Änderungsantrag: Eine bedarfsgerechte Düngung festschreiben – die Düngeverordnung EU-rechtskonform novellieren

Antrag Fraktion der SPD und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/2165

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 17/2439

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnet, weil Deutschland die EU-Richtlinie „zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen“ (Richtlinie 91/676 EWG) nicht wie gefordert umgesetzt hat. Auch die Vorgabe der Wasserrahmenrichtlinie, das Grundwasser und die Oberflächengewässer bis Ende 2015 in einen guten chemischen und ökologischen Zustand zu versetzen, wird Niedersachsen absehbar nicht erreichen.

Neben den Nitrateinträgen in das Grundwasser sind die Phosphateinträge in Oberflächengewässer ein besonderes Problem. Der Landtag hat mit seinem einstimmigen Beschluss vom 14.05.2014 „Grundwasser und Böden schützen – ein wirksames Düngemanagement einführen“ (Drs. 17/1523) die entscheidenden Weichen für die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Düngung im Sinne der Düngeverordnung gestellt. Das mit dem Beschluss formulierte Ziel, Grundwasser und Böden zu schützen, kann mit den geltenden düngerechtlichen Vorgaben der Düngeverordnung jedoch nur unzureichend erreicht werden. Die Vorgaben der „guten fachlichen Praxis“, müssen in Bezug auf die Düngung grundsätzlich überarbeitet und mindestens gleichrangig auf den Schutz der natürlichen Ressourcen hin ausgerichtet werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf, sich bei der anstehenden Novellierung der Düngeverordnung im Bundesrat dafür einzusetzen, dass

  1. die Höchstmenge des auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen aufzubringenden organischen Stickstoffs grundsätzlich auf 170 kg pro Hektar und Jahr begrenzt wird. Dabei soll von der Derogationsregelung, die eine Düngung mit 230 kg organischem Stickstoff pro Hektar ermöglicht, nur noch Gebrauch gemacht werden können, wenn die Nichtüberschreitung des maximalen Stickstoffbilanzüberschusses nachgewiesen wurde.
  2. sämtliche zur Düngung eingesetzten organischen Stoffe, auch sämtliche Gärreste aus Biogasanlagen, Kompost, Klärschlamm, etc. sowie anorganischen Stoffe in die Nährstoffbilanzierung einbezogen werden.
  3. sämtliche Betriebe, in denen als Dünger einzusetzende organische Stoffe anfallen, (incl. flächenlose gewerbliche Tierhalter, Betreiber von Biogasanlagen, Kompostwerke, Betreiber von Kläranlagen etc.) die jährliche Nährstoffbilanz in ein standardisiertes, EDV-gestütztes Verfahren überführen. Hierzu ist die bestehende Länderermächtigung in der WDüngV, in Folge der Novellierung der DüV,  für landesrechtliche Regelungen von Meldepflichten zu erweitern, so dass auch flächenlose Betriebe als Hersteller von Wirtschaftsdünger erfasst werden.
  4. eine Länderermächtigung aufgenommen wird, die der Düngebehörde einen Datentransfer zwischen den Düngebilanzen und den Tier-und Flächendaten des Betriebes ermöglicht. Ziel dieser Regelung ist eine verbesserte Transparenz der Nährstoffströme, die der Düngebehörde deren Überprüfung und Nachverfolgbarkeit ermöglicht und für die Landwirte keinen zusätzlichen bürokratischen Aufwand bedeutet.
  5. die Düngung dem tatsächlichen Bedarf der Nutzpflanzen angepasst werden muss und der betriebliche Nährstoffvergleich einen maximalen Stickstoffbilanzüberschuss von50 kg pro Hektar und Jahr aufweisen darf. Ausnahmeregelungen für Ertragseinbußen sind vorzusehen.
  6. die Sperrfristen für die Ausbringung organischer Düngestoffe besser der Aufnahmefähigkeit der Nutzpflanzen angepasst werden. Entsprechend sind die Lagerkapazitäten für flüssigen Wirtschaftsdünger und Gärsubstrate aus Biogasanlagen auf neun Monate auszuweiten. Hierbei sind die Zeiträume der Weidehaltung und Grünlandanteile kapazitätsmindernd zu berücksichtigen.
  7. die anlagebedingten Stickstoffverluste (Lager- und Stallverlust) und die ausbringungsbedingten Stickstoffverluste nach dem Stand von Wissenschaft und Technik ermittelt und neu festgelegt werden.
  8. die zuständigen Düngebehörden der Länder ermächtigt werden, an die Beförderung von Wirtschaftsdünger durch Dritte bestimmte Anforderungen zu stellen (Zertifizierung, Zulassung etc.).
  9. die aktuelle Regelung der Düngeverordnung, nach der im Durchschnitt von sechs Jahren ein Phosphat-Bilanzüberschuss von 20 kg pro Hektar und Jahr vorliegen darf, eingeschränkt wird. Dabei ist der jeweilige Versorgungszustand des Bodens zu berücksichtigen.

