Änderungsantrag: Die EU-Strukturförderung in Niedersachsen muss modernisiert werden

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Hannover, den 06.11.2012

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/4734

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien- Drs. 16/5317

EU-Strukturförderung in Niedersachsen erfolgreich fortsetzen

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP – Drs. 16/5330

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen

Entschließung

Neue Wege und neue Ziele in der Strukturförderpolitik für Niedersachsen

Die neue Ausrichtung der EU-Förderperiode und die zukünftige Umsetzung der Strukturfonds sind in Niedersachsen von großer Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt, für die Förderung benachteiligter Regionen und für eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft. Das Ziel muss sein, die Umsetzung der Strukturfonds konsequent nicht nur an dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung zu orientieren, sondern auch im Sinne eines Green New Deals zu gestalten. Angesichts der Krise und der globalen Herausforderungen, denen wir uns in Europa gegenübersehen, ist eine Neuausrichtung der Förderpolitik im Lande daher unerlässlich.

Der Landtag begrüßt

  • grundsätzlich die Vorschläge der Kommission für die Strukturfonds. Anders als in der Vergangenheit hat sie eine zukunftsweisende Lösung dafür gefunden, dass durch den Einsatz europäischer Steuergelder auch ein europäischer Mehrwert erreicht werden kann. Der Landtag stimmt daher einer stärkeren Ergebnisorientierung im Prinzip zu und unterstützt eine thematische Konzentration der Mittelverwendung, um die gemeinsamen Ziele der Strategie EUROPA 2020 zu erreichen.
  • die Aufwertung des ESF als einen wertvollen Beitrag für ein sozialeres Europa. Mit den prozentualen Festlegungen, 52% für besser entwickelte Regionen, 40% für Übergangsregionen und 25% für benachteiligte Regionen wird zudem anerkannt, dass die Vermögen nicht unbedingt immer gerecht verteilt sind und Armut auch in besser entwickelten Regionen vorhanden ist. Wir halten die europäische Vorgabe zum ESF-Anteil und die Tatsache, dass ein klar definierter Anteil für die soziale Eingliederung und die Bekämpfung der Armut vorgesehen sein soll, für einen richtigen und wichtigen Schritt.
  • die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen neuen Instrument der Partnerschaftsvereinbarung, wo zwischen Mitgliedstaaten und der Kommission sollen Partnerschaftsvereinbarungen getroffen werden, in denen konkrete Entwicklungsziele und -strategien aufzunehmen sind. Sie bilden die Grundlage für die operationellen Programme, deren Umsetzung anhand messbarer Kriterien regelmäßig überprüft werden soll. In Deutschland sollen die Länder in diese Vereinbarungen eingebunden werden. Damit sind sie bereits im Vorfeld der Programmerstellung aufgefordert, eine regionale Entwicklungs- und Innovationsstrategie vorzulegen, die Auskunft darüber gibt, wie die Gelder verwendet werden sollen. Dies macht Sinn, zumal dann, wenn die Strategie – wie von der Kommission gefordert - selbst Resultat einer ausführlichen Debatte im Lande ist. An ihr sind alle relevanten Partner (Wirtschafts- und Sozialpartner, Kommunen, Verbände, NGOs) umfassend zu beteiligen. Lokale Mitverantwortung und Mitgestaltung müssen eindeutig berücksichtigt werden.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die Ausgestaltung der operativen Programme im Bereich EFRE insbesondere an folgenden Punkten auszurichten,

