Pressemeldung Nr. 11 vom

Geflüchtete in Niedersachsen unbürokratisch aufnehmen und vor Ort humanitär unterstützen:GRÜNE fordern Geflüchteten-Gipfel und legen Zehn-Punkte-Papier vor

Das Land ist gefordert, ein Aufnahmekonzept zu erstellen, das beginnend mit der Aufnahme und für die Dauer des Aufenthalts Ziele und Zuständigkeiten beschreibt, wie Geflüchtete gut aufgenommen werden und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das schließt ausdrücklich und insbesondere die Feststellung von Bedarfen besonders Schutzbedürftiger und Traumatisierter ein.

Darum geht's

Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine herrscht Krieg in Europa. Es sind starke Fluchtbewegungen aus der Ukraine zu verzeichnen. Die EU hat vereinfachte Regularien zur Einreise für Ukrainer*innen beschlossen. Deutschland und Niedersachsen sind nun aufgerufen, im Sinne der Menschlichkeit eine unbürokratische Aufnahme der Geflüchtete zu gewährleisten und eine optimale Versorgung zu sichern. Die Grünen im Landtag begrüßen, dass die Ampelregierung im Bund wie die Landesregierung und insbesondere die Kommunen diese Herausforderung offensiv annehmen und erste Weichen gestellt haben. Allerdings sind für eine schnelle Aufnahme und Betreuung der Menschen aus der Ukraine eine ganze Reihe konkreter Maßnahmen durch das Land notwendig, insbesondere um die Kommunen, die die Hauptlast tragen, zu unterstützten. Die Grünen im Landtag fordern einen niedersächsischen Geflüchteten-Gipfel und legen ein Zehn-Punkte-Papier für die schnelle Aufnahme und insbesondere auch weitere Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine vor. Dies gilt auch für Menschen aus Drittstaaten, die aus der Ukraine zu uns kommen.  

Das sagen die Grünen

Hans-Joachim-Janßen, Sprecher für Migrationspolitik

Es ist erfreulich, dass Europa jetzt vereinfachte Regularien zur Einreise Geflüchteter aus der Ukraine erlassen hat. Damit erhalten geflüchtete Ukrainer*innen in der EU ein zumindest einjähriges Aufenthaltsrecht ohne das Asylverfahren durchlaufen zu müssen.  Es ist gut, dass auch Niedersachsen erste Weichen gestellt hat, Geflüchtete unbürokratisch in Niedersachsen aufzunehmen und möglichst dezentral unterzubringen. Besonders freue ich mich und bin dankbar dafür, dass es bereits viele überzeugende Ansätze zur kurzfristigen und unbürokratischen Hilfe aus der Zivilgesellschaft gibt.

Es ist zu erwarten, dass die Zahl auch der in Niedersachsen ankommenden Geflüchteten schnell anwachsen wird. Viele der Ankommenden sind traumatisiert und haben besonderen Unterstützungsbedarf. Überwiegend kommen bislang Frauen, Kinder und Jugendliche zu uns. Es ist nicht zu erwarten, dass die Geflüchteten zeitnah in ihre Heimat zurückkehren können. Auf diese Gesamtsituation muss sich Niedersachsen jetzt vorbereiten. Wir haben dafür – nicht zuletzt auch auf Grundlage der Erfahrungen aus 2015 - ein Zehn-Punkte-Papier vorgelegt. Diese Vorschläge sollen nicht nur für Menschen mit ukrainischem Pass, sondern gleichermaßen auch für Geflüchtete aus Drittstaaten gelten, die aus der Ukraine fliehen.

Wir fordern deshalb kurzfristig einen Geflüchteten-Gipfel, der die verschiedenen Akteure in Niedersachsen an einen Tisch holt, um das Zusammenwirken der verschiedenen Behörden und Organisationen bestmöglich miteinander zu verzahnen. Das Land ist gefordert, ein Aufnahmekonzept zu erstellen, das beginnend mit der Aufnahme und für die Dauer des Aufenthalts Ziele und Zuständigkeiten beschreibt, wie Geflüchtete gut aufgenommen werden und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das schließt ausdrücklich und insbesondere die Feststellung von Bedarfen besonders Schutzbedürftiger und Traumatisierter ein.

