Anja Piel: Rede zu #fridaysforfuture (Aktuelle Stunde GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

wir werden nicht diejenigen sein, die mit den schlimmsten Folgen des Klimawandels leben müssen. Die Generationen, die mit den wirklich harten Wirkungen des Klimawandels werden leben müssen, sind die, die nach uns kommen.
Das sind die, die jetzt unter dem Slogan #fridaysforfuture auf die Straße gehen.
Greta Thunberg, die mutige und unerschütterliche Schwedin, schafft es gerade, weltweit hunderttausende von Schülerinnen und Schüler zu mobilisieren.
Sie schafft das, weil sie klare Ansagen macht: Der Klimawandel bedroht uns. Redet also nicht. Tut was. Sie sagt: „Ich will, dass ihr handelt, als würde euer Haus brennen. Denn es brennt.“

Herr Ministerpräsident Weil,

Ich bin sehr gespannt, ob Sie heute selbst zu diesem wichtigen Thema reden – oder ob Sie Ihren Umweltminister Olaf Lies vorschicken.
Herr Weil, ich erwarte von Ihnen, dass Sie hier reden. Sie sind es den Jugendlichen schuldig, die Sie Freitag vor zwei Wochen empfangen haben.
Denn es ist ein schönes Zeichen, wenn Sie eine Gruppe Vertreterinnen und Vertreter der #FridaysForFuture-Bewegung bei sich in der Staatskanzlei empfangen.
Und es ist auch ein schönes Zeichen, wenn Sie den Vorstoß der SPD Umweltministerin Svenja Schulze für ein Klimaschutzgesetz begrüßen. Sie will die Treibhausgasemissionen bis 2050 um mindestens 95 Prozent senken, und die einzelnen Ressorts dazu zu verpflichten, einen eigenen Anteil zu leisten.
Das wäre ein sehr guter Anfang! Aber Sie wissen genauso gut wie ich: wenn Sie und wenn Frau Ministerin Schulze sich gegen die Union nicht durchsetzen können, dann bleibt das alles nur heiße Luft.

Was gibt es Bequemeres, als für das eigene Nichtstun andere verantwortlich machen zu können? Manchmal beschleicht mich der Eindruck, als hätten SPD und CDU ihre Rollen in Großen Koalition so verteilt.
Auf der einen Seite steht die CDU. Die CDU hat am Klimaschutz nie wirklich Interesse gehabt.

Außer Herr Töpfer. Ich meine nicht Sie, Herr Fraktionsvorsitzender, sondern Klaus Töpfer, den ehemaligen Bundesumweltminister und ehemaligen Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen. Wo gibt es denn bei der CDU noch solche Leute?
Wenn die CDU von heute das Klimagesetz als „Diktatur“ und „Planwirtschaft“ diffamiert, dann doch nur, weil sie selbst keinen Plan hat. Das ist erbärmlich, meine Damen und Herren.

Und die SPD? Anders als in Berlin ist in Hannover die SPD der größere Koalitionspartner. Was machen Sie daraus, Herr Weil?
Sie als Fan des Klimagesetzes im Bund: Wo bleibt denn das ehrgeizige Klimaschutzgesetz der SPD bei uns in Niedersachsen? Wir Grüne haben eines vorgelegt. Das schieben Sie seit einem Jahr vor sich her. Herr Lies kündigt zwar ein Klimagesetz an, aber es passiert nichts. Im Stadion gäbe es für Zeitspiel eine gelbe Karte!

Ihr Wirtschaftsminister Althusmann sagt, man könne nicht „von heute auf morgen einen kompletten Wandel der deutschen Industrielandschaft bewerkstelligen“. Nein, aber den Wandel muss man angehen und unterstützen! Herr Althusmann bremst mit solchen Äußerungen jede Innovation auf dem Mobilitätsmarkt aus. Da muss ein Ministerpräsident eingreifen!

Bei Frau Otte-Kinast fällt mir zum Thema Klimawandel vor allem eine Frage ein: Wie bekommt sie es hin, dass die Landwirtschaft wetterfest wird? Die Landwirtschaft muss aber umgebaut werden. Nur so kann sie ihren Teil zum Klimaschutz beitragen. Die Anzahl der Tiere an die verfügbare Fläche koppeln, den Düngeüberschuss reduzieren und den Ausstoß von Methan und Lachgas endlich regulieren, das wären Maßnahmen für’s Klima.

Herr Weil,

Sie als Ministerpräsident sind verantwortlich für das Nicht-Handeln der Landesregierung.
Wer von den jungen Leuten soll Ihnen denn glauben, dass Sie den Klimaschutz ernst nehmen, wenn Sie es nicht einmal schaffen, sich gegen Ihren Koalitionspartner durchzusetzen und wirklich zu liefern?

Solange das so bleibt, liegt der Verdacht nahe, dass Sie sich einfach mit der CDU abgesprochen haben: Die SPD kündigt an, muss aber nicht liefern. Und die CDU steht vor ihrer Klientel gut da, weil sie Klimaschutz ausbremst.
Das ist ein beschämendes Theater. Und es ist durchschaubar. Übernehmen Sie Verantwortung, hier in Niedersachsen und auch im Bund. Und nicht nur in Interviews, um sich bundespolitisch zu profilieren.

Die jungen Leute einfach nur mit warmen Worten zurück in die Schule zu schicken, wird das Problem nicht lösen.

Herr Weil,

das Haus brennt. Die Zeit des Redens ist vorbei. Jetzt heißt es Farbe bekennen.

Vielen Dank.

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