Änderungsantrag: Den Milchbauern wirklich helfen – Milchmenge reduzieren – faire Preise ermöglichen

zum Antrag der Fraktionen CDU/FDP - Drs. 16/1202  Entlastung der Milchviehhalter in der aktuellen Notlage

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 16/1421

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Der Landtag fordert die  Landesregierung auf, sich zur nachhaltigen Unterstützung der Milchviehhalter in der derzeitigen Notlage bei EU und Bundesregierung dringend für folgende Forderungen einzusetzen:

  1. Die Milchmenge schnell um mindestens 5 % bis 10 % zu senken.
  2. Auf Exportsubventionen und andere Subventionen zur Erhöhung der Überproduktion zu verzichten.
  3. Eine flexible Mengensteuerung ab 2015 zu etablieren, mit der faire Milchpreise gesichert werden können.
  4. Keine Abschlachtprämie auf Milchkühe einzuführen, wie vom Bauernverband vorgeschlagen

Ferner wird die Landesregierung dazu aufgefordert sich in enger Abstimmungen mit anderen Bundesländern, insbesondere Bayerns, im Bundesrat umgehend dafür einzusetzen:

  1. dass die Verrechnungsmöglichkeit der Milchmengenüberschüsse (Saldierung) ausgesetzt oder begrenzt wird;
  2. dass eine klare und verbindliche Verbraucherkennzeichnung von Milchimitatprodukten und Frischmilch eingeführt wird
  3. dass der in Deutschland geltende Umrechnungsfaktor der Milchmenge von 1,02 kg/l auf 1,03 kg/l erhöht wird;

Begründung

Keine der im Antrag von CDU/FDP vorgeschlagenen Maßnahmen helfen den Milchbauern in der aktuellen Notlage. Sie haben vor allen Dingen keinen Einfluss auf den viel zu niedrigen Milchpreis,  der infolge politischer Beschlüsse, an denen auch die Landesregierung maßgeblich beteiligt war, entstanden ist. Die Landesregierung trägt daher eine Mitverantwortung für die Existenzbedrohung vieler Milchviehhalter in Niedersachsen. Sie hat in der Vergangenheit Beschlüsse maßgeblich mitgetragen und vorangetrieben, die zu dem eingetretenen Preisverfall erheblich beigetragen haben. Ein Kurswechsel ist dringend notwendig.Sie muss endlich  Maßnahmen zur Reduktion  der Milchmenge ergreifen und unterstützen, um faire Erzeugerpreise zu ermöglichen.

Selbst der Bauernverband hat, auch wenn er die falschen Maßnahmen vorschlägt, das Milchmengenproblem erkannt und wird folgendermaßen zitiert:

"Wenn man drei bis fünf Prozent der Milchkühe über ein solches Vorruhestandsprogramm aus dem Markt nähme, würde das einen Anstoß geben, damit die Preise aus der Talsohle kommen", versicherte Helmut Born, der Generalsekretär des Bauernverbandes. Anderenfalls werde es ein großes Milchbauernsterben geben, weil auch große Betriebe mit einem Preis von etwa 20 Cent je Liter ihre Kosten nicht decken könnten." (FAZnet, 6.8.09)

Die vom Bauernverband vorgeschlagene "Abwrackprämie" würde allerdings auf Tierschutzbedenken stoßen, massive Mitnahmeeffekte auslösen, den Rindfleischmarkt zerstören und den Steuerzahler viel Geld kosten, ohne eine nachhaltige Verbesserung beim Milchpreis zu erzielen. Ohne Mengenbegrenzung könnten andere Milchviehhalter innerhalb kürzester Zeit – auch unter Inanspruchnahme staatlicher Subventionen – ihre Produktion ausweiten und die Effekte damit neutralisieren.

Deutlich wirksamer ist eine vom Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) geforderte Reduzierung der Milchmenge um 5 bis 10 %.

Die EU-Kommission hat in ihrem aktuellen Milchmarktbericht darauf hingewiesen, dass die Nationalstaaten selbst Maßnahmen zur Reduktion der auf dem Markt befindlichen Milchmenge, etwa durch Abschaffung der Saldierung oder Anpassung des Umrechnungsfaktors an europäisches Niveau ergreifen können. Hier muss Niedersachsen endlich seine Hausaufgaben machen und darf die Vorstöße aus Bayern zur Einhaltung der auf dem Milchgipfel 2008 gemachten Versprechen nicht länger blockieren.

Eine Reduktion der sich am Markt befindlichen Milchmenge ergibt sich durch die Änderung des in Deutschland geltenden Umrechnungsfaktors der Milchmenge von 1,02 kg/l auf 1,03 kg/l. Hier sollte der Praxis anderer EU-Staaten gefolgt werden.

Mit einer Aussetzung der Molkerei- und Bundessaldierung verschwinden Situationen, in denen Betriebe, die ihre Quote überliefern, nicht mit Preisabschlägen rechnen müssen und daher ihre Milchmenge nicht einschränken. Das ist kontraproduktiv für die Absicht, die Milchmenge insgesamt zu reduzieren. Betriebliche Milchüberlieferungen müssen niedrige Milchpreise zur Folge haben. Die Upländer Bauernmolkerei zahlt seit ihrer Einführung einer flexiblen Mengensteuerung für betriebliche Übermengen nur noch den am Milch-"Spotmarkt" zu erzielenden Erlös (siehe Unabhängige Bauernstimme, Juli/August 2009, S.14). Außerdem muss mit politischen Entscheidungen dafür gesorgt werden, dass die aus dem Markt genommene Menge ( z.B. durch eine flexible Mengenregulierung) nicht wieder als Saldierungsmasse zur Verfügung steht.

Eine klare Kennzeichnung vergrößert die Absatzchancen für Milch und Milchprodukte ebenso wie Qualitätsprogramme und Qualitätsmarken für gentechnikfreie, artgerecht  erzeugte Milch von bäuerlichen Betrieben. Auch Ministerin Aigner weiß, dass die freiwillige Vereinbarung mit der Milchwirtschaft zur eindeutigen Kennzeichnung der Milch gescheitert ist. "Nur ein Drittel der Milch sei entsprechend der Selbstverpflichtung gekennzeichnet", berichtete der Chef des Verbraucherverbands, Gerd Billen. Das habe eine bundesweite Überprüfung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen  ergeben. Außerdem werde die traditionelle frische Milch in vielen Geschäften überhaupt nicht mehr angeboten, so Billen. Diese wurde in vielen Discountern durch ESL-Milch ("extended shelf life") ersetzt (siehe Zeit online, 17.7.09).

Wir fordern daher eine klare Pflichtkennzeichnung von Milchimitatprodukten und auch ein Verbot der Kennzeichnung von ESL-Milch als "Frisch-" oder "Länger-Frisch"-Milch. So ist dem Verbraucherschutz gedient und die Milchnachfrage kann durch den Verzicht auf Imitatprodukte erhöht werden.

Nur eine klare Milchmengenreduzierung und eine Verbesserung der Milch-Kennzeichnung  können den Milchbäuerinnen und Milchbauern in Niedersachsen schnell, wirksam und vor allem nachhaltig helfen.

Fraktionsvorsitzender

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