Zehn Punkte für eine schnelle Aufnahme und Betreuung der Ukraine-Geflüchteten:

  1. Unterstützung vor Ort

    Kommunen brauchen schnelle Unterstützung von Land und Bund, auch  damit die Registrierung Geflüchteter schnell, dezentral  und reibungslos ablaufen kann.

     

    2.      Selbstbestimmung und soziale Gemeinschaft stärken

    Bei der Bestimmung des Wohnortes sind Wünsche soweit wie möglich zu berücksichtigen, damit bestehende Beziehungen nicht auseinandergerissen werden. In dieser traumatisierenden Situation ist das soziale Umfeld von besonders großer Bedeutung.

     

    3.      Schutz für jene, die besonders gefährdet sind

    Grundsätzlich müssen Gemeinschaftsunterkünfte Privatsphäre ermöglichen. Geschützte Räume und die Möglichkeit, jederzeit Ansprechpartner*innen zu finden,  braucht es besonders für Frauen, Kinder sowie Menschen der LGBTIQ+ Community.

     

    4.      Förderung haupt- und ehrenamtlicher Strukturen aus Landesmitteln

    Organisationen, die sich in der Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten engagieren, müssen auch durch Landes- und Bundesmittel stärker gefördert werden. Die bewährten Strukturen der Migrationsberatung müssen zeitnah ausgebaut werden.

     

    5.      Trauma­-sensibles Arbeiten fördern

    Landesaufnahmebehörde, örtliche Ausländerbehörden sowie Sozial- und Jugendämter sollten in engem Kontakt mit dem Netzwerk für traumatisierte Geflüchtete in Niedersachsen (NTFN) stehen, um Beratungs- und Unterstützungsangebote zeitnah auf den Weg zu bringen. Die vorhandenen Strukturen des Netzwerks und Anderer müssen finanziell gestärkt und ausgebaut werden.

     

    6.      Kindern sofort Zugang zu Bildungsangeboten geben

    Ziel muss es sein, dass Kinder möglichst schon vom ersten Tag an in die Schule oder Kita gehen und auch andere Bildungsangebote schnell nutzen können. Deshalb müssen Kindertagesstätten, Schulen und die offene Kinder- und Jugendarbeit auf die Aufnahme und Betreuung geflüchteter Kinder und Jugendlicher vorbereitet werden. Das Land muss dafür sorgen, dass zeitnah überall genügend unterstützende Fachkräfte und Übersetzungsdienste bereit stehen, und die Kosten dafür decken.

     

    7.      Infektionsschutz und medizinische Versorgung gewährleisten

    Das Land muss im Zusammenwirken mit den Kommunen die medizinische Versorgung sicherstellen und zeitnah Konzepte für den Infektionsschutz insbesondere im Hinblick auf die Corona-Pandemie erarbeiten. In Zusammenarbeit mit den Ersatzkassen ist zeitnah auf die Einführung der Gesundheitskarte zur vereinfachten Wahrnehmung ärztlicher Notfall-Leistungen hinzuwirken. Das Ethnomedizinische Zentrum Hannover mit dem Projekt "Mit Migranten für Migranten" ist als Beratungsinstitution einzubeziehenn und auszubauen.

     

    8.      Beschäftigung sichern

    Das Land muss sicherstellen, dass alle Kommunen die Vorgaben des Bundes und des Landes zur Erteilung von Beschäftigungserlaubnissen uneingeschränkt umsetzen.

     

    9.      Qualifikationen anerkennen

    Ukrainische Berufsqualifikationen sind soweit möglich anzuerkennen. Sollte es erforderlich sein, müssen Angebote zur Nachqualifikation geschaffen werden.

     

    10.   Teilhabe stärken

    Ukrainische Geflüchtete sowie auch Angehörige anderer Staaten, die aus der Ukraine geflohen sind, benötigen flächendeckend und schnell Zugang zu Sprach- und Integrationskursen, um ihnen für die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland zumindest ein Minimum an gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Deshalb sind Sprach- und Integrationskursangebote auszuweiten und mit Mitteln des Bundes und des Landes zu finanzieren.

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