Pressemeldung Nr. 77 vom

GroKo muss Zusage einhalten:Anja Piel: Jugendwerkstätten brauchen verlässliche Finanzierung

„Seit Jahrzehnten leisten die Jugendwerkstätten in Niedersachsen unverzichtbare Arbeit, um zu verhindern, dass Jugendliche, die aus schwierigen Verhältnissen kommen, keinen Schulabschluss haben oder psychisch belastet sind, auf der Straße landen.“

Darum geht’s

Rund 140 Jugendwerkstätten und so genannte Pro-Aktiv-Centren sind in Niedersachsen für erwerbslose Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen und ohne Schulabschluss eine wichtige Anlaufstelle. Sie können sich dort mit professioneller Hilfe auf vielfältige Weise beruflich orientieren und qualifizieren, um einen Weg ins Berufsleben zu finden. Die Jugendlichen bekommen zielgerichtet Hilfe, ihren Hauptschulabschluss nachzuholen, Förderunterricht, Praktika in Werkstätten zu verschiedenen Berufsgruppen, und Ausbildungen. Sie werden durch Fachpersonal persönlich unterstützt und stabilisiert. An erster Stelle steht die Unterstützung dabei, Selbstvertrauen und Eigenständigkeit zu gewinnen.

Die Finanzierung der Jugendwerkstätten aus Mitteln der EU, des Landes, der Kommunen und der Agentur für Arbeit ist jedoch komplex und bislang immer nur befristet. Aktuell läuft die Förderung aus dem EU-Sozialfonds 2020 aus, die zusammen mit dem Landesanteil einen Großteil ausmacht. Anfang 2019 hatten die Regierungsfraktionen von SPD und CDU im Landtag die Regierung aufgefordert, für eine dauerhafte verlässliche Absicherung der Jugendwerkstätten zu sorgen. Davon ist aktuell nichts mehr zu sehen. Die Absprachen zwischen mehreren Ressorts ziehen sich hin. Gleichzeitig wird den Kommunen signalisiert, dass sie für künftig wegfallende EU-Mittel möglicherweise einspringen müssten.

Das sagen die Grünen

Anja Piel, Fraktionsvorsitzende und jugendpolitische Sprecherin

„Seit Jahrzehnten leisten die Jugendwerkstätten in Niedersachsen unverzichtbare Arbeit, um zu verhindern, dass Jugendliche, die aus schwierigen Verhältnissen kommen, keinen Schulabschluss haben oder psychisch belastet sind, auf der Straße landen. Landesweit betrifft das derzeit etwa 10.000 junge Menschen, die ohne diese Hilfe keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Bevor sie sich ernsthaft auf eine Lehrstelle bewerben können, müssen sie zunächst sozial und persönlich stabilisiert und in die Lage versetzt werden, in einem geregelten Alltag zu leben und sich zu qualifizieren. Diese anspruchsvolle Arbeit leisten die Teams der rund 140 Jugendwerkstätten und Pro-Aktiv-Centren.

Es ist unverantwortlich, dass diese unschätzbar wertvollen Einrichtungen von Projektphase zu Projektphase um ihre Finanzierung bangen müssen. Dies zu ändern hatten SPD und CDU Anfang des Jahres angesichts des drohenden Auslaufens der EU-Fördermittel angekündigt. Das versprochene Finanzierungskonzept hat die Landesregierung aber nicht geliefert. Aus Gesprächen mit Verantwortlichen der Jugendwerkstätten, wie heute beim Besuch der Diakonie-Einrichtung „juniver“ in Hannover, wissen wir, dass die permanente finanzielle Unsicherheit die eigentliche Arbeit mit den Jugendlichen enorm belastet.

Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, hier schnell ein klares Signal zu geben und die Finanzierung der Jugendwerkstätten langfristig und verlässlich abzusichern. Es geht dabei um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag, um Geld, das gut und richtig investiert ist, um Jugendlichen mit Problemen einen Weg ins Berufsleben und einen Start in ein selbstbestimmtes Leben zu ebnen. Wir werden dies in den Haushaltsberatungen für 2020 beantragen. Im benachbarten NRW ist die Finanzierung der Jugendwerkstätten seit 2011 mit dem Programm ‚Kein Abschluss ohne Anschluss‘ verlässlich geregelt. Das muss in Niedersachsen auch passieren.“

Hintergrund

Niedersachsen gibt es nach Angaben des Landes 95 Jugendwerkstätten und 44 Pro-Aktiv-Centren, Träger sind unter anderem das Diakonische Werk und der Paritätische Wohlfahrtsverband. Ca. 10.000 Jugendliche in Niedersachsen haben derzeit ohne Hilfen und Begleitung keine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Bisher werden Jugendwerkstätten zu etwa 90 Prozent und je zur Hälfte aus Landes- und EU-Mitteln gefördert. Diese Finanzierung läuft zum Ende der Förderperiode 2020 aus. Im Entschließungsantrag „40 Jahre Erfolgsgeschichte – Niedersächsische Jugendwerkstätten nachhaltig stärken“ vom 15.01.2019 fordern SPD und CDU die von ihr gestellte Landesregierung auf „zeitnah ein Konzept vorzulegen, damit die niedersächsischen Jugendwerkstätten ab 2021 Planungssicherheit haben“. Nun stellt sich aber heraus, dass sich die interministeriellen Absprachen zwischen dem Sozialministerium, dem Finanzministerium und dem Europaministerium hinziehen. Eine Übergangsfinanzierung basiert auf nicht abgerufenen Restmitteln des auslaufenden Förderprogramms.

Zurück zum Pressearchiv