Änderungsantrag: Breitbandversorgung als allgemeine Daseinsvorsorge in allen Bereichen gewährleisten

(zu Drs. 16/182)
Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/182

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Der Landtag stellt fest:

Die Breitbandanbindung in Niedersachsen ist alarmierend schlecht. Jede fünfte Gemeinde in Niedersachsen ist weiterhin ohne DSL-Anschluss. Für diese Gemeinden sind verheerende wirtschaftliche Folgen zu befürchten. Auch die Zahl schneller Verbindungen oberhalb von 1 Megabyte pro Sekunde ist in vielen Teilen Niedersachsens gering. Sowohl im privaten wie auch im geschäftlichen Bereich gehört jedoch ein schneller Internetzugang heute ebenso zur Daseinsvorsorge wie Strom, Wasser oder Telefon. Das bestehende Kommunikationsinfrastrukturgefälle zwischen Ballungsräumen und ländlichen Gebieten ist nicht länger hinnehmbar.

Entgegen der ursprünglichen Hoffnung der Landesregierung regelt der Markt die flächendeckende Versorgung mit Breitbandverbindungen nicht von allein. Die Investition in ländlichen Gebieten stellt für privatwirtschaftliche Anbieter von Breitbandtechnologien in vielen Fällen keine entsprechenden Gewinne in Aussicht. Es ist zu befürchten, dass auf rein privatwirtschaftlicher Basis auch in absehbarer Zukunft keine vollständige Breitbandinfrastruktur erreicht werden kann.

Wir brauchen daher veränderte wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, um eine flächendeckende Versorgung für Bürgerinnen und Bürger, sowie Unternehmen auch in kleineren Gemeinden sicherzustellen. Dazu gehört, dass die Möglichkeit schneller Internetverbindungen heute genauso Teil der Daseinsvorsorge ist, wie Wasser, Strom oder Telefon.

Gerade der ländliche Raum darf vom Zugang zu diesen Techniken nicht abgeschnitten bleiben, um annähernd gleiche Lebensverhältnisse herzustellen.

Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf:

  1. die Bemühungen zu verstärken, eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur, die nicht auf hochfrequenten elektromagnetischen Feldern basiert, zu gewährleisten und sämtlichen Haushalten und Gemeinden in Niedersachsen Breitbandanschlüsse sicherzustellen
  2. mit einem detaillierten Breitbandbedarfsatlas – ähnlich dem Land Brandenburg - eine verlässliche Grundlage und Datenbasis für die Gemeinden und Breitbandanbieter zu schaffen.
  3.  das Verlegen von Leerleitungen bei der Erschließung neuer Wohn- und Gewerbegebiete in Kooperation mit den Gemeinden zu fördern, die technisch dahingehend gestaltet sind, dass die Nutzung durch mehrere Anbieter möglich ist, um den Wettbewerb zu fördern
  4.  insbesondere in Gemeinden im ländlichen Raum verstärkt über öffentliche Fördermittel (europäische Strukturfonds und andere Beihilfen) zu informieren und die Beratung zu verstärken
  5. die zahlreichen Initiativen von Bund, Land und Gemeinden für bessere Internetverbindungen stärker zu verzahnen, zu verstärken und besser aufeinander abzustimmen
  6. sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass auch die Breitbandanbieter über eine Ausgleichsumlage zur Finanzierung einer flächendeckenden Versorgung in ländlichen Räumen herangezogen werden
  7. sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die EG-Universaldienstrichtlinie (2002/22/EG) so ausgestaltet wird, dass damit eine technologieneutrale Verpflichtung zur flächendeckenden Versorgung anbieterunabhängig gewährleistet wird

Begründung:

Individuelle Kommunikation, wirtschaftlicher Handel und politische Meinungsäußerung finden zunehmend auch über das Internet statt. In der Informations- und Wissensgesellschaft ist der Zugang zu Breitband eine entscheidende Voraussetzung, um Teilhabe zu gewährleisten. In Niedersachsen gibt es zahllose weiße Flecken nicht angeschlossener Gemeinden und Unternehmen, die dadurch weiter an Attraktivität verlieren. Aber auch die Breitband-Geschwindigkeit ist höchst unterschiedlich. Im Landkreis Lüneburg hat rund ein Drittel aller Haushalte einen Internetanschluss unter einem Megabyte. Im Landkreis Osterholz liegt dieser Wert sogar bei 40 Prozent. Bisher gibt es nur in diesen beiden Landkreisen laut Breitband-Kataster Niedersachsen überhaupt flächendeckende Daten. In fünf weiteren Landkreisen ist eine Erhebung im Gange.

Für eine einheitliche Evaluation der Breitbandbedarfe ist daher ein Breitbandbedarfsatlas nach dem Modell des Landes Brandenburg auch in Niedersachsen überfällig.  Nur so kann eine solide Datenbasis für struktur- und wirtschaftspolitische Entscheidungen geliefert werden und kostenaufwändige Vorabreiten reduziert werden.

Gleichzeitig sind auch die Anstrengungen zur Koordination der verschiedenen Förderprogramme und Aktivitäten von EU, Bund, Ländern und Kommunen notwendig. Dass das Land laut Hannoverscher Allgemeinen Zeitung vom 25.8.2008 auf seinem DSL-Fördergeld größtenteils sitzen bleibt, wirft ein schlechtes Licht auf die Informationspolitik und die Förderstrukturen in Niedersachsen. 

Für viele finanzschwache Kommunen ist der hohe Eigenanteil ein Problem, andere haben sich lange auf die Versprechungen der Landesregierung vom freien Markt hinhalten lassen. Daher ist es nötig, klare Förderbedingungen zu schaffen, um eine flächendeckende Breitbandversorgung endlich zu gewährleisten. Dazu muss auch die EG-Universaldienstrichtlinie analog zur Post und Telefongrundversorgung so angepasst werden, dass der Anschluss "unrentabler Regionen" von der Allgemeinheit der Breitbandanbieter über eine umsatzbezogene Umlage finanziert wird. So kann sichergestellt werden, dass wirklich jede Bürgerin und Bürger Niedersachsens – egal wo sie oder er lebt - in den Genuss schneller Internetverbindungen kommt.

Fraktionsvorsitzender

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