Pressemeldung Nr. 2 vom

Risskorrosion im AKW Emsland:Grüne: Not-Halt bis Mängel überprüft sind

Ein Atomkraftwerk darf nicht im Blindflug betrieben werden. Das AKW Emsland muss sofort abgeschaltet werden, bis jedes einzelne Rohr überprüft ist. Umweltminister Lies vernachlässigt seine Aufsichtspflicht und nimmt damit die Gefahr von Störfällen in Kauf. Der Betreiber RWE und die Atomaufsicht handeln nach dem Prinzip Hoffnung, dass der alte Kessel noch bis zum Laufzeitende durchhält.

Darum geht’s

Das letzte Betriebsjahr des Atomkraftwerks Emsland in Lingen ist angebrochen. Spätestens zum Jahresende 2022 wird es im Zuge des Atomausstiegs endgültig vom Netz gehen. Die Grünen im Landtag äußern nun scharfe Kritik am Sicherheitsmanagement von SPD-Umweltminister Olaf Lies. Trotz bekannter Korrosionsprobleme verweigert die Atomaufsicht weiterhin eine vollständige Überprüfung aller potentiell betroffenen Rohre, wie eine grüne Anfrage belegt.

Das sagen die Grünen

Miriam Staudte, atompolitische Sprecherin

„Ein Atomkraftwerk darf nicht im Blindflug betrieben werden. Das AKW Emsland muss sofort abgeschaltet werden, bis jedes einzelne Rohr überprüft ist. Umweltminister Lies vernachlässigt seine Aufsichtspflicht und nimmt damit die Gefahr von Störfällen in Kauf. Der Betreiber RWE und die Atomaufsicht handeln nach dem Prinzip Hoffnung, dass der alte Kessel noch bis zum Laufzeitende durchhält. Das ist ein eklatanter Bruch des öffentlichen Versprechens, dass höchste Sicherheitsanforderungen bis zum letzten Betriebstag umgesetzt würden.

Wer nicht in die dunklen Ecken guckt, will die Probleme offensichtlich nicht sehen. Lies ignoriert die Erkenntnisse aus dem baugleichen AKW Neckarwestheim. Dass es im AKW Lingen seit 2020 keine neuen Meldungen von Rostschäden gibt, ist keine Entwarnung. Der besorgniserregende Grund: Es wurde schlicht nicht weiter gesucht. Im Gegensatz zu Niedersachsen lässt die Atomaufsicht in Baden-Württemberg jedes Jahr alle Dampferzeugerrohe auf voller Länge überprüfen. Dort wurden Rostschäden nun auch in Bereichen gefunden, die bislang als unproblematisch galten und im AKW Emsland noch gar nicht untersucht wurden.“

Hintergrund:

Im Atomkraftwerk Emsland wurden 2019 Risse an zwei Dampferzeuger-Heizrohren entdeckt. 2020 musste erneut ein schadhaftes Rohr verschlossen werden, an einem weiteren Rohr wurde fortschreitender Lochfraß festgestellt. Lediglich ein Teil der 16.000 Dampferzeuger-Heizrohre wurde 2019 und 2020 im Rahmen von „Sonderprüfungen“ untersucht. Weitere Prüfungen sind auch bei der anstehenden Jahresrevision 2022 nicht vorgesehen. Aktuell gebe es „keine Hinweise, die auf einen aktiven Korrosionsmechanismus innerhalb der Dampferzeuger hinweise,“ heißt es in der Regierungsantwort an die Grünen.

Grüne fordern wie die Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt und das ‚Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland‘ eine vollständige Durchleuchtung aller Rohre. Betreiber und Atomaufsicht benennen Korrosion als Ursache der Schäden, diese sei auf den Eintrag von Verunreinigungen zurückzuführen. Im AKW Emsland und im AKW Neckarwestheim II wurden jeweils die gleichen Gegenmaßnahmen ergriffen: Vorsorgliches Verschließen potenziell betroffener Kondensatorrohre, Spülungen der Dampferzeuger-Rohre und eine engmaschigere Kontrolle der wasserchemischen Parameter. Dennoch werden im AKW Neckarwestheim bislang jährlich neue Roststellen identifiziert – nun auch an den sog. „kalten Enden“ der Rohre. Wegen der fortschreitenden Korrosion klagt .ausgestrahlt aktuell auf sofortige Stilllegung des AKW Neckarwestheim II vor dem Verwaltungsgericht Mannheim.

Die nur 1,23 mm dicken Wände der Dampferzeuger-Heizrohre sind die sicherheitstechnisch wichtige Barriere zwischen dem radioaktiven Reaktorkreislauf (Primärkreislauf) und dem nicht-radioaktiven, die Turbinen antreibenden Wasser-Dampf-Kreislauf (Sekundärkreislauf). Bereits der Bruch eines einzigen der mehr als 16.000 Rohre stellte einen schweren Kühlmittelverluststörfall dar, weswegen alle von Spannungsrisskorrosion betroffenen Rohre umgehend verschlossen werden müssen.

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