Rede Ursula Helmhold: Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland mitgestalten

Anrede,

das Bundesverfassungsgericht hat die "Bestands- und Entwicklungsgarantie" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks immer wieder hervorgehoben. Dies bedeutet, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk neue Übertragungswege und Formate nutzen können muss und dass das Internet zur "dritten Säule" neben Hörfunk und Fernsehen ausgestaltet werden kann. Letzteres bedeutet nicht nur die Nutzung des technischen Übertragungsweges sondern auch die Entwicklung eines Internet geeigneten Angebots.

Stellt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk den Anforderungen der Digitalisierung nicht, wird er jüngere Zielgruppen nicht erreichen können. Und das wird ein echtes Problem, denn das heutige Durchschnittsalter der ZuschauerInnen liegt bei über 50 Jahren. Es ist geradezu die Pflicht der öffentlich-rechtlichen Anstalten, sich neue Zielgruppen da zu erschließen, wo sie nun mal sind, und das ist im Internet.  Hier zu restriktiv zu sein würde bedeuten, ARD und ZDF ins Rundfunkmuseum abzuschieben.

Heute legen CDU, FDP und SPD einen gemeinsamen Antrag vor: Große Koalition plus.

Aber auch dieser Antrag gibt auf diese Herausforderungen keine Antwort. Es ist immer noch restriktiv und bürokratisch und wird die notwendigen Anpassungsprozesse nicht konstruktiv befördern

Wir fordern in unserem Änderungsantrag mit den Regelungen im Staatsvertrag keinesfalls über die Anforderungen des Brüsseler Kompromisses hinauszugehen.

Die unsinnige Regelung, dass Inhalte nach 72 bzw. 24 Stunden gelöscht sein müssen, muss fallen. Sie können doch keinem Menschen, der bei Verstand ist, erklären, dass Dinge, die mit seinen Gebühren erstellt wurden automatisch vernichtet werden sollen. Und das in einer Informationsgesellschaft!

Und wer presseähnliche Angebote für gänzlich unzulässig hält, hat vielleicht das Internet noch nicht so ganz verstanden. Internetangebote bestehen klassischerweise aus einer Mischung von Text, Bild und interaktiven Nutzungsmöglichkeiten. Genau solche Inhalte bieten Zeitungen und Zeitschriften bereits an. Wenn man dies dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nun verbieten will, legt man ihm neben der Negativliste noch eine weitere Einschränkung auf, die ihm jegliche Entwicklung im Internet und die Gewinnung junger Zielgruppen unmöglich macht.

Der Drei-Stufen-Test schließlich darf nur bei neuen oder veränderten Angeboten angewendet werden. Immerhin haben Sie sich jetzt darauf geeinigt, den unsinnigen Plan aufzugeben, den gesamten Bestand durch den Drei-Stufen-Test zu jagen.

Was Sie tun ist nicht im Sinne der NutzerInnen:

Wer das Internet nutzt, sucht nach Unterhaltung oder Informationen. Die Verbreitung und das Vorhalten von Informationen sind in besonderer Weise durch den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gedeckt. Denn der öffentlich-rechtliche Programmauftrag besteht ja gerade darin, unabhängige, umfassende und frei verfügbare Angebote zur Verfügung zu stellen – und zwar für die ganze Gesellschaft und für alle Altersgruppen. Auch mit Ihrem heutigen Antrag wollen Sie diesen Auftrag in dem zentralen Medium der Gegenwart und Zukunft beschränken.

Ich möchte heute noch einmal dafür werben, den Versuch zu unternehmen, in dieser Schlacht abzurüsten. Es wäre doch klug über das englische Modell nachzudenken, nach dem öffentliche und private Sender gemeinsame Portale betreiben. Und dann müsste man nicht nachdenken, Beiträge von ARD und ZDF nach 7 Tagen aus dem Netz zu nehmen, sondern sie auch von Verlagen für ihre Online-Portale nutzen zu lassen. Schließlich sind sie von der Allgemeinheit bezahlt worden und verdienen Besseres als im Nirwana zu verschwinden.

Wer den Bildungsauftrag der Medien ernst nimmt, muss den Kern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nämlich Information und Kultur, ohne Einschränkung von der sieben Tage Frist freistellen.

Dem 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag stimmen wir zu. Es wird das letzte Mal sein, dass die Rundfunkgebühr auf die bisherige Art und Weise ermittelt wird. Eine Veränderung ist überfällig.

Unsere Vorstellung für eine Weiterentwicklung der Rundfunkgebühren sind klar: Sie muss vereinfacht werden und von der gerätegebundenen Gebühr zu einer Mediengebühr umgestaltet werden. Denn die Entwicklung der technischen Geräte ist weitergegangen und heute sind nicht nur PCs, sondern auch Handys rundfunkempfangsfähig. Diese Mediengebühr wird pro Haushalt und Unternehmen gestaffelt nach Größe und Branchenzugehörigkeit erhoben. Sie ist einfach und unbürokratisch und erspart das Schnüffeln der GEZ. Sie erspart die ständigen wiederkehrenden Diskussionen darüber, für welchen Typ von Gerät wie viel gezahlt werden soll, denn mit einer Gebühr sind alle Geräte in einem Haushalt erfasst.

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