arbeitsplätze direkt bei Meyer. Mit den Zulieferern hängen knapp 20.000 Arbeitsplätze in Deutschland von der Zukunft der Werft ab, insbesondere in Niedersachsen und der Region um Papenburg. Es geht um hochwertige industrielle Wertschöpfung und es geht auch um Steuern und Sozialabgaben. Hinzu kommt: die Werft hat derzeit Aufträge in Höhe von über 11 Milliarden Euro.

Schifffahrt und Schiffsbau haben für Niedersachsen als Küstenland in einer global vernetzten Welt eine strategische Bedeutung. Deshalb ist es wichtig, dass der Schiffsbau in Niedersachsen bleibt:Es geht auch um Innovationsfähigkeit und industrielle Schlüsselkompetenzen mit Know-How für eine wichtige Zukunftsbranche: der klimagerechten Schifffahrt.

Wir wollen uns dabei nicht von anderen abhängig machen.

Die Meyer Werft verfügt nicht nur über Know-How beim Bau von Schiffen mit Brennstoffzellen. Sie baut auch wichtige Umspann-Plattformen für die Off-Shore Windkraft.

Der Staat ist kein Experte im Schiffsbau: Muss er auch nicht sein. Denn als Weltmarktführer verfügt die Meyer Werft selbst über genug Expertise beim Bau von Schiffen.

Und dennoch birgt der staatliche Einstieg eine Reihe von Chancen, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu steigern: die Rückverlagerung des Unternehmenssitzes, die Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung und die nachhaltige Aufstellung des Unternehmens.

Neben den bislang fehlenden Mitbestimmungsrechten der Belegschaft gibt es zwei Kritikpunkte, auf die ich eingehen möchte: (1) die ökologischen Folgen für die Ems (2) und das Geschäftsmodell Kreuzfahrtschiffe.

Die politischen Entscheidungsträger haben die ökologischen Folgen für die Ems jahrzehntelang ignoriert. Meine Partei hat diesen rücksichtlosen Umgang immer kritisiert. Der ehemalige Umweltminister Stefan Wenzel hat 2015 mit der Entwicklung des Masterplans Ems 2050 einen Ausgleich zwischen ökonomischen und ökologischen Notwendigkeiten organisiert.

Und dieser Plan wird Realität: Im nächsten Jahr wird der Tidepolder Coldemüntje fertig und wird Tieren und Pflanzen Lebensräume zurückgeben.

Dank des Masterplan Ems geht es mit dem Arten- und Naturschutz an der Ems voran.Er verbindet Ökologie und Ökonomie.Seine Umsetzung müssen wir beschleunigen. Das gelingt sicher nicht, wenn der wichtigste private Partner insolvent ist.

Und sollte die Reprivatisierung für das Land einen Gewinn einbringen, kann ein Teil des Gewinns für eine beschleunigte Umsetzung des Masterplans verwendet werden.

Ja, die Schifffahrtsbranche und besonders die Kreuzfahrtbranche müssen sich wandeln. Ihr CO2 Ausstoß ist viel zu hoch. Sie müssen schnell klimagerecht werden. Eine Insolvenz der Meyer Werft wäre dazu allerdings kein wirksamer Beitrag. Die Branche wächst und das täte sie dann eben woanders.

Die Meyer Werft bringt für den Wandel sehr gute Voraussetzungen mit. Und die stärkere Entwicklung und Nutzung von schonenden Antriebstechnikenist die Voraussetzung, auch in Zukunft Weltmarktführer zu sein. Wenn sich die öffentliche Hand als Miteigentümerin und die Belegschaft dafür stark machen, kann hier mehr Dynamik entstehen.

Anrede,

der Sanierungsplan sieht vor, dass die Mitbestimmungsrechte der Belegschaft gestärkt werden. Das ist zum Wohle des Unternehmens: Die Erfahrung zeigt, dass gerade Unternehmen mit betrieblicher Mitbestimmung Transformationsprozesse deutlich besser bewältigen.

Gewerkschaften und Beschäftigungsvertreter*innen sind die wichtigsten Verbündeten wenn es darum geht, in Unternehmen die Weichen für zukunftsfähige und nachhaltige Geschäftsmodelle zu stellen.

Es gibt also viele sehr gute Gründe, warum die Landesregierung in den letzten Wochen intensiv an der Rettung der Werft gearbeitet hat.

Aber es geht um mehr als nur die Rettung des Status quo.

Es besteht die Chance für eine nachhaltige Neuaufstellung des Unternehmens. Es besteht die Chance für eine weitere Diversifizierung des Geschäftsmodells über den Bau von Kreuzfahrtschiffen hinaus. Und es besteht die Chance für die noch stärkere Nutzung nachhaltiger Zukunftstechnologien im Schiffsbau in Niedersachsen.

Es geht um die persönliche Zukunft für mehr als 3000 Menschen, die jetzt monatelang um ihre Existenz gebangt haben. Für sie ist das Signal der Geschlossenheit der demokratischen Fraktionen hier im Haus ein ganz wichtiges Zeichen. Hier zeigt sich, wie bedeutsam die konstruktive Zusammenarbeit hier im Landtag für die Lösung großer Herausforderungen ist.

Anrede,

Diese Koalition will Sicherheit geben, aber auch Zuversicht und Mut ausstrahlen. Dass wir die Krisen meistern – entschlossen, nachhaltig, sozial gerecht. Niedersachsen hat die Kraft dazu.

Das ist ein Zitat aus der allerersten Plenardebatte in dieser Legislaturperiode.

Diesem Geist der Koalition entspricht auch der Umgang mit der Krise der Meyer-Werft.

Sie sehen: diese Koalition hält Wort und sie hält Kurs.

Wirtschaftsminister Olaf Lies hat es gesagt: eine Garantie gibt es nicht. Als Mitglieder des Landtags werden wir unseren Teil dazu beitragen, dass es klappt.

Meine Fraktion ist an Bord.

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