Änderungsantrag: Ausbeutung beenden - Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie durchsetzen

Antrag Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/6814

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung - Drs. 18/9218

Der Landtag wolle den Antrag in folgender Fassung beschließen:

Entschließung

Der Landtag begrüßt das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Schlachtindustrie und fordert von der Landesregierung eine vollumfängliche Umsetzung der beschlossenen Eckpunkte sowie eine darüber hinaus gehende flankierende Begleitung mit eigenen Maßnahmen des Landes.

Konkret fordert der Landtag die Landesregierung auf:

  • Schon deutlich vor 2026 eine Kontrollquote von mindestens 5% zu erfüllen und in Risikobetrieben eine deutlich engmaschigere Kontrollquote vorzuschreiben. Hierzu sind die nötigen Voraussetzungen bzgl. des Personals zu schaffen.
  • Über das Arbeitsschutzkontrollgesetz hinausgehend geeignete Maßnahmen zu ergreifen mit dem Ziel, den von der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) geforderten Wert von einer Kontrollkraft pro 10.000 Beschäftigten umgehend einzuhalten.
  • Den Kommunen einen Rahmen vorzugeben, der einen einheitliche Ahndung möglicher Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz ermöglicht und sich dabei an neuen, höheren Sanktionsmöglichkeiten orientiert,
  • Die (Sammel-)Unterbringung von Angestellten in der Fleischindustrie durch Erlass strenger zu regeln und eine Einzelunterbringung in nicht familiären Zusammenhängen, zumindest während der anhaltenden Pandemie, zwingend vorzuschreiben,
  • Klare Regelungen für den Transfer von Arbeitskräften zu erlassen, die einen bestmöglichen Infektionsschutz auch auf dem Weg von und zur Arbeitsstätte ermöglichen,
  • Die vorgenannten Punkte regelmäßig risikobasiert zu kontrollieren und festgestellte Verstöße umgehend zu sanktionieren.

Begründung

Am 16. Dezember 2020 wurde vom Deutschen Bundestag das grundsätzliche Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in Fleischindustrie beschlossen. Hintergrund des Beschlusses waren die unhaltbaren Zustände bei der Unterbringung und den Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in der deutschen Fleischindustrie. Der Beschluss sieht u.a. folgende Ziele vor:

  • Sicherstellung der Einhaltung von Arbeits-, Infektions- und Gesundheitsschutzstandards durch zusätzliche Maßnahmen von Zoll und Arbeitsschutzbehörden sowie kommunalen Ordnungs- und Gesundheitsämtern.
  • Verbot von Werkverträgen in der Fleischwirtschaft ab dem 1. Januar 2021 und von Zeitarbeit ab 1. April 2021. Das Schlachten und die Verarbeitung von Fleisch ist dann nur noch durch Beschäftigte des eigenen Betriebes zulässig, wobei Handwerksbetriebe von dieser Regelung ausgenommen sind.
  • Verdopplung des Bußgeldrahmens bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz auf 30 000 Euro.
  • Eine Verpflichtung der Unternehmen, Mindeststandards bei der Unterbringung sicherzustellen, wird durch die Bundesregierung geprüft.
  • Um ausländische Beschäftigte in ihrer Heimatsprache über ihre Rechte sowie einschlägige Vorschriften aufzuklären, wird das Projekt „Faire Mobilität“ dauerhaft finanziell unterstützt und rechtlich abgesichert.
  • Eine von den Ländern zu erfüllende Mindestquote für Betriebskontrollen von 5 % ab 2026

Wie aus einer Antwort der Landesregierung vom 12.03.2021 hervorgeht (Drs. 18/8759) „lag die Quote der Besichtigungen, die diesem Niveau in etwa entsprechen dürften, im Jahr 2019 bei 1 %.“ 2020 sankt die Quote pandemiebedingt sogar auf einen Wert von ca. 0,6 %. Bei der letztmaligen Erhebung standen laut Antwort der Landesregierung in Niedersachsen pro 10.000 Beschäftigten 0,81 Vollzeitstellen im Bereich des Arbeitsschutzes zur Verfügung. Damit wurde der von der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) geforderte Wert von einer Kontrollkraft pro 10.000 Beschäftigten unterschritten.

Die Zahl der Arbeitsschutzkontrollen im Bereich der Schlachtung und Fleischverarbeitung sank sogar von 743 (2014) auf 380 (2020).

Die Landesregierung hat bisher keine Pflicht zur Einzelunterbringung von Angestellten der Fleischindustrie erlassen. Auch das beschlossene Niedersächsische Wohnraumschutzgesetz sieht in den formulierten Mindeststandards für Wohnraum und für Unterkünfte für Beschäftigte eine solche Regelung nicht vor.

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