Rede Ursula Helmhold: Entwurf eines niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (SGB II-Ausführungsgesetz) Grundsicherung für Arbeitssuchende
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Anrede,
die Landesregierung hat gestern die Liste der 13 Landkreise veröffentlicht, die nach dem Optionsgesetz des Bundes die Aufgaben des Hartz IV-Gesetzes vollständig übernehmen wollen.
Wir werden jetzt bald, also spätestens nach dem 1.1.2005 erleben, dass die 2003 und 2004 geprobte Auseinandersetzung über den besseren Weg zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ideologisch überhöht und parteipolitisch funktionalisiert war. Schreckens- und Horrorszenarien über die bösen Absichten des rotgrünen Bundes wurden verbreitet und die CDU Regierung hier war sich nicht zu schade, in die Fußstapfen von Herrn Koch zu treten und den so genannten niedersächsischen Irrweg zu propagieren, der das ganze Land zwangsweise mit der Optionslösung beglücken wollte und von einem gehörigen Maß an politischem Realitätsverlust gekennzeichnet war. Die Städte und Gemeinden haben Ihnen von Anfang an deutlich gesagt, was sie von diesem Weg hielten, nämlich gar nichts. Da wähnten Sie aber immer noch die Landkreise hinter sich. Wenn aber nun von 38 niedersächsischen Landkreisen nur 13 den Antrag auf Optierung beim Land stellen, dann nenne ich das quasi eine Abstimmung mit den Füßen: Die große Mehrheit will offenbar diesen Weg nicht mit Ihnen gehen.
Aber es ist gut, dass wir eine für den Wettbewerb zwischen Optionskreisen und Arbeitsgemeinschaften ausreichende Zahl von Kommunen haben, die beweisen können, wer was wie besser macht. Und dabei wird sich herausstellen, dass die optierenden Kommunen auf die Arbeitsagenturen angewiesen sind und umgekehrt. Ich erwarte eine vielfältige vertragliche Verschränkung der Aufgaben in der Praxis und das ist auch gut so.
Anrede,
die Bekämpfung der beklagenswert hohen Arbeitslosigkeit ist eine gemeinschaftlich zwischen allen Beteiligten zu lösende Aufgabe: Schwarze-Peter-Spiele bringen den Betroffenen gar nichts! Für die zukünftigen ALG II-EmpfängerInnen bringt Hartz IV sicher einiges an Zumutungen - das soll gar nicht klein geredet werden. Wenn es aber nach ihnen gegangen wäre, wären doch die Zumutungen viel größer gewesen! Und wie schnell wollten die Herren Milbrandt, Stoiber u.a. nichts mehr von ihren eigenen Taten wissen! Eine peinliche populistische Entgleisung, die wir da erlebt haben!
Die Bundesregierung wiederum hat schnell auf bestehende Webfehler reagiert und notwendige Korrekturen z.B. beim Auszahlungstermin und bei den Vermögensfreibeträgen auf den Weg gebracht.
Diese Arbeitsmarktreform bietet viele Chancen, w e n n die Instrumente wirklich optimal genutzt werden, die das SGB II zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt vorhalten soll. Ich nenne insbesondere das "Fallmanagement", dass künftig jedem jungen Menschen bis 25 Jahren ein Angebot bieten soll, ich nenne den in Zukunft notwendigen Eingliederungsplan, damit für die Betroffenen eine Perspektive aufgebaut werden kann, ich nenne die Lohnkosten-Zuschüsse, die für die Eingliederung auf den 1. Arbeitsmarkt ein wichtiges Hilfsmittel darstellen. All dieses muss so schnell wie möglich aufgebaut und genutzt werden. Für den Übergang hat der Bundesgesetzgeber flexible Regelungen zur Sicherung der schnellen Fortzahlung der passiven Leistungen wie auch zur Fortführung kommunaler Beschäftigungsträger beschlossen.
Wir brauchen für die Zukunft die Anstrengungen aller zur Erschließung neuer und zum Erhalt vorhandener Arbeitsplätze und damit auch sehr verschiedene und phantasievolle Konzepte und Wege.
Aber wir werden alle die anprangern, die meinen, sie könnten nun mit Hartz IV reguläre Arbeitsplätze durch 1-2 Euro-Jobs ersetzen. Diese Jobs sind nur für einen kleinen Teil der Erwerbslosen brauchbar, sie müssen zusätzlich sein, Qualifizierung bieten und zeitlich befristet werden.
Anrede
Das SGB II ist noch nicht in allen Teilen so, wie wir es uns sozial- und arbeitsmarktpolitisch gewünscht haben. Ich nenne hier nur die von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU durchgedrückte unselige Anrechnungsregelung bei geringen Zuverdiensten. Hier haben wir gegenüber dem heutigen Stand ab 2005 einen Rückschritt vor uns, der genau dass Gegenteil von dem bewirkt, das auch Sie immer propagieren: Menschen zur Arbeit zu bewegen. Vom Zuverdienst nur 15% zu belassen ist Unsinn und wir haben in Berlin erreicht, dass dies nach einem Jahr auf den Prüfstand kommt.
Anrede,
was das zur Verabschiedung vorliegende nieders. Gesetz zur Ausführung des SGB II angeht, muss ich darauf hinweisen, dass es Lücken enthält, die die Landesregierung bei Einbringung eines Artikelgesetzes hätte vermeiden können. Es ist z.B. überhaupt keine Klärung der zwischen Wirtschaftsministerium und Sozialministerium strittigen Frage der notwendigen Rechtsform der zu bildenden Arbeitsgemeinschaften erfolgt. Die kommunalen Spitzenverbände haben das in der Anhörung im Ausschuss einmütig beklagt und dringend eine Regelung eingefordert. Dazu erhalten sie von Ihnen leider überhaupt keine Hilfestellung. Andere Bundesländer sind da schon weiter.
Anrede,
wir werden diesem Ausführungsgesetz zustimmen, weil man damit ja nichts Falsches beschließt – unvollständig im eben beschriebenen Sinne ist es jedoch allemal.