Rede Thomas Schremmer: Weiterentwicklung der Gesundheitsregionen für eine wohnortnahe, leistungsfähige und sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung in Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Es gibt aus grüner Sicht 5 zentrale Entwicklungsbaustellen in der Frage der flächendeckenden gesundheitsversorgung:

  1. sichere hausärztliche Versorgung im gesamten Land
  2. Mobilitätsbeschränkungen bei Patientinnen (persönlich, strukturell)
  3. Disparitäten Fläche - Städte
  4. zukünftiger Pflegenotstand (Pflegekräftebedarf 2030, 50000 VZ Fehl) und eine besonders besorgniserregende Entwicklung:
  5. die fortschreitende Ökonomisierung, besonders im Krankenhausbereich (große Konzerne orientieren sich am Gewinn, nicht an der Versorgungsdichte)

Anrede

Es gibt also Handlungsbedarf - trotz Bundeszuständigkeit und Selbstverwaltung.

Wir wollen mit diesem Antrag das Denken in Gesundheitsregionen mit sektorenübergreifender, integrierter Versorgung in den Vordergrund stellen.

Dafür sind auch Mittel im Haushalt 2014 vorgesehen, die an dieser Stelle sinnvoller eingesetzt werden können als bei der Finanzierung von Praxisgründungen, wofür originär die Kassenärztliche Vereinigung zuständig ist.

Übrigens gab es in der Planung der alten Landesregierung auch keinen Euro mehr für diese Zwecke.

Anrede

Das Wichtigste dabei ist, dass die unterschiedlichen Vertreterinnen und Vertreter der Versorgungssektoren und der Gesundheitsberufe überhaupt erst einmal in eine einigermaßen verbindliche Gesprächskultur darüber kommen, was an ärztlicher und gesundheitlicher Versorgung vor Ort  am Bedarf und an Bedürfnissen notwendig ist. Das ist in unserem von scharfen Schnittgrenzen geprägten System nichts selbstverständliches, es zeigt allerdings an, wie antiquiert diese Grenzziehungen zwischen den Sektoren sind und das Nebeneinanderher der verschiedenen Gesundheitsnahen Berufe ist.

Krankenversorgung ist unverzichtbar, aber wir müssen uns auch um die Frage kümmern: was tun wir, um - zumindest vermeidbare - Erkrankungen gar nicht erst entstehen zu lassen Das ist natürlich ein weites Feld, aber die Empfehlungen der  WHO, wie auch die Diskurse um „Gesundheitsziele", an denen das Land seit einigen  Jahren teilnimmt, zeigen an, wohin sich die gesundheitspolitischen  Debatte wenden muss, wenn wir vom reinen Versorgungsdenken wegkommen wollen.

Anrede

Wir erhoffen uns dazu in den einzelnen Gesundheitsregionen, kreative Anregungen und Projektideen, die auch Vorbild für andere  sein können. Und wir gehen davon aus, dass mit der Einberufung von Gesundheitskonferenzen hier Schranken und Hemmnisse abbauen zu können. 

Praktisch gibt es - ein wie ich finde außerordentlich gutes Beispiel aus Baden Württemberg:

Das Projekt heißt  „Gesundes Kinzigtal", das von einem integrierten Ärztenetz - dies zeigt auch die Bereitschaft von Ärztinnen und Ärzten, integriert zu denken! -  ausging, inzwischen andere nichtärztliche Heil- und Hilfeberufe einbezogen hat  und durch stringente Qualitäts- und Behandlungsleitfäden für chronisch Kranke  und verbindliche Kooperationsstrukturen - auch in den Pflegesektor hinein - eben auch zu einer Absenkung der Behandlungskosten und damit auch der Krankenkassenkosten geführt hat.

Daran beteiligt haben sich bisher 30000 Versicherte und 2 Krankenkassen.

Der Erfolg dieses vernetzten Modells aus dem Jahre 2005 zahlt sich übrigens inzwischen in einem niedrigeren Krankenstand, geringerer Mortalität einem geschärften Bewusstsein bezüglich der krankmachender Lebensumstände und einer höheren Bereitschaft zur Eigenvorsorge aus.

Anrede

Von Vernetzung, Kooperation, Qualitätsentwicklung und Ausbau von Prävention profitiert - und das ist die entscheidende Konsequenz - aber zuallererst die Patientin/der Patient, die/der zu  aktiver Mitbeteiligung, ja zum Selbstmanagement motiviert wird und damit letztendlich ein sehr großer Schritt in der Gesundheitsvorsorge und –Versorgung erreicht wird.

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