  • dass die Regionen sind nach ihrem momentanen Stand in der sozioökonomischen Entwicklung zu beurteilen und in drei Entwicklungskategorien zu fördern. Damit ist mit einer „Übergangsregion Lüneburg“ eine flächendeckende Förderung für Niedersachsen sichergestellt;
  • den Ansatz der Partnerschaftsvereinbarung und den darin darzustellenden ex-ante-Konditionalitäten (Vorbedingungen), um Voraussetzungen für wirkungsvolle Investitionen sicherzustellen und damit den Erfolg der EU-Förderung in der Verantwortung gegenüber den niedersächsischen Steuerzahlern gewährleisten zu können;
  • dass alle relevanten Partner nach dem Partnerschaftsprinzip nicht nur formal, sondern real in den Prozess der Erarbeitung des Partnerschaftsvertrages einbezogen werden. Die Landesregierung muss darüber hinaus eine parlamentarische Beteiligung während des gesamten Prozesses garantieren;
  • die Vorschläge der Kommission zur Stärkung der lokalen Entwicklung unter Einbeziehung der lokalen Akteure. In der Vergangenheit hatte diese sogenannte LEADER-Methode im ländlichen Raum bereits großen Erfolg. Nun sind alle Regionen, egal ob ländliche oder städtische Gebiete, darin zu unterstützen, sich diesen Entwicklungsansatz zu eigen zu machen. Denn die lokale Mitverantwortung und Mitgestaltung hat eine Schlüsselrolle für die breite Akzeptanz und damit erfolgreiche Umsetzung der kommenden Förderperiode;
  • die Strukturfonds, dort wo es sinnvoll ist, nicht nur als einmaligen Zuschuss einzusetzen, sondern auch als Mikrokredite, Risikofonds und Darlehen zu vergeben und die Möglichkeiten für revolvierende Fonds zu verbessern;
  • dass bei den Verhandlungen die kleinen Initiativen - insbesondere im kulturellen und sozialen Bereich sowie im Bildungsbereich - Berücksichtigung finden. Dabei gilt es den bürokratischen Verwaltungsaufwand zu vermindern. Vereinfachungen im Bereich der finanziellen Abwicklung und der Finanzkontrolle sind dringend geboten. Insbesondere bei der Rechnungsprüfung sollten Projektträger im Intervall abhängig von der Größe des Projektes nur einmal einheitlich geprüft werden. Als Prinzip muss die Verhältnismäßigkeit gelten, nach der Projekte mit geringen absoluten Volumen und kleinen Unterstützungssummen nach stark vereinfachten Mechanismen abwickelt werden können. Auch die Möglichkeiten von Multifondsprogrammen vereinfachen die Umsetzung von integrierten Entwicklungsprojekten und sollten in Niedersachsen stärker genutzt werden;
  • auf die neuen Prioritäten Nachhaltiges Wachstum, Klimaschutz und Soziales Europa, insbesondere die für Investitionen in Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und CO2-armen Stadtumbau beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung einen besonderen Schwerpunkt zu legen;
  • eine Innovationsförderung (ausgehend von einem erweiterten Innovationsbegriff) aufzulegen, die sich am Leitbild der Nachhaltigkeit orientiert durch Stärkung einer ressourcenschonenden Wirtschaft, den Ausbau erneuerbarer Energien, der Stärkung dezentraler und integrativer Versorgungskonzepte und der Förderung von Energieeffizienz, verbunden mit dem Ausbau entsprechender Aus- und Weiterbildungsangebote;
  • ökologisch nachhaltige Unternehmen und ökologisch sinnvolle Projekte aus Industrie, Handwerk und Dienstleistungen massiv zu fördern. Ziele einer neuen niedersächsischen Förderpolitik sind in besonderem Maße beispielsweise die Verbesserung der Energie- oder Rohstoffeffizienz, sowie die Anpassung an den Klimawandel;
  • die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Arbeits- und Wirtschaftsleben muss mittels aktiver, ggf. gesetzlicher Maßnahmen zur Gleichstellung und effektivem Schutz von Lohndiskriminierung umgesetzt werden. Die Prinzipien des Gender Mainstreaming müssen konsequent in allen Politikfeldern verankert werden – hierzu gehört insbesondere die Umsetzung von Gender Budgeting;
  • dass die städtische Dimension wieder einen wichtigen Stellenwert durch einen festgelegten Prozentsatz von 5% im EFRE bekommt. Allerdings hat die Kommission sich auf Großstädte (cities) festgelegt. Das wird dem koordinierten Zusammenspiel zwischen städtischen und ländlichen Gebieten mit drei Metropolregionen, die drei Bundesländer und damit verschiedene Programmplanungsräume berühren nicht gerecht. Deshalb soll sich die Landesregierung für flexible Abgrenzungsmöglichkeiten einsetzen.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, die Ausgestaltung der operativen Programme im Bereich ESF insbesondere an folgenden Punkten auszurichten,

