Rede Ursula Helmhold: Keine Bereicherung des Landes an Hartz IV
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Meine Damen und Herren,
nach den Ergebnissen des Vermittlungsausschusses sollen die Kommunen neben der Entlastung aus der Absenkung der Gewerbsteuerumlage und anderen Beschlüssen zur Stärkung der kommunalen Finanzkraft in Höhe von 2.5 Mrd. € aus den Be- und Entlastungen im Zusammenhang mit der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe weitere 2.5 Mrd € im Saldo erhalten. Vorraussetzung für diese Entlastung ist aber, dass die Länder, die bisher gemeinsam mit dem Bund hälftig die Kosten des pauschalierten Wohngeldes gezahlt haben, ihr ersparten Wohngeldmittel an die Kommunen weiter geben.
Diejenigen, die sich jetzt klammheimlich aus den gemeinsam beschlossenen Vereinbarungen des Kompromisses davonstehlen wollen, möchte ich daran erinnern, dass bezeichnenderweise die Bundesländer in der damaligen Bundesratssitzung am 19.Dezember, dessen Protokoll nur so von Anhängen und zu Protokoll gegebenen Bemerkungen strotzt, keine Erklärung zu Protokoll gegeben haben, in denen sie sich verpflichten, dies auch zu tun. Die Folgen werden jetzt sichtbar.
Vor diesem Hintergrund haben wir unseren Antrag in die parlamentarische Beratung eingebracht, um die niedersächsische Landesregierung zum Jagen zu tragen. Angesichts des benötigten Vorlaufs für die Umsetzung müssen die Kommunen Planungssicherheit haben, mit welcher Finanzausstattung sie ihren Haushalt planen können und vor allem: ob sie dem Wunsch der Bundesregierung werden entsprechen können, die Betreuung der Unter-dreijährigen (genannt U-3-Programm) voran zu treiben.
Es war erfreulich, dass die Sozialministerin hier heute Morgen ein klares Zeichen im Sinne unsers Antrags gesetzt hat. Hoffen wir, dass damit die Einlassung ihres Staatssekretärs, der sich im heutigen Rundblick zumindest kryptisch geäußert hat, hinfällig wird.
Anrede,
Zur Zeit wird in allen Rat- und Kreishäusern gerechnet und es ist sicher nicht einfach, angesichts einer völlig neuen Gesetzeslage, die aber nur zum Teil schon in Kraft ist, zu belastbaren Einschätzungen der Kosten aus der Zusammenlegung zu kommen. Da ist es verständlich, wenn sich die Kommunen aber auch die Länder nun reihenweise "arm" rechnen, um dem Bund wieder den Schwarzen Peter zuzuschieben und behaupten, er habe die Zahlen getürkt und das Blaue vom Himmel versprochen. Das gleicht teilweise der permanenten, meines Erachtens wenig seriösen Verlautbarung von Hiobsbotschaften. Fakt ist, dass alle Hochrechnungen auf Schätzungen und Annahmen beruhen müssen, weil wir Neuland betreten. Der Landkreistag hat in seinem eigenen Berechnungstableau eine Entlastung des Landes Niedersachsen und seiner Kommunen von insgesamt 272 Mio. € errechnet, wovon 158 Mio. € u.a. die Ersparnisse aus der Wohngeldreform darstellen sollen. Die Landesregierung rechnet, darauf bezieht sich wohl auch der SPD-Antrag, mit einer faktischen Entlastung in Höhe von ca. 150-155 Mio. €, abgezogen sind in dieser Rechnung bereits die ca. 95 Mio. € die an die östlichen Bundesländer transferiert werden sollen.
In diesem Zusammenhang lassen sie mich einen kleinen Exkurs machen: es kann nicht angehen, dem Osten zu helfen und dann vom CDU-geführten Land Sachsen zu hören, es wolle diese Mittel selbst behalten und nicht an die Not leidenden Kommunen mit den hohen Arbeitslosenzahlen weiter geben. So kann die West-Ost-Solidarität nicht aussehen, meine Damen und Herren, so war das nicht verabredet.
Wenn das Land, wie wir es hier fordern, bereit ist, seine ersparten Wohngeldmittel an die Kommunen weiter zu reichen, muss natürlich berücksichtigt werden, dass die zukünftige Kostenbelastung der Kommunen mit den BezieherInnen der ALGII-Leistungen höchst unterschiedlich aussehen wird. Wer jetzt viele SozialhilfebezieherInnen hat, wird von den neuen Bestimmungen eher profitieren, wer sich engagiert hat und viele frühere SozialhilfebezieherInnen über Hilfe zur Arbeit-Programme in die Leistungen des AFG befördert hat, wird jetzt eher belastet werden, weil die daraus resultierende höhere Zahl von ArbeitslosenhilfebezieherInnen jetzt auf ihn zurückschlägt. Das ist sicher eine der unerfreulichen Ergebnisse des VMA-Kompromisses.
Das heißt: die Weitergabe der Wohngeldmillionen muss mit einem differenzierten Finanzausgleich angesichts der verschiedenartigen Kostenbelastungen stattfinden, sonst hätte sie ungerechte Verteilungswirkungen. Und es muss vom Land auch klipp und klar werden, welche Form, der Heranziehung der Kommunen im weiteren Umsetzungsprozess von Hartz IV gedacht ist. Hier bedeckt sich die Landesregierung bisher mit Schweigen.
Unabhängig davon muss in den weiteren Verhandlungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen über die Höhe der Eingliederungs- oder auch Integrationspauschalen gestritten werden.
Meine Damen und Herren,
wir wollen die Entlastung der Kommunen in dem Umfang, wie er im Vermittlungsausschuss besprochen und abgesegnet wurde.
Wir wollen die Entlastung aber auch nutzen, um die dringend notwendige Betreuung der unter Dreijährigen voran zu treiben. Gerade weil wir für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch viel zu wenig tun - und die Meinung vertritt ja auch die Sozialministerin in zahlreichen Interviews - müssen hier Zeichen gesetzt werden. Dafür hat die Bundesregierung einen Betrag von 1.5 Mio. € veranschlagt, um stufenweise – ohne vorgeschriebene Quote, in einem sechsjährigen Ausbauprogramm bedarfsorientiert Kinderbetreuungseinrichtungen aufzubauen. Ich meine, dies ist ein sinnvolles Ziel, das wir alle verfolgen sollten.