Abschiebung in den Kosovo - Offener Brief von Volker Beck (MdB) und Filiz Polat (MdL) an Christian Wulff

"Wir möchten Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, bitten, die Abschiebung der Familie Zizaku zu verhindern und sich für ein weiteres Bleiberecht in Deutschland einzusetzen."

An den
Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen
Christian Wulff

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

morgen, am 17. März 2010, soll die Familie Zizaku aus Holdorf im Landkreis Vechta in die Republik Kosovo abgeschoben werden. Betroffen von der Abschiebung sind die Mutter, vier Töchter im Alter von 19, 18, 16 und 14 Jahren, sowie die 2 Jahre alte Enkelin. Die Familie kam im Jahre 1993 nach Holdorf, wo der Vater im Jahre 1995 starb und auch beerdigt ist. Keines der Kinder hat einen Bezug zum Kosovo – sie alle sind in Deutschland aufgewachsen und sind teilweise hier geboren.

Wir möchten Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, bitten, die Abschiebung der Familie Zizaku zu verhindern und sich für ein weiteres Bleiberecht in Deutschland einzusetzen.

Die Ausländerbehörde in Vechta sah nach dem neuen Bleiberecht keine Möglichkeit, die Familie Zizaku weiterhin in Deutschland zu dulden. Die gegen diese Entscheidungen gerichteten Rechtsmittel blieben vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg erfolglos. Bereits im Jahre 2006 hatte sich der Petitionsausschuss des Landtages Niedersachsen mit der Sache befasst. Dort hatte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt, diesen Fall als ausländerrechtlichen Härtefall anzuerkennen. Die Landtagsmehrheit von CDU und FDP lehnte jedoch die Anerkennung eines Härtefalls ab. Eine Abschiebung scheiterte damals jedoch an der Intervention der UNMIK, der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen im Kosovo, da kein Wohnraum für die Familie im Kosovo vorhanden war. Dies hat sich bis heute nicht verändert.

Zugleich entwickelte sich in Deutschland mannigfaltige Unterstützung:  Die Lehrerin der Mädchen, Frau Hilde Fritz, verfasste gemeinsam mit Herrn Prof. Orth (Seminar für evangelische Theologie der TU Braunschweig) u.a. über die älteste Tochter Fetijane im Jahr 2007 ein Buch, das ihre Integrationsbemühungen eindrücklich zeigt und das als ermutigendes Beispiel für die Integration muslimischer  Schülerinnen und Schüler dienen kann (G. Orth / H. Fritz: "... und sei stolz auf das, was du bist" - Muslimische Jugendliche in Schule und  Gesellschaft, RPE Stuttgart 2007).  Zudem gründete sich ein Unterstützerfonds, der dazu dient, den Differenzbetrag einer Unabhängigkeit von öffentlichen Mitteln beizusteuern.

Bitte setzen Sie sich ein für eine humanitäre Lösung für diese Mädchen und Frauen, die im Kosovo in eine existentielle Perspektivlosigkeit geflogen werden. Bitte stornieren Sie den für morgen geplanten Flug der Familie Zizaku in die Republik Kosovo.

Mit freundlichen Grüßen,

Volker Beck (MdB)
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer
und menschenrechtspolitischer Sprecher
der Bundestagsfraktion

Filiz Polat (MdL)
Migrationspolitische Sprecherin der
niedersächsischen Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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