Begründung

Nach Angaben des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) lag der mittlere landesweite Stickstoffbilanzüberschuss im Mittel der Jahre 2007 bis 2010 bei 109 kg pro Hektar und Jahr. In den viehstarken Landkreisen im westlichen Niedersachsen wurden – bezogen auf das Gebiet eines Landkreises – verbreitet sogar Stickstoffbilanzüberschüsse von mehr als 140 kg pro Hektar und Jahr erreicht (siehe Vorlage 8 zur Sitzung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung vom 11.02.2014). Der Stickstoffbilanzüberschuss im Bundesdurchschnitt, beträgt  im Mittel der Jahre 2009 bis 2011 97 kg pro Hektar und Jahr. Das in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung (2002 und 2012) formulierte Ziel, den Stickstoffbilanzüberschuss bis 2010 auf 80  kg pro Hektar und Jahr und in den Folgejahren weiter zu begrenzen, wird damit verfehlt.

Die Stickstoffeinträge in den Boden entstammen weit überwiegend den Stickstoffbilanz-überschüssen der Landwirtschaft. Diese werden (abzüglich der Denitrifikation) in das Grundwasser und in Oberflächengewässer eingetragen. Zum Schutz des Grund- und Oberflächenwassers muss die Düngeverordnung daher künftig sicherstellen, dass die landwirtschaftliche Düngung dem tatsächlichen Bedarf der Nutzpflanzen angepasst wird. Die Düngeverordnung weist bisher große Regelungslücken auf: Künftig müssen daher sämtliche als Dünger eingesetzten organischen wie anorganischen Stoffe in den Regelungsgehalt der Düngeverordnung und die Düngebilanzierung einbezogen werden. Dabei ist die Aufbringung von organischem Stickstoff auf maximal 170 kg Hektar und Jahr und der betriebliche Stickstoffbilanzüberschuss auf höchstens 50 kg je Hektar und Jahr zu begrenzen. Um einer unvorhersehbar geringer ausfallenden Ernte Rechnung zu tragen, sind für diese Fälle Ausnahmeregelungen vorzusehen.

Bisher sind nur landwirtschaftliche Betriebe dazu verpflichtet, eine jährliche Nährstoffbilanz zu erstellen und diese der Düngebehörde auf Verlangen vorzulegen. Gewerbliche Viehhalter, Betreiber gewerblicher Biogasanlagen etc. sind von dieser Verpflichtung bisher befreit. Wie vom Sachverständigenrat der Bundesregierung für Umweltfragen gefordert, sind künftig alle Betriebe, bei denen zur landwirtschaftlichen Düngung eingesetzte organische Stoffe anfallen, in diese Verpflichtung einzubeziehen.

Nach der geltenden Düngeverordnung bleiben große Teile des tatsächlichen Stickstoffanfalls aufgrund des möglichen Abzugs der Stall-, Lagerungs- und Ausbringungsverluste bei der Nährstoffbilanzierung völlig unberücksichtigt. Diese sog. unvermeidbaren Verluste entweichen in Form von Ammoniak in die Luft und schlagen sich auf Wälder, landwirtschaftliche Nutzflächen etc. nieder. In Teilen Niedersachsens machen diese Stickstoffdepositionen aus der Luft durchschnittlich bis zu 50 kg pro Hektar und Jahr aus. Die „unvermeidbaren Verluste“ sind daher wissenschaftlich neu zu ermitteln und auf einen praxistauglichen Höchstwert zu begrenzen. Im Zuge der Beratungen des o.g. Landtagsbeschlusses (Drs. 17/1523) ist deutlich geworden, dass das Düngerecht die für die Kontrolle der ordnungsgemäßen Düngung zuständigen Düngebehörden der Länder förmlich daran hindert, ihren Kontrollaufgaben tatsächlich nachzukommen. Daher müssen die Länder künftig zu einer Regelung ermächtigt werden, mit der sie die zu erstellenden Nährstoffbilanzen künftig obligatorisch von jedem Betrieb, der zu deren Erstellung verpflichtet ist, einfordern können.

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