Anja Piel: Rede zur Enquete-Kommission für ein niedersächsisches Parité-Gesetz (Antrag GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

wir hatten zum Thema Paritätsgesetz bereits im Januar eine angeregte und gute Debatte im Landtag. Damals haben Sie, Kollegin Modder, das Jubiläum des Frauenwahlrechts zum Anlass genommen, ein Paritätsgesetz zu fordern. Vielen Dank noch einmal für diese wahrhaft aktuelle Stunde!

Liebe Frau Modder,

eines ist mir aus Ihrer Rede vor allem in warmer Erinnerung geblieben. Sie haben gesagt: Ja, ein Paritätsgesetz ist nicht einfach umzusetzen. Ja, es gibt verfassungsrechtliche Bedenken. Und ja, das wäre eine gravierende Veränderung des Wahlrechts.

Aber, und nun zitiere ich den schönsten Teil Ihrer Rede:

„Das schreckt uns aber nicht ab. Wir laden alle ein, uns auf diesem Weg zu begleiten. Wir sind auf diesem Weg auch nicht alleine unterwegs.“ Und dann haben Sie Angela Merkel, Rita Süssmuth und Annegret Kramp-Karrenbauer zitiert, die sich allesamt schon offen gezeigt haben für ein Paritätsgesetz.

Mir, Frau Modder, hat das sehr viel Mut gemacht. Wenn SPD und vielleicht auch die CDU bereit sind, dann kann es ja wirklich losgehen! Dann bleibt es nicht bei schönen Reden!

Und wenn Sie uns einladen, Sie auf dem Weg zu begleiten, dann sagen wir nicht nein! Dann krempeln wir die Ärmel hoch! Dann setzen wir uns hin und machen einen Vorschlag, wie es gehen kann!

Anrede,

woran liegt es eigentlich, dass es so wenig Frauen in den Parlamenten gibt?

Liegt es daran, dass Frauen nicht mitmachen wollen? Oder liegt es daran, dass Männer sie nicht mitmachen lassen?

Weder noch, glaube ich. Es ist komplizierter.

„It’s a man’s world!“, sang James Brown 1966.

Wir leben immer noch in einer Welt, in der es für Männer näherliegt als für Frauen, in Führungspositionen zu gehen. In denen es manche überrascht, wenn Frauen mitbestimmen wollen. Das gilt für die Wirtschaft genauso wie für die Politik.

Immer noch sind weit öfter Frauen dafür zuständig, sich um die Familie zu kümmern. Und immer noch ist die Abgeordneten-Tätigkeit nicht so einfach damit vereinbar, dass man sich um Kinder kümmern muss.

Meine Erfahrung ist aber: Je mehr Frauen schon dabei sind, desto leichter wird es für neue Frauen, dazu zu stoßen. Dann werden Lösungen gefunden, dann geht das plötzlich mit der Vereinbarkeit und mit der Kinderbetreuung.

Von diesen Lösungen profitieren dann übrigens auch die Männer, die bereit sind, sich vom klassischen Versorgermodell zu lösen. Es wird also für alle besser!

Anrede,

wir wissen, dass ein Paritätsgesetz eine komplizierte Angelegenheit mit weitreichenden Folgen ist.

Es müssen verfassungsrechtliche Fragen geklärt werden.

Und für das Wahlrecht muss überhaupt erstmal geklärt werden, wie denn die Parität eigentlich hergestellt werden kann. Paritätische Listen sind das eine.

Schwieriger wird es bei den Direktmandaten.

Da gibt es Modelle, und es gibt für jedes Modell ein Für und Wider. Wir haben uns ganz bewusst nicht festgelegt.

Anrede,

wir wollen heute gemeinsam mit Ihnen einen Prozess in Gang zu setzen, in dem diese Fragen geklärt werden.

Darum schlagen wir vor, dass der Landtag zu dieser großen und komplizierten Frage eine Enquete-Kommission beauftragt. In dieser können alle Zweifel ausreichend diskutiert werden.

Aber am Ende stünde ein Vorschlag, wie der niedersächsische Landtag sich selbst gerechter machen möchte. Was der niedersächsische Landtag dafür tun möchte, dass er kein Parlament der Männer mehr ist. Sondern ein Parlament von und für Frauen und Männer gleichermaßen!

Anrede,

ich darf noch einmal meine geschätzte Kollegin Modder zitieren. Sie sagte:

„Wir haben in meiner Partei [ – also der SPD –] viele Erfahrungen mit Quoten und dem Reißverschlussverfahren gemacht. Das Ergebnis zeigt: Wir brauchen gesetzliche Regelungen.“

Arbeiten wir gemeinsam daran, dass wir eine solche Regelung bekommen.

Vielen Dank.

Zurück zum Pressearchiv