Änderungsantrag: Missbrauch verhindern - Instrument Leiharbeit weiter entwickeln

Änderungsantrag

(zu Drs. 16/503)

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Hannover, den 23.03.09

Missbrauch verhindern - Instrument Leiharbeit weiter entwickeln

Antrag der Fraktion SPD - Drs. 16/503

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Leiharbeit ist betriebswirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch ein sinnvolles Instrument. Richtig eingesetzt unterstützt Leiharbeit Betriebe, Spitzenauftragslagen mit weniger Zeitdruck abzubauen. Arbeitslosen kann Zeitarbeit zur Festanstellung  verhelfen. Die Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) im Jahr 2003 haben allerdings nicht nur positive Entwicklungen zur Folge gehabt. Der Wegfall der Überlassungshöchstdauer, die Abschaffung des Synchronisationsverbotes und der Wiedereinstellungssperre hat in einigen Unternehmen dazu geführt, dass systematisch mithilfe des AÜG Tarifverträge unterlaufen wurden und der Kündigungsschutz umgangen wurde. Die von der Großen Koalition im Bund für den Januar 2009 angekündigte, aber nach wie vor nicht umgesetzte Verankerung einer Lohnuntergrenze im AÜG, reicht nicht aus, um den Missbrauch von Leiharbeit künftig zu bekämpfen.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. Im Bundesrat die Initiative dafür zu ergreifen, dass eine Erlaubnispflicht für die Arbeitnehmerüberlassungen zwischen Konzernen eingeführt wird. Diese kann bei Missbrauch von der Bundesagentur für Arbeit wieder entzogen werden. Gleichzeitig ist mit Verstößen die Rechtsfolge verbunden, dass die betroffenen Leiharbeitnehmer fest eingestellt und zu korrekten Bedingungen entlohnt werden müssen.
  2. Über den Bundesrat sich dafür einzusetzen, dass Leiharbeitnehmer vom ersten Tag ihrer Beschäftigung an im Entleihbetrieb genauso behandelt werden wie die Stammbelegschaft. Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz auf Basis eines Tarifvertrages sind nur in den ersten drei Monaten einer Überlassung und nur dann zulässig, wenn der Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist.
  3. Im Bundesrat zu beantragen, die Zeitarbeitsbranche in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufzunehmen.
  4. Sich im Bundesrat zu engagieren, dass Zeitarbeitsfirmen bzw. Entleihbetriebe Leiharbeiter verlässlich engagieren und bezahlen. Unzulässig soll künftig sein, dass Zeitarbeitsbetriebe Leiharbeitnehmer zwar zur ständigen Arbeitsbereitschaft verpflichten, sie dann aber nur stundenweise beschäftigen und entlohnen.

Begründung

In Deutschland gibt es mehr als 20.000 Verleihbetriebe. Die Anzahl der Beschäftigten hat sich in den vergangenen 15 Jahren vervielfacht: Waren 1994 nur 134.000 Menschen in der Leiharbeit beschäftigt. Im Juni 2008 verdienten schließlich fast 800.000 Menschen ihr Geld in der Zeitarbeitsbranche. Der Anteil der Zeitarbeit bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen liegt laut Bundesagentur für Arbeit bei 2,6 Prozent.

Die Änderungen des AÜG haben allerdings auch zu unerwünschten Entwicklungen geführt. So ersetzten offenbar einige Unternehmen systematisch Stammbelegschaften durch Zeitarbeiter, die dann für weniger Geld und zu schlechteren Bedingungen arbeiteten. Laut dem Institut für Arbeits- und Berufsforschung (IAB) soll mittlerweile jeder vierte Betrieb in Deutschland statt ehemaligen Mitarbeitern Zeitarbeiter beschäftigen. Die erhalten im Durchschnitt knapp ein Drittel weniger Lohn als die Festangestellten des Unternehmens und rangieren als anonyme Mitarbeiter zweiter Klasse auf einer Hierarchiestufe unter den festen Betriebsmitarbeitern. Zudem haben Betriebe Tochterunternehmen einzig zu dem Zweck gegründet, um Mitarbeiter zu entlassen und sie anschließend über ihre eigenen Zeitarbeitsfirmen für die gleichen Tätigkeiten an das Mutterunternehmen auszuleihen. Besonders in der Medienbranche gibt es dafür Beispiele.

Die von SPD und CDU auf Bundesebene vereinbarten Pläne tragen nicht zu einer ausreichenden Optimierung des AÜG bei. Nicht nur vor dem Hintergrund des anhaltendes Streits innerhalb der Koalition um die tatsächliche Umsetzung reicht eine Lohnuntergrenze im AÜG nicht aus, um die Schieflage in der Zeitarbeit zu korrigieren und die Ausbeutung der Leiharbeiter zu begrenzen,. Zielführend ist vielmehr eine Aufnahme der Leiharbeitbranche in das Arbeitnehmerentsendegesetz und die Festlegung eines Mindestlohnes, um Umgehungen des Gleichbehandlungsprinzips zu verhindern.

Ursula Helmhold
Parlamentarische Geschäftsführerin

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