Pressemeldung Nr. 14 vom

Pestizide auf Grünland:Grüne: Sieht so der „Niedersächsische Weg“ der Regierung aus?

Derzeit läuft ein Antrag auf Notfallzulassung für das Insektengift „Steward“ gegen den Wiesenschnakenbefall in Nordwest-Niedersachsens.

Darum geht’s

Derzeit läuft ein Antrag auf Notfallzulassung für das Insektengift „Steward“ gegen den Wiesenschnakenbefall in Nordwest-Niedersachsens. Dieses Insektengift hätte negative Auswirkungen auf die Wiesenvögel. Grundsätzlich sind Insektizide auf Grünland nicht zulässig. Dennoch steht das Landwirtschaftsministerium der Ausnahmegenehmigung positiv gegenüber, wie aus einer Antwort auf eine Grünen-Anfrage hervorgeht. Die Grünen kritisieren, dass dies dem angekündigten Artenschutzprogramm der Landesregierung widerspricht. Außerdem riskiert Niedersachsen damit ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren durch die EU.

Das sagen die Grünen

Miriam Staudte, agrarpolitischen Sprecherin, und Christian Meyer, naturschutzpolitischer Sprecher

„Die Antwort von Landwirtschafts- und Umweltministerium ist ein Armutszeugnis. Es belegt vor allem eines: Beim Einsatz von Giften auf Grünland gibt es keine gemeinsame Linie. In ihrer gemeinsamen Antwort betonen Otte-Kinast und Lies, der Einsatz von Insektiziden auf Grünland werde nur „zum Teil kritisch gesehen“. Das muss in diesem Fall so verstanden werden, dass das eine Ministerium dies befürwortet, das andere nicht. Die Idee der beiden Häuser, nur Grünland in Vogelschutzgebieten von Insektiziden freizuhalten, greift viel zu kurz. Vögel kennen die Grenzen der Schutzgebiete nicht.

Das sich abzeichnende Vorgehen bei Pestiziden auf Grünland zeigt, dass es mit dem von Lies und Otte-Kinast angekündigten „Niedersächsischen Weg“ für den Natur- und Artenschutz nicht sehr weit her ist. Wenn der Landesregierung die Wiesenvögel am Herzen liegen würden, erwarten wir insbesondere von der Agrarministerin eine klare Positionierung, die den Einsatz von Pestiziden auf Wiesen ausschließt. Schon jetzt haben wir dramatische Rückgänge bei den Populationen von Wiesenvögeln zu verzeichnen. So ist der niedersächsische Bestand der Uferschnepfe ist in den vergangenen 15 Jahren um fast 70 Prozent gesunken.“

Hintergrund

Neben der großflächigen Mäuseplage ist vor allem der Befall durch die Wiesenschnake (Tipula) ein Problem in den Grünlandregionen Nordwest-Niedersachsens. Aktuell sind ca. 35 000 ha Grünland von den wurzelfressenden Insektenlarven befallen. Wie eine durch die Grünen beantragte Unterrichtung im Agrarausschuss offenbarte, läuft derzeit ein Antrag auf eine Notfallzulassung beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für das Insektizid „Steward“. Das Landwirtschaftsministerium rechnet demnach mit einem positiven Bescheid, sodass dieses nach einer behördlichen Genehmigung eingesetzt werden könnte.

Bei „Steward“ handelt es sich um ein Insektizid aus dem Obstbau, dass nicht für die Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich zugelassen ist und nur mit Sachkundenachweis verwendet werden darf. Die allgemeine Zulassung für das Mittel des Herstellers DuPont de Nemours (Deutschland) GmbH läuft am 31.10.2020 aus.

Den Antworten auf eine Grünen-Landtagsanfrage lässt sich entnehmen, dass die Ministerien durch den flächendeckenden Einsatz „negative Auswirkungen auf die Nahrungsbasis von Wiesenvogelarten“ vermuten, die in den „ausgewiesenen Vogelschutzgebieten“ vermieden werden sollten.

Über den Einsatz des Mittels besteht zwischen dem Umweltministerium und den Landwirtschaftsministerium Uneinigkeit. Dies belegt nicht nur das Protokoll der Unterrichtung, sondern auch die Antwort der Landesregierung an die Grünen. Danach wird „der Einsatz eines nicht selektiv wirkenden Boden-Insektizids gegen Tipula-Larven in Wiesenvogelschutzgebieten zum Teil kritisch gesehen.“

Mit Blick auf die sehr starken Rückgänge der Wiesenvogelzahlen räumte ein Vertreter des Umweltministeriums im Rahmen der Unterrichtung offen Probleme mit der EU ein: „Wenn von Regierungsseite Maßnahmen zugestimmt wird, durch die die Bestände weiter zurückgehen, […] haben wir das nächste Vertragsverletzungsverfahren am Hals.“

Erst am 02. März hatten Umweltminister Lies und Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast gemeinsam einem „Niedersächsischen Weg“ vorgestellt, der ein Maßnahmenpaket für den Natur-, Arten- und Gewässerschutz darstellen soll.

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