Änderungsantrag: Klimaschutzziele verbindlich festschreiben - ein Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/829
Beschlussempfehlung des Ausschuss für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/3804

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Der jüngste Bericht des Weltklimarates (IPCC) lässt befürchten, dass der Klimawandel deutlich schneller voranschreitet als bisher erwartet. Hauptursache ist der steigende Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre, der nach Messungen der US-Behörde NOAA in diesem Jahr einen neuen Spitzenwert erreicht hat.

Die Forschungs- und Regierungsdelegierten aus 195 UN-Staaten befürchten, dass der Meeresspiegel noch in diesem Jahrhundert um bis zu 82 Zentimeter ansteigen könnte. Extremwetterereignisse nehmen zu. Besonders betroffen sind entwicklungsschwache Länder des Globalen Südens, die keine ausreichenden Anpassungsmaßnahmen ergreifen können. Aber auch das Küstenland Niedersachsen steht angesichts der Klimaveränderungen vor erhebliche Herausforderungen. Deshalb muss neben einer nachhaltigen Küstenschutzstrategie mehr als bisher getan werden, die Erderwärmung tatsächlich auf 2 Grad zu begrenzen.

Der Landtag stellt fest:

Die Bundesregierung hat im März 2007 auf europäischer Ebene zugesagt, die Treibhausgasemissionen in Deutschland gegenüber dem Referenzjahr 1990 um 40 Prozent bis 2020 und um 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 zu reduzieren.

Zentrales Element des Klimaschutzes ist die Energiewende. Dabei birgt der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Entwicklung von Effizienztechnologien große Chancen für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen. Die dezentrale Ausrichtung der Energiewende bietet lokalen Akteuren neue Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Entwicklung auch im ländlichen und im strukturschwachen Raum. Hier wird zusätzliche regionale Wertschöpfung und lokales Steueraufkommen generiert. Die Windenergie-Branche zum Beispiel sorgt bereits jetzt für ein Steueraufkommen von rund 200 Mio. Euro und sichert rund 32.000 Arbeitsplätze in Niedersachsen, viele davon hochqualifiziert. Projektentwicklung, Zulieferindustrie sowie Bau- und Serviceleistungen sind von kleinen und mittleren Unternehmen geprägt. Das stärkt vor allem regionale Wirtschaftskreisläufe. Darüber hinaus flossen allein im Jahr 2012 2,3 Milliarden Euro aus der EEG-Einspeisevergütung nach Niedersachsen.

Die Landesregierung hat bereits entscheidende Weichenstellungen für den Klimaschutz in Niedersachsen vorgenommen und diese erneut im Haushaltsentwurf 2015 verankert. Für zusätzliche Investitionen in die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude werden mit dem Sondervermögen 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die neue Klimaschutz- und Energieagentur bündelt Kompetenzen auf Landesebene und unterstützt die Landesregierung bei der Erarbeitung von strategischen Leitlinien und Aktionsprogrammen. Erfolgreich hat sich die Landesregierung für Nachbesserungen bei der EEG-Reform zu Gunsten des Ausbaus der Windenergie auf See und an Land eingesetzt.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. sich beim Bund dafür einzusetzen, die nationalen Klimaschutzziele in einem Klimaschutzgesetz verbindlich festzuschreiben und die entsprechenden erforderlichen Maßnahmen zu definieren.
  2. ein Niedersächsisches Klimaschutzgesetz in die parlamentarischen Beratungen einzubringen, mit dem Niedersachsen seinen Beitrag zu den nationalen Emissionsminderungszielen verbindlich festschreibt und die dazu erforderlichen Maßnahmen definiert.
  3. Unter Beteiligung der Klimaschutzagentur (KEAN) und unter breiter Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen eine niedersächsische Klimaschutzstrategie zu erarbeiten. Dabei sind für den Klimaschutz auf Landesebene die Handlungsfelder Energieeffizienz und -einsparungen sowie Regenerative Energieerzeugung von zentraler Bedeutung. Wie von der Regierungskommission Klimaschutz 2012 festgestellt, erfordert dies Maßnahmen u. a. in den Bereichen Strom- und Wärmeerzeugung, Bauen und Wohnen, Landwirtschaft, Wirtschaft und Verkehr sowie mehr Engagement für den Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung.
  4. ein kontinuierliches Monitoring unter Beteiligung  der KEAN durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Ziele des Niedersächsischen Klimaschutzgesetzes erreicht und die Maßnahmen der Klimaschutzstrategie erfüllt werden.
  5. die Schwerpunktsetzung der neuen EU-Förderperiode 2014 bis 2020 auf Klimaschutz und Energieeffizienz effizient und wirksam für Maßnahmen in Niedersachsen zu nutzen.