  • dass Niedersachsen eigene, vom Bund unabhängige Prioritäten festlegen kann, die sich an den Herausforderungen unseres Bundeslandes orientieren. Sinnvoll ist die Aufnahme der Armutsbekämpfung im ESF als eigenständiges Ziel;
  • die Möglichkeit des ESF, verschiedene Formen innovativer Sozialprojekte zu fördern, ist ein großer Fortschritt und sollte in Niedersachsen beim zukünftigen Einsatz dieses Fonds genutzt werden. Auch die Aufnahme der Investitionen in die Ausbildung von Fachkräften im Bereich der Green Jobs ist eine große Chance für Niedersachsen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und einer zunehmend steigenden Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften, soll sich die Förderung der Qualifizierung von Arbeitslosen und marktbenachteiligten Jugendlichen an den bestehenden Bedarfen des Arbeitsmarktes und den individuellen Bedürfnissen und Potenzialen der Betroffenen orientieren. Dabei sollten sowohl die Vorbereitung der Arbeitsfähigkeit wie auch der Erwerb von Berufsabschlüssen und die Weiterbildung im Zentrum der Förderung stehen. Die niedersächsische Förderpolitik muss insbesondere die berufliche Teilhabe von Frauen, Älteren und Menschen mit Behinderungen – mit und ohne Migrationshintergrund – in den Mittelpunkt stellen. Die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention, hier insbesondere das Recht auf selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsleben und die Schaffung von Barrierefreiheit, müssen entsprechend mit einfließen. Für Arbeitslose mit gesundheitlichen oder sozialen Beeinträchtigungen sowie für deren familiäres Umfeld sollte es darüber hinaus passgenaue Angebote geben, die auch auf soziale Integration abzielen;
  • die bisherige „Weiterbildungsoffensive für den Mittelstand“ zu konkretisieren und als „Weiterbildungsoffensive für Beschäftigte“ zu entwickeln. Es sollen nur solche Betriebe und Einrichtungen vom ESF profitieren, deren Vergütung auf Tarifverträgen oder vergleichbaren Regelungen basieren;
  • damit in Niedersachen alle jungen Menschen einen Zugang zu Ausbildung erhalten. Die Mittel des ESF sollten hierfür sinnvoll eingesetzt werden. Für junge Menschen mit besonderen Schwierigkeiten im Zugang zu Ausbildung und Beruf sollen weiterhin unsere Jugendwerkstätten sowie Produktions- und Werkstattschulen förderfähig bleiben, um einen anderen Weg in die Ausbildung zu eröffnen;
  • darüber hinaus sicherstellen, dass die Mittel des ESF so eingesetzt werden können, dass eine sozialraumorientierte und vernetzte Arbeitsmarktpolitik mit den integrierten Entwicklungskonzepten der Kommunen auf Quartiersebene koordiniert werden kann. ESF-Mittel müssen auch weiterhin für Projekte der „sozialen Stadt“, für lokale Beschäftigungsförderung und für kleine Träger zur Verfügung stehen;
  • den von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag eines Fonds für Soziales Unternehmertum als Meilenstein für die Anerkennung und Unterstützung der Sozialen und Solidarischen Ökonomie zu unterstützen und in Niedersachsen umzusetzen. Grundlage des Fonds - neben den sozialen Zielen – soll auch die Hineinnahme von ökologischen und anderen gemeinnützigen Zielsetzungen sein. Die Geldanlagen für den Fonds sollten auch für Private geöffnet werden;
  • dass die Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung (Studium)/Beruf weiterhin Förderschwerpunkt bleibt. Der Wiedereinstieg ins Berufsleben – etwa nach Familien- oder Pflegezeiten – ist häufig besonders schwer.

 

Fraktionsvorsitzender


Antrag: Keine weiteren Atommülltransporte nach Gorleben

 

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