Änderungsantrag: Keine Beteiligung an Rüstungsexporten in Krisen- und Konfliktregionen als Bei-trag zur Bekämpfung von Fluchtursachen

 

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen

Entschließung

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) ist Krieg die weltweit zentrale Fluchtursache. Im Jahr 2016 waren laut UNHCR rund 65 Millionen Menschen auf der Flucht, davon kommen 55% der Geflüchteten aus nur drei Staaten: Syrien, Afghanistan und Süd Sudan, in allen drei Staaten herrscht Krieg. Fluchtursachen zu bekämpfen bedeutet daher kein Export von Waffen in Gebiete in denen bewaffnete Konflikte stattfinden oder absehbar sind und kein Export von Waffen in Gebiete und Länder in denen systematische Verletzungen der Menschenrechte an der Tagesordnung sind.

Rüstungsexporte sind höchst sensibel und sollten nur in Ausnahmen an Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union und der NATO-Staaten gehen. Rüstungsexporte in Krisen- und Konfliktregionen tragen in der Regel zu einer Ausweitung und Verschärfung von Konflikten bei. Die Zivilbevölkerung ist hier besonders hart betroffen, so sind nach Schätzungen von Forschungsgruppen 80 bis 95 Prozent aller in bewaffneten Konflikten getöteten Menschen Zivilisten.

Die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ und der rechtsverbindliche Gemeinsame Standpunkt 2008/944/CFSP der Europäischen Union setzen Grenzen für den Rüstungsexport.

Der Landtag begrüßt,

  1. dass die Bundesregierung vor dem Hintergrund der völkerrechtswidrigen Intervention der Türkei im Norden Syriens geplante Rüstungsexporte gestoppt hat und den Rüstungsexport an alle im Jemen-Konflikt beteiligten Staaten ausschließt,
  2. dass sich der Bund im Rahmen der Fluchtursachenbekämpfung finanziell an der Versorgung der Flüchtlinge in den Nachbarländern Syriens sowie am Resettlement-Programm der Vereinten Nationen für Syrien beteiligt.

Der Niedersächsische Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. sich im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Mechanismen der Rüstungsexportkontrolle weiterentwickelt und dabei die vertragsgemäße Verwendung exportierter Rüstungsgüter durch Partner und Verbündete stärker Berücksichtigung findet und überprüfbarer werden muss,
  2. sich beim Bund und EU dafür einzusetzen, dass der Gemeinsame Standpunkt 2008/944/CFSP der Europäischen Union in eine Europäische Richtlinie übertragen wird, um europaweit einheitliche und hohe Standards in diesem Politikfeld zu erreichen,
  3. gegenüber der Bundesregierung die Forderung nach einem Rüstungsexportgesetz zum Ausdruck zu bringen, welches die bestehenden nationalen, europäischen und internationalen Exportrichtlinien präzisiert und sachgerecht verschärft und somit für einen transparenten und nachvollziehbaren Umgang mit Rüstungsexporten sorgt,
  4. einen verstärkten Dialog zwischen Politik, Gesellschaft und Unternehmen zu initiieren, um die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Rüstungsexportkontrolle unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und ethischer Aspekte fortzuentwickeln und dabei veränderten Konfliktdynamiken sowie der Fluchtursachenbekämpfung angemessen Rechnung zu tragen,
  5. sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass zivile Konfliktlösungsmechanismen zunehmend Anwendung finden, im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit die Stärkung der Zivilgesellschaft und administrativer Strukturen höher gewichtet werden sowie der Fluchtursachenbekämpfung – unter Anerkennung der fluchtverstärkenden Rolle von Rüstungsexporten in Konfliktregionen – ein größerer Raum in der internationalen Sicherheitspolitik eingeräumt wird.

Begründung

In den vergangenen Jahren ist eine deutliche Zunahme von Kriegen, begrenzten Kriegen und bewaffneten Konflikten festzustellen. Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung dokumentiert im Konfliktbarometer 2017 weltweit 222 bewaffnete Konflikte, zwanzig Kriege sowie 16 begrenzte Kriege. Im Vergleich zum Vorjahr sind sechs zusätzliche Kriege sowie begrenzte Kriege festzustellen, v.a. in Afrika und Asien. Gescheiterte Demokratisierungsbemühungen, beispielsweise im Rahmen des sogenannten „Arabischen Frühlings“, haben in weiten Teilen der arabischen Welt zu erheblichen Rückschritten in Rechtsstaatlichkeit, Einhaltung der Menschenrechte und Schutz für Leib und Leben geführt.

Die Bundesregierung entscheidet auch auf Basis der „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ ob Rüstungsexportgenehmigungen für den Verkauf erteilt werden. Diese Grundsätze sind einzuhalten und müssen in ein Rüstungsexportkontrollgesetz inkludiert werden. Wenn man diese Grundsätze anwendet, so können keinerlei Lizenzen für den Verkauf von Kriegswaffen und Rüstungsgütern in Krisen- und Kriegsgebiete vergeben werden.

Es muss unter allen Umständen die Verwendung deutscher Waffen- und Rüstungsgüter in Krisen- und Konfliktregionen verhindert werden um das Grundrecht der Zivilbevölkerung auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen und Konfliktregionen nicht weiter zu destabilisieren.

Die Regeln der Rüstungskontrolle bilden den rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen die Wirtschaft unter Wahrung ihrer unternehmerischen und ethischen Verantwortung ihre Geschäfte tätigt, Diese Verantwortung begrenzt sich dabei nicht nur auf Standorte im Inland, sondern gilt auch für Tochter- und Partnerunternehmen im Ausland. Politik, Gesellschaft und Wirtschaftsverbände sind aufgefordert, ihren Beitrag dazu zu leisten, die Einhaltung dieser politischen, rechtlichen und ethischen Grenzen zu sichern und bei Verstößen aktiv zu werden. Handlungsoptionen sind dabei die öffentliche Debatte, eine konsequente Sanktionierung sowie die etwaige Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmensetzungen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer und internationaler Ebene.

 

 

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