Begründung

Im März 2007 hat sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene dazu verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasemissionen in Deutschland um 40 Prozent bis zum Jahr 2020 und um 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren. Dieses Ziel droht jedoch deutlich verfehlt zu werden: Die Energiewende wurde von der schwarz-gelben Bundesregierung schlecht gemanagt, der Klimaschutz vernachlässigt. Der europäische Emissionshandel ist ein wichtiges marktwirtschaftliches Instrument des Klimaschutzes, kann jedoch aufgrund des Überangebots an Zertifikaten und des resultierenden Preisverfalls seine Wirkung kaum entfalten.

Die Selbstverpflichtung der Bundesregierung muss nunmehr nach rund sieben Jahren endlich verbindlich im nationalen Recht verankert werden. Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen drängt die Bundesregierung in seinem jüngsten Gutachten, mit einem Klimaschutzgesetz klare Leitplanken für die Energiewende zu definieren.

Ein erheblicher Teil - etwa 16 Prozent - der bundesweit seit 1990 eingesparten CO2-Emissionen ist auf den Zusammenbruch der alten, extrem klimaschädlichen Industrie der ehemaligen DDR zurückzuführen. Unabhängig davon wird die Landesregierung ehrgeizige Ziele für den niedersächsischen Klimaschutz definieren.

Die Niedersächsische Regierungskommission Klimaschutz hat im Februar 2012 ihren Abschlussbericht „Empfehlungen für eine niedersächsische Klimaschutzstrategie“ vorgelegt. Die alte Landesregierung hat es aber versäumt, daraus ein verbindliches Maßnahmenprogramm mit konkreten Zielvorstellungen zu entwickeln und praktische Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Die Empfehlungen umfassen u. a. die Einrichtung einer Klimaschutzinstitution in Niedersachsen. Die Landesregierung hat diesen Vorschlag aufgegriffen und 2014 eine Niedersächsische Energie- und Klimaschutzagentur eingerichtet. Die Regierungskommission hat außerdem die besondere Bedeutung der Landnutzung für den Klimaschutz in den Fokus gerückt. Die Landesregierung greift auch dieses bereits auf und verfolgt mit ihrer Moorschutzstrategie das Ziel, die CO2-Emissionen aus Mooren zu reduzieren.

Wir fordern nicht nur den Bund zu einer rechtlichen Verankerung der Treibhausgas-Minderungsziele auf. Auch Niedersachsen muss verbindliche Ziele für den Klimaschutz definieren. Ein niedersächsisches Klimaschutzgesetz muss dabei das Ziel festlegen, den Weg zur Erreichung dieses Zieles jedoch in einem breiten gesellschaftlichen Dialogprozess definieren. Hierfür liefert der Abschlussbericht der Regierungskommission Klimaschutz eine wichtige fachliche Grundlage. Um bis 2020 einen ambitionierten Beitrag zur Erfüllung der nationalen Klimaschutzziele zu leisten, sind weitere Anstrengungen in den Bereichen Energieeinsparung und -effizienz, beim Ausbau der erneuerbaren Energien und beim Klimaschutz in der Landnutzung erforderlich.

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