Anja Piel: Rede zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Griechenland (Aktuelle Stunde SPD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

In was für einer Not muss sich ein junger Mensch befinden, dass er Familie und Freunde zurücklässt und sich mutterseelenallein mit ungewisser Aussicht auf die Reise macht?

Was für Widrigkeiten nimmt er in Kauf, wie schwer ist ihm das Herz, wenn er feststellt, dass es jeden Tag kälter wird und er fern der Heimat ohne Aussicht auf sicheres Quartier und Beschäftigung in Griechenland festsitzt? Es ist allerhöchste Zeit, sich mit dem Schicksal dieser jungen Menschen auseinander zu setzen.

Und es wird schon schwierig, die nach Griechenland geflüchteten Kinder und Jugendliche noch vor dem bereits einsetzenden Winter zu retten.

Aber wir begrüßen die Initiative von Innenminister Boris Pistorius, die offenbar zu diesem Engagement der SPD geführt hat.

Die Entwicklung in Griechenland ist schon seit Langem absehbar und die Problematik bekannt. Aber erst in letzter Zeit sind auch die minderjährigen Geflüchteten und ihre besondere Notlage in den Blick gerückt. Deutschland nimmt nach wie vor sehr wenig Geflüchtete auf. Um das einmal mit Zahlen deutlich zu machen: von den geplanten 27.000 Menschen hatte Deutschland 2018 gerade einmal ein gutes Drittel aufgenommen! Deswegen haben wir unseren Antrag „Sicherer Hafen Niedersachsen - Lokale Solidarität für in Seenot geratene Geflüchtete“ bereits im September eingebracht. Wir fordern, dass Kreise und kreisfreie Städte, die bereits erklärt haben, mehr Geflüchtete aufzunehmen, in ihrem Anliegen unterstützt werden. Angesichts des fortschreitenden Winters muss es eine zeitnahe Lösung zur Verteilung der jungen Leute geben.

Auch Niedersachsen muss sich zum „Sicheren Hafen“ erklären und damit ein längst überfälliges Zeichen für mehr Humanität setzen. Außerdem brauchen wir endlich wieder ein Landesaufnahmeprogramm und auf Bundesebene eine Gesetzesänderung. Damit die humanitäre Aufnahme für die Länder erleichtert wird.

Wir setzen darauf, dass Sie unserem Antrag zustimmen. In Erinnerung an Ernst Albrechts Initiative für die Aufnahme der Boat-People in den Achtzigern würde Niedersachsen einer guten Tradition folgen, wenn wir minderjährige Flüchtlinge aus den Hotspots aufnehmen. Insbesondere unbegleitete Flüchtlingskinder und die Familienangehörigen hier lebender Flüchtlinge müssen bei uns Sicherheit finden!

Anrede,

in den Lagern wie Moria auf Lesbos hausen tausende Menschen, darunter schwangere Frauen, Familien mit Kindern und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter katastrophalen Bedingungen. Es fehlen Betten, trockene Unterkünfte und eine angemessene medizinische Versorgung. Es herrscht hohe Brandgefahr aufgrund der behelfsmäßigen Kochstellen und fehlenden Heizungen. Heute gestellte Asylanträge werden erst in 2021 oder gar 2022 bearbeitet werden. Diese Lager müssen jetzt geschlossen und die Menschen umgehend auf andere europäische Staaten verteilt werden.

Boris Pistorius hat angekündigt, prüfen zu lassen, wie wir den Kindern und Jugendlichen von Deutschland aus helfen können. Er wirbt dafür, dass eine Koalition der Willigen in Deutschland und Europa sich um diese Kinder kümmert, damit sie etwa über Sonderkontingente schneller in andere europäische Länder gebracht werden.

Das ist richtig, aber wir glauben, dass diese Groko mehr tun kann und muss. Von uns liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch.  Der Flüchtlingsrat weist darauf hin, dass auch in Niedersachsen viele Einrichtungen der Jugendhilfe für unbegleitete Minderjährige schließen oder unterbelegt sind. Viele Träger haben Plätze frei. Dort würden sie gerne unbegleitete Minderjährige aufnehmen.

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