Anja Piel: Rede zu Abbiegeassistenten und Tempolimits in Niedersachsen (Aktuelle Stunde GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

am Montag hat der Innenminister die aktuellen Zahlen der Unfallstatistik aus Niedersachsen vorgelegt. 417 Tote auf unseren Straßen im vergangenen Jahr, auf den Autobahnen ein Anstieg von 55 Prozent, Schwerpunkt ist die A2, und da insbesondere die Baustellenbereiche.

Auch die Zahl der getöteten Radfahrer ist gestiegen. Die beliebten Elektrofahrräder sind immer öfter in Unfälle verwickelt. Betroffen sind oft ältere Menschen.
Aber auch junge Radfahrerinnen und Radfahrer leben gefährlich. Im April letzten Jahres wurde ein 11-jähriger in Hannover von einem abbiegenden LKW überrollt. Im November starb eine 16-Jährige.

Anrede,

nach der Lektüre der Zahlen haben ich mich gefragt: Wie will wohl die Große Koalition für mehr Sicherheit sorgen?

Verkehrsminister Althusmann kündigt an, dass auf den Baustellen schneller gearbeitet werden soll. Und es soll künftig auf Fahrstreifensperrungen verzichtet werden, weil da so viel passiert.

Der engagierte Innenminister Boris Pistorius will über feste Radarfallen in Großbaustellen wenigstens schon mal beraten. Außerdem will er Fahrtrainings für Fahrradfahrer ab 65, damit ältere Pedelecfahrer die Gefahren des mühelosen Schnellfahrens besser einschätzen können.

Kurz gesagt: Am besten bleibt alles, wie es ist.

Anrede,

im Ernst: Sie kratzen an der Oberfläche. War es das jetzt schon zum Thema „jeder Verkehrstote ist einer zu viel“?
Das ist ja kaum mehr, als Herrn Scheuer in Berlin einfällt. An dem perlen alle Maßnahmen für mehr Sicherheit ab, wie Spritzwasser an der Regenhose. Scheuers Fantasie blüht, aber raus kommt wenig mehr als die Neuauflage des Pirelli-Kalenders, nur mit Fahrradhelm.

Anrede,

waren da nicht vor ein paar Wochen die klugen Vorschläge aus der Verkehrskommission im Bund? Tempolimit war die Ansage. Alle Welt schaut verwundert auf Deutschlands Rennstrecken. Verkehrsminister Scheuer nimmt das aber gar nicht zur Kenntnis. Er findet, Tempolimits verstoßen „gegen jeden Menschenverstand“.

Was wäre denn, wenn in Niedersachsen ein Tempolimit auf den Autobahnen käme? Das würde augenblicklich für mehr Sicherheit sorgen. Übrigens auch vor den Baustellen, die man mit 120 km/h natürlich viel eher kommen sieht als mit 220 km/h.

Oder die Initiativen für Zone 30 auf innerörtlichen Straßen – könnte man da nicht mal dran weiterarbeiten? Die Menschen, die zu Fuß gehen oder auf Rädern unterwegs sind, würden es Ihnen danken! Es geht um eine ganz einfache Gleichung: Weniger Tempo heißt mehr Sicherheit. Wollen Sie diese einfache Rechnung wirklich weiter ignorieren?

Anrede,

und auch für die Sicherheit der Radfahrer tun Sie zu wenig. Wenn der Radweg auf der Landstraße plötzlich zu Ende ist, dann muss ich auf die Straße wechseln. Und da wird’s gefährlich. Leidtragende sind vor allem die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Kinder und Ältere und jene, die sich eingeschränkt im Verkehr bewegen. Radverkehr wird sicherer, wenn er mehr Platz bekommt. Nicht Helm und Rüstung sind die Lösung. Sondern sichere Radwege für alle!

Anrede,

und wann kommt endlich der Abbiegeassistent für LKW? Die Unfälle mit LKW verunsichern alle, die mit dem Rad unterwegs sind. Sie beenden Menschenleben. Wie soll ich mich sicher durch die Stadt bewegen, wenn LKW-Fahrer mich überhaupt nicht sehen?

Mit ein bisschen politischen Willen könnte man hier schnell technisch aufrüsten. Aber Herr Scheuer setzt auf Freiwilligkeit. Und, das muss man so benennen: Aus der Union, auch aus der niedersächsischen, bekommt er offenbar keinen Druck, wirklich was zu tun. So bleibt also alles beim Alten.

Anrede,

gut ausgebaute Radwege und eine vernünftigere Regulierung des Auto-Verkehrs sind gut für die Sicherheit. Das macht unsere Mobilität auch sauberer!

Für die Verkehrswende brauchen wir Mut. Wir müssen umverteilen, sowohl Geld als auch öffentlichen Raum – weniger Platz für Autos, mehr für umweltverträgliche Verkehrsmittel.

Herr Ministerpräsident,

trauen Sie sich doch einfach mal zu zu signalisieren, dass in Niedersachsen mehr geht als in Berlin. Mit einer SPD in der Mehrheit könnte es doch gelingen, Niedersachsen auch verkehrstechnisch sicher aufzustellen. Wasch mich, aber mach mich nicht nass – das ist nicht die Lösung. Und Andreas Scheuer darf kein Vorbild für Niedersachsen sein.

Vielen Dank.

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