Pressemeldung Nr. 69 vom

Corona-Krise bringt Club- und Festivalszene in Gefahr:Grüne: Clubs nicht länger wie Spielotheken behandeln – Land muss umdenken und Clubkultur fördern

Die Krise der Clubs und vielen kleinen Festivals ist nicht selbstverschuldet. Sie wurden in der Corona-Krise mit als erstes geschlossen und sind dies noch immer. Von der Landesregierung und Kulturminister Thümler gibt es außer Nothilfen bisher nichts. Im stolz ausgebreiteten Stufenplan der Landesregierung für den Weg aus der Krise, finden die Clubs nicht statt. Dies gefährdet die Club- und die Festivalszene in ihrer Existenz!

Eva Viehoff, kulturpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion und Gunnar Geßner vom Vorstand des KlubNetz e.V. beim Pressegespräch

Darum geht‘s

Die kleinen Clubs und Festivals sind über die Kultur hinaus in Wirtschaft und Gesellschaft verwurzelt. Sie sind oft Motor für Neues, stehen für kulturelle Vielfalt in Niedersachsen, besonders auf dem Lande, wo die Bemerkung „Da ist nichts los!“ eine ganze Region schnell in Verruf bringen kann. Seit März sind die Clubs geschlossen und die Festivals abgesagt. Für die Clubs- und Festivalszene bedeutet die Corona-Krise: „Als erstes geschlossen, als letztes wieder auf!“. Das gilt auch in Niedersachsen und daher gibt es – Stand heute – auf absehbare Zeit keine Perspektiven für die Club-und Festivalszene, auch weil die Landesregierung bisher wenig Hilfe bietet.

Viele Clubs und Livemusikspielstätten agieren generell im Grenzkostenbereich. Große finanzielle Polster bauen sich nicht auf. Für sie gilt meist: Tür-Deals mit Künstler*innen, selbstständige Techniker*innen, die mit den Bands anreisen, kleine Teams mit sehr hohem Anteil an 450 €-Kräften und kein Kündigungsschutz, kaum langfristige Investitionen mit entsprechenden Kreditverpflichtungen. Trotz ersten Nothilfen und Kurzarbeitergeld bleibt die Situation sehr fragil und kann schnell in ein Aussterben der Clubkultur münden.

Die Erfahrung zeigt: Wenn ein Club geschlossen wird, bleibt er dies für immer. Der Standort ist für die Musik verloren. Hier besteht also eine Gefahr für die gesamte Club- und Festivalkultur, die deshalb struktureller langfristiger Hilfe bedarf. Denn auch die, denen es gut geht (bzw. gut ging, bis Corona kam), sind in Gefahr.

Anders als der Bund und etliche andere Bundesländer hat das Land Niedersachsen sich bisher kaum um die Clubs und Festivals gekümmert. Zwar konnten sie kurzfristige Hilfe über die NBank erhalten. Dies reichte für eine erste kurzfristige Überbrückung, nicht für das langfristige Überleben.

Die Grünen im Landtag fordern daher von der Landesregierung, aktiv zu werden, um einer bis März sehr lebendigen Szene in Niedersachsen eine Chance zu geben. Dem Landtag liegt ein Grünen-Antrag vor, der dieses zum Ziel hat und nach der Sommerpause beraten und entschieden werden soll. Dazu gehört neben finanzieller Unterstützung auch, dass Clubs nicht länger als bloße Vergnügungsstätten wie Spielotheken behandelt werden, sondern als Kulturstätten anerkannt und damit auch so gefördert werden.

Das sagen die Grünen

Eva Viehoff, kulturpolitische Sprecherin:

„Die Krise der Clubs und vielen kleinen Festivals ist nicht selbstverschuldet. Sie wurden in der Corona-Krise mit als erstes geschlossen und sind dies noch immer. Von der Landesregierung und Kulturminister Thümler gibt es außer Nothilfen bisher nichts. Im stolz ausgebreiteten Stufenplan der Landesregierung für den Weg aus der Krise, finden die Clubs nicht statt. Dies gefährdet die Club- und die Festivalszene in ihrer Existenz! Deshalb fordern wir längerfristige finanzielle Überbrückungshilfen. Clubs sind Teil der Kulturvielfalt und dürfen nicht länger wie Spielotheken als Vergnügungsstätten behandelt, sondern müssen anderen Kulturstätten gleichgestellt werden. Die Landesregierung und ihr Kulturminister sind gefordert, mit einem Gesamtkonzept die Club- und Festivalkultur in Niedersachsen vor dem Aus zu retten und langfristig zu sichern.“

Das sagt KlubNetz e.V.

Gunnar Geßner, Vorstand:

„Die Corona-Krise wurde schon als ‚Naturkatastrophe in Zeitlupe‘ bezeichnet. Ganz ähnlich fühlt es sich für die Club- und Festivalkultur an. Das heißt auch, dass uns die Krise noch lange beschäftigen wird. Die bisherige Unterstützung hat schon geholfen, aber sie wird angesichts der Dauer der Einschränkungen für die Clubkultur nicht ausreichen. Jede Dimension der Club- und Festivalkultur, die kulturelle, wirtschaftliche und soziale, hat ihre Bedeutung in unserer komplexen, vernetzten und agilen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Sie muss die Krise überleben.“

Hintergrund

KlubNetz e.V. ist der Verband der niedersächsischen Konzertkulturschaffenden. Er vereint zurzeit (Juli 2020) landesweit 33 Spielstätten, Clubs, Festivals, Veranstalter*innen und Kulturzentren. Das Ziel ist, die Konzertkultur in Niedersachsen zu stärken und zu entwickeln. Der Livemusik eine Bühne zu geben, ist die verbindende Leidenschaft. Diese Bühne kann größer oder kleiner, auf Dauer oder temporär sein, sie kann ruhige Klänge oder wildes Gebrülle beheimaten, sie kann bekannt oder Geheimtipp sein – die große Klammer ist handgemachte Musik, sei es mit Stimme, Instrument, Elektronik oder Plattenteller. Unsere Spielstätten sind Experimentierfeld, Nährboden, Startrampe, Alltagskultur, Chance und eine große Bereicherung für jede Kommune. Deshalb wollen wir gemeinsam bessere Rahmenbedingungen für sie schaffen, vereint in der Öffentlichkeit auftreten und Ansprechpartner für die Belange des Nachtlebens gegenüber der Landes- und Kommunalpolitik sein.

KlubNetz e.V. ist Mitglied im Bundesverband LiveKomm, im Landesmusikrat Niedersachsen und kooperiert mit dem „Clubverstärker Bremen und umzu“ für die nördlichen Spielstätten.

Mitglieder sind:

Hannover: 30666 - City of Metal, Béi Chéz Heinz, Bronco’s Bar, Café Glocksee, Fährmannsfest, FAUST, Feinkost Lampe, Fuchsbau Festival, Indiego Glocksee, Jugendkirche Hannover, Kulturpalast Linden, Marlene, Moyn Moyn Festival (in Oyten bei Bremen, aber Orga-Team in Hannover), MusikZentrum Hannover, Platzprojekt, SNNTG Festival, Subkultur, Tonhalle. Göttingen: EXIL Rock Music Club, Jazzfestival Göttingen, Musa, Nörgelbuff. Hildesheim: KulturFabrik Löseke, Wohnzimmer. Lüneburg: Lunatic Festival, Salon Hansen, Studio21, VAMOS. Braunschweig: Westand. Nienburg: Kulturwerk. Bückeburg: Schraubbar. Querenhorst: Aerie Festival. Wolfenbüttel: Landesmusikakademie.

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