Anja Piel: Schlusserklärung zu den Haushaltsberatungen 2020

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die GroKo macht es sich in ihrer Selbstzufriedenheit zu einfach: Sie wischen die Forderungen der Opposition durch die Bank vom Tisch, dabei geht es um wichtige Investitionen in die Zukunft dieses Landes. Wollen Sie uns mit Ihren Trippelschritten wirklich weismachen, Sie hätten sich endlich auf den Weg gemacht und würden sich um die großen Baustellen kümmern?
Eines hat uns dieses Plenum gezeigt: Richtig voran kommen Sie dabei nicht. Ihr Hemmschuh bleibt die schwarze Null. Und Ihr Hemmschuh bleibt, dass Sie sich im Grunde nicht einig sind.

Sehr geehrter Herr Weil, sehr geehrter Herr Althusmann, sehr geehrter Herr Hilbers,

Seien Sie doch mal ehrlich: Ihre schwarze Null ist schon jetzt Geschichte. Der Kredit für die Nord/LB über 1,5 Mrd € ist ein Schattenhaushalt, ein Griff in die Taschen derer, die nach Ihnen kommen. Und schlimmer noch. Sie täuschen die Öffentlichkeit, weil Sie den wahren Umfang der Belastungen und die Risiken nicht in das Haushaltsgesetz schreiben wollen.

Und weiter geht es: Für all das Geld, das Sie nicht für den Klimaschutz ausgeben, werden sich noch die nach uns kommenden Generationen bedanken. Mit den Klimaschäden ist es nicht wie bei einem belasteten Erbe, das man ausschlagen kann.  Die letzte Einkommensminderung der Landwirte um 20 Prozent geht auf das Konto der Dürre. Der Windbruch und die Waldschäden der Waldbauern werden noch teurer, wenn Sie beim Klimaschutz weiter zögern.

Die SPD war da auf ihrem Parteitag schon deutlich weiter: die schwarze Null behindert die erforderlichen großen Schritte. Arbeitsplätze sichern und neue schaffen heißt in Zukunftstechnologie, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Das gilt für die Windkraftindustrie genauso, wie für klimafreundliche Mobilität. Das gilt auch beim Netzausbau und bei einem Reallabor für grünen Wasserstoff. Umsonst gibt es das alles nicht.

Und wer da wie der Kollege Toepffer, bei aller Wertschätzung, Klimaschützer mit Rechtsextremisten gleichsetzt und unterstellt, die Gesellschaft solle sozial und politisch gespalten werden, den ermahne ich zu etwas mehr ernsthafter Auseinandersetzung mit den Menschen auf der Straße und ihren berechtigten Forderungen. Kollege Toepffer, Sie haben die Generaldebatte dazu missbraucht, die Klimadiskussion als völlig überzogen darzustellen. Damit sprechen Sie allen engagierten Kräften in der Fridays-for-Future-Bewegung - Schüler*innen, Wissenschaftler*innen und anderen ein verifiziertes und belastbares Wissen ab. Ihre Kritik heißt übersetzt: Das Klima ändert sich, aber alle, die dies thematisieren, betreiben Hysterie und bewegten sich damit auf gleicher Ebene mit der AfD. Da ist unter Ihrem Niveau. Solche Vergleiche gehören sich nicht.

Seit Jahrzehnten setzen wir uns mit Umwelt- und Klimaschutz auseinander. Während Sie das Zeitalter der Deregulierung und Privatisierung und mehr freien Markt gepredigt haben, sind wir auf die Straße gegangen: gegen Atomkraft, für Frieden und Umweltschutz.

Wir Grüne nehmen übrigens nicht für uns in Anspruch, alle Antworten auf die schwierigen Fragen parat zu haben, aber im Gegensatz zu Ihnen stellen wir uns diesen Fragen und suchen wichtige Lösungen - gemeinsam mit den Menschen.

Sie aber drücken sich um die drängenden Fragen in unserem Land. Lieber ruhen Sie sich auf den kleinen Fortschritten aus, die Sie erzielt haben und klopfen sich gegenseitig auf die Schulter. Wie bei der Finanzierung der Pflegekammer oder den Kleckerbeträgen für Frauenhäusern. Aber damit ist es doch nicht getan. Das wissen Sie auch! Das sind zwar richtige Ansätze, aber dem Bedarf werden Sie dadurch noch lange nicht gerecht!

Und die Liste ihrer Versäumnisse ist länger:

Der Druck auf den Wohnungsmarkt bleibt extrem. Eine Landeswohnungsbaugesellschaft könnte gezielt investieren, gerade in schwierigen Lagen! Warum versuchen Sie es nicht wenigstens!

Sie kündigen im kommenden Jahr ein Kindertagesstättengesetz an, aber ohne zusätzliche Mittel! Dabei wissen Sie doch selbst: Solange Sie die personelle Situation in den Einrichtungen nicht verbessern, schleifen Sie weiter die Qualität in der frühkindlichen Bildung!

Für unsere Schulen haben Sie nicht mehr als Modellprojekte übrig: Keine Entlastung, keine gleiche Besoldung für gleichwertige Arbeit und auch keine strukturellen Verbesserungen. Dabei braucht gute Bildung verlässliche Rahmenbedingungen und nicht nur neue Modelle.
Ihre politische Geisterfahrt setzt sich auch bei der Verkehrspolitik fort. Kaum Klimaschutz im Verkehrsetat! Vorrang hat für Sie der Straßenbau. Kein Schülerticket in Niedersachsen, kein Gestaltungswille für ÖPNV und der Radwegeinfrastruktur. Sozial mobil geht anders.

Und ganz nebenbei schwächen Sie trotz allen Bekenntnissen gegen rechts dann noch die Zivilgesellschaft! Gerade im Kampf gegen den Rechtsextremismus muss mehr drin sein. Ja es ist richtig und gut, dass wir uns alle gemeinsam nach dem schrecklichen Attentat in Halle für die jüdischen Gemeinden, für mehr und sichtbares jüdisches Leben und gegen Antisemitismus eingesetzt haben. Aber das heißt doch auch, dass wir Initiativen gegen Rechts, für Demokratiestärkung unterstützen müssen– das sind notwendige Pfeiler einer starken Gesellschaft! Gerade die aber fallen in ihrer Haushaltsplanung einfach unter den Tisch. Gerade in der heutigen Zeit müssen wir den Wert der Vielfalt in der Gesellschaft hochhalten, fördern und verteidigen. Und zur Unterstützung von Vielfalt gehören eben auch ausreichend Mittel für ein Queeres Niedersachsen. Ihre Streichungen in diesem Bereich zeigen wieder einmal, wie wenig Sie die Wichtigkeit solcher Projekte für die Gesellschaft verstanden haben.

Liebe SPD, liebe CDU,

gehen Sie im Neuen Jahr an die Arbeit.  Bis Ostern ist ausreichend Zeit, um den dringend nötigen und versprochenen Maßnahmenplan für den Klimaschutz vorzulegen. Stehen Sie nicht länger auf der Bremse, sondern setzen Sie sich zusammen und legen Sie nach, wenn es sein muss, auch mit einem Nachtragshaushalt. Aber hören Sie auf, sich gegenseitig im Weg zu stehen. Die Menschen in Niedersachsen haben mehr verdient als diesen Haushalt.

Ich wünsche Ihnen und ihren Liebsten ein besinnliches Weihnachtsfest, schöpfen Sie Kraft und Energie, für das was noch ansteht.

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