Rede Ursula Helmhold: Zertifizierung von Pflegeeinrichtungen unterstützen

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Anrede,
mit Wirkung vom 1.1.2002 trat das Pflegequalitätssicherungsgesetz in Kraft. Das im SGB XI neu eingefügte Elfte Kapitel mit dem Titel "Qualitätssicherung, sonstige Regelungen zum Schutz der Pflegebedürftigen" macht das Ziel dieser gesetzlichen Neuregelung mit den Zielen
Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Pflegeselbstverwaltung,
Sicherung und Prüfung der Pflegequalität
sowie Stärkung der VerbraucherInnenrechte deutlich.
Die wiederkehrenden Berichte in den Medien über zum Teil schwere Mängel in der Pflege haben die Notwendigkeit der Qualitätsverbesserung in der Pflege und den Anspruch der Pflegebedürftigen auf ein adäquate Versorgung verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt.
Wir wissen:
Die Rahmenbedingungen in der Pflege verschlechtern sich seit Jahren.
Eine zunehmende Arbeitsverdichtung bei immer schwieriger werdendem Klientel, ohne dass sich dies in den Leistungsvergütungen niederschlagen würde, führt zu einer Situation, in der die Grenzen der Belastbarkeit für die Mitarbeiterinnen längst erreicht, wenn nicht überschritten sind.
Wir wissen: In sehr vielen Einrichtungen wird, trotz dieser Rahmenbedingungen, eine gute Arbeit zum Wohle der betreuten Menschen geleistet.

Dieses Wissen entbindet allerdings nicht von der Verpflichtung, im Sinne des Verbraucherschutzes auf die Einhaltung anerkannter Standards zu achten.
Dabei können Zertifizierungen ohne Zweifel hilfreich sein. Sie sichern eine gleich bleibende Qualität der Strukturen und Prozesse in den Einrichtungen und können, bei wohlverstandenem Umgang, auch zu einer ständigen Reflexion der eigenen Leistungen im Hinblick auf die Kundenzufriedenheit und die kontinuierliche Verbesserung der Qualität der Einrichtung beitragen.
Allerdings ist doch klar: Externe Prüfungen sind notwendig. Bei all der guten Arbeit, die in den Einrichtungen geleistet wird, gibt es doch auch immer wieder erheblich Mängel, die durch die Überprüfungen aufgedeckt werden. Die Ergebnisse der Qualitätsprüfung stationärer Pflegeeinrichtungen zeigen, dass in verschiedenen Bereichen der Pflege ein deutliches Verbesserungspotential erschlossen werden muss.
Jedoch, und das erwähnen die Antragsteller, gibt es mehr als ein Duzend unterschiedlicher Zertifikate für Pflegeeinrichtungen im ambulanten und stationären Bereich, mit höchst unterschiedlichen Anforderungen. Wo jedoch Einrichtungsträger sich mit selbst erfundenen Qualitätssiegeln auszeichnen kann von Transparenz im Sinne des Verbraucherschutzes nicht mehr die Rede sein.
Deshalb muss auf nationaler Ebene eine Verständigung über Anforderungen an Qualitätszertifikate erfolgen. Die Anforderungen müssen nachvollziehbar, standardisiert und möglichst europaweit anerkannt sein. Ich verweise hier nur am Rande auf die Diskussion über die Dienstleistungsrichtlinie der EU, nach der es jedem Dienstleister möglich sein könnte, seine Leistungen innerhalb der EU zu den Bedingungen seines Heimatlandes anzubieten. Das möchte ich lieber nicht erleben müssen.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal auf die Notwendigkeit einer weitergehenden Verständigung auf nationale Standards in der Pflege verweisen.
Einen guten Ansatz zu mehr Qualität hat meines Erachtens die IKK Niedersachsen mit ihrem jetzt beendeten Modellprojekt vorgelegt, Pflegedienste nach der geleisteten Qualität zu bezahlen. Dieses Modell geht absolut in die richtige Richtung, weil es sich damit für die Leistungserbringer lohnt, eine gute Qualität zu erbringen.
Ansonsten ist es ja leider so, dass die Pflegekassen immer höhere Qualitätsanforderungen stellen, ohne diese über die Pflegesätze zu refinanzieren.
Bis heute wird eine Fachkraft für Qualität in den Einrichtungen im Rahmen einer Quote von 1 zu 60 von den Kostenträgern nicht anerkannt. Der Rahmenvertrag liegt unter anderem wegen dieser Fragestellung bei der Schiedsstelle. Es wäre zu wünschen, wenn das Ministerium einen entsprechenden Einfluss auf die Kostenträgerseite ausüben würde.
Qualität zum Nulltarif ist eben nicht zu haben, meine Damen und Herren.
Und diese Frage wird uns, vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in den nächsten Jahren zunehmend beschäftigen.
Die Verständigung auf Standards, die durch Zertifizierungen nachgewiesen werden, kann ein Baustein in dieser Diskussion sein, wenn auch zugegeben, nur ein kleiner.

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