Anja Piel: Rede zum Klimaschutz (Aktuelle Stunde GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die Weltklimakonferenz in Katowice ist nicht die erste. Und sie wird nicht die letzte sein.

Alle wissen vom Klimawandel. Alle sprechen darüber. Aber der CO2-Ausstoß steigt trotzdem weltweit. Und auch in Deutschland und Niedersachsen sinken die Emissionen nicht.

Die schwedische Schülerin Greta Thunberg hatte davon genug. Genug davon, dass die Erwachsenen zwar über den Klimawandel reden, aber kaum etwas tun, um ihn aufzuhalten.

Ich zitiere Greta Thunberg: „Die Erwachsenen haben versagt. Sie sagen, der Klimawandel ist eine Bedrohung für uns alle, aber dann leben sie einfach so weiter wie bisher. Wir müssen selbst aktiv werden.“ (Spiegel online, 30.11.2018)

„Wir müssen selbst aktiv werden.“ – Das ist keine Weisheit für Fünfzehnjährige. Das gilt für jeden von uns. Wenn wir nichts tun, wer dann?

Anrede,

Niedersachsen zählt nicht zu den am schwersten betroffenen Regionen der Welt. Aber auch hier bei uns ist der Klimawandel spürbar.

Es geht nämlich bei Weitem nicht nur um Eisbären. Eisbären sind weit weg. Machen wir es für Sie konkreter. Denken Sie nicht an Eisbären, denken Sie einfach an Uwe Santjer.

Herr Santjer,

Sie wollen doch Bürgermeister von Cuxhaven werden. Sind Sie sich sicher, dass das ein Posten mit Zukunft ist?

Und Herr Nacke, liegt Ihnen das Ammerland am Herzen?

Herr Lies, wie hoch überm Meeresspiegel liegt eigentlich Sande?

Finden Sie solche Fragen albern?

Dann frage ich Sie mal: Wo haben Sie Ihre letzten Sommer verbracht? 2017 hatten wir Hochwasser, dieses Jahr Dürre. Leere Brunnen, Waldbrände. Der Klimawandel ist schon jetzt spürbar, messbar, und: er hat wirtschaftliche Auswirkungen.

Ich empfehle Ihnen die aktuelle Wirtschaftswoche.

Da geht es zum Beispiel um das mittelständische Unternehmen der Familie Recktenwald auf Langeoog: Ein Hotel. Herr und Frau Recktenwald erwarten Einbußen, weil das Meer ihnen buchstäblich den Boden wegspült.

Und sie klagen gegen die Bundesregierung. Weil die ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, für die sie sich 2015 in Paris noch hat feiern lassen.

Anrede,

Deutschland ist Verpflichtungen eingegangen. Niedersachsen ist Verpflichtungen eingegangen. Wenn Sie nichts tun, wird es Ihnen hier so gehen, wie bei der Luftqualität in den Städten. Früher oder später werden Sie von Gerichten zum Handeln verdonnert.

Herr Minister Lies,

bei Ihnen wird es wohl kaum anders gehen, wenn ich mir Ihre Äußerungen ansehe. Als Umweltminister (ohne Witz!) kündigen Sie an, bis 2040 an der Kohleenergie festhalten zu wollen. Aber bis dahin soll erst noch ein neues Kohlekraftwerk in Stade ans Netz gehen.

Welche Interessen vertreten Sie eigentlich in der Kohlekommission der Bundesregierung? Selbst dort ist man mit dem Ausstiegsdatum schon weiter als Sie. Nehmen Sie etwa als Wirtschaftsminister an den Sitzungen teil?

Ich habe gestern flapsig gesagt: Ein Vollbart macht noch keinen Grünen. Aber an der Zukunft, an der Zukunft schlechthin, sollten nicht nur Grüne ein Interesse haben.

Was Sie tun, ist beschämend.

Und was Sie nicht tun, ist noch beschämender.

Klimaschutz in die Verfassung? Guter Vorschlag, aber: keine Mehrheit in der Koalition.

Klimaschutzgesetz? Seit über einem Jahr angekündigt. Wir haben längst einen Entwurf vorgelegt. Nehmen Sie den. Er ist gut.

Anrede,

auch bei der Verkehrswende steht die Landesregierung auf der Bremse:

für die Reaktivierung weiterer Bahnstrecken haben Sie keinen Plan, dafür aber für den Bau neuer Autobahnen.

Die Mittel für den Radwegeausbau haben Sie gekürzt.

Anrede,

und wie steht es mit den Folgen des Moorbrandes in Meppen?

Bei dem sind diesen Sommer noch mal 1,2 Mio. Tonnen CO2 in die Luft gekommen. Das ist ungefähr der jährliche CO2-Ausstoß der Stadt Oldenburg.

Auf die Aufarbeitung dieses kolossalen Behördenversagens warten wir übrigens bis heute. Von Präventivmaßnahmen ganz zu schweigen. Geschossen wird da auch schon wieder.

Anrede,

der Klimawandel ist real. Heiße Luft ist das Letzte, was wir jetzt brauchen.

Mehr kommt von Ihnen aber nicht, Herr Lies. Mehr kommt in Sachen Klimaschutz von der ganzen Landesregierung nicht.

Ich zitiere noch mal Greta Thunberg:

„Ich schaue auf die Mächtigen und frage mich, warum sie alles so kompliziert machen. Wenn der Klimawandel gestoppt werden muss, müssen wir ihn stoppen. Das ist schwarz oder weiß. Es gibt keine Grauzone, wenn es um das Überleben geht.“

Nehmen Sie sich des Themas an. Ohne Wenn und Aber. Gummistiefel und Schlauchboot werden nicht reichen. Weder für einen Bürgermeister Santjer, noch für seine Gemeinde.

Vielen Dank.

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