Rede Susanne Menge: GreenShipping in Niedersachsen voranbringen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Landtagssitzung am 15.05.14

Susanne Menge, MdL

Sehr geehrter Herr Präsident/sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren,

Grünalgen nehmen Insektizide auf, Wimpertierchen frisst Grünalge, Flohkrebs frisst Wimpertier, Fisch frisst Flohkrebs, Mensch isst Fisch.

Das Leben der Menschen und aller Lebewesen der Erde kam ursprünglich aus dem Meer. Noch heute ist das Meer eine der bedeutendsten Lebensräume für die Versorgung des Menschen mit Nahrung und Energie. Viele Millionen Menschen beziehen ihr Trinkwasser und andere Nahrungsmittel wie den Fisch aus dem Meer. Außerdem ist die Meeresküste ein wichtiger Erholungsort für den Menschen, sie ist aber auch Industriestandort für Handel und Produktion.

Beispiel 1, Treibstoff:

Im Rahmen eines Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL) hat die EU eine Schwefel - Emissionsüberwachungszone in Nord- und Ostsee eingerichtet, besser bekannt als  SECA-Gebiet.

Was macht ein Reeder, der europäische Häfen anfahren muss? Er baut Schiffe mit einem so genannten Dual Fuel System – in dem einen Tank steckt Schweröl, im anderen Flüssiggas, bekannt auch als LNG. Weit bevor das Schiff die Seca-Region verlassen hat, wechselt das Schiff bereits von LNG-Antrieb um in Schweröl-Verbrennung. LNG ist ungefähr ein Drittel teurer als das klima- und umweltvergiftende Schweröl.

Beispiel 2, Ballastwasser:

Asiatische Muscheln, eingeschleppt durch Ballastwasser, verbreiten sich an der Küste Süd- und Nordamerikas, vermehren sich rasant in den Flüssen und verstopfen Durchflüsse und Kraftwerksanlagen, denn natürliche Feinde fehlen ihnen.

Aufgrund der Rippenqualle, die einen hohen Planktonbedarf hat, ist der  Fischbestand im Kaspischen Meer signifikant zurückgegangen.

Beispiel 3, Abwasser und Müll:

Nach Angabe der schwedischen Sektion des WWF leiten 17 Kreuzfahrtgesellschaften ihre Abwässer direkt in die Ostsee. Lediglich drei Reedereien, Deilmann, Hurtigrouten Norwegen und AIDA Cruises unterstützen die WWF-Initiative, den Abfall ordnungsgemäß an den Häfen zu entsorgen.

Die Betreiber des Kieler Hafens, der Häfen in Stockholm und Helsinki haben mitgeteilt, dass an ihren Kreuzfahrtterminals Liegeplätze mit Abwasser-Entsorgung eingerichtet seien. Dennoch hätte 2007 keines der anlegenden Schiffe davon Gebrauch gemacht. Allein in Kiel waren es 114 Kreuzfahrtschiffe, die dieses Angebot nicht nutzten.

Was wird in die stark belastete Ostsee eingeleitet:

Während einer Kreuzfahrt von sieben bis zehn Tagen auf einem Schiff bisheriger Größe entstehen ca. vier Millionen Liter Abwasser von Duschen, Ausgüssen und der Bordküche. Dazu kommen die Abwässer von Toiletten von 30.000 bis 80.000 Liter pro Tag.

Des Weiteren verursacht ein Passagier pro Tag durchschnittlich etwa zwei Pfund brennbarer Abfälle, ein Pfund Essensreste sowie zwei Pfund Glas und Büchsen. Und allein in der Ostsee verkehren nach Angabe der schwedischen Sektion des WWF jährlich 250 bis 300 Kreuzfahrtschiffe. Sie allein produzieren 1,6 Milliarden Liter Schmutzwasser mit 113 Tonnen Stickstoff und 38 Tonnen Phosphor und kippen dies ins Meer.

25% des Meeresbodens der Ostsee ist biologisch tot.

Im Bewusstsein unserer Rolle im globalen Wettbewerb und der Rolle im weltweiten Hafen- und Schifffahrtsgeschehen ist der vorliegende Antrag ein kleiner Schritt inmitten der Weltwirtschaft, aber ein großer für die lokale Agenda Niedersachsens. Rot-Grün will in Niedersachsen Teil einer weltweiten maritimen Bewegung sein und ihren Anteil für eine ökologische Wende leisten. Denn erst in der Summe aller weltweiten Ambitionen für eine klima- und umweltfreundliche Ökonomie werden wir Wirkungen erzielen.

Durch Investitionsanreize und die Unterstützung durch die Industrie können wir Maßstäbe für einen vernünftigen Umgang mit Wasser als Transportelement setzen. Politik, Reeder, Hafenbetreiber, Unternehmen, Logistikunternehmen – wir alle müssen an einem Strang ziehen, um Ökologie und Ökonomie als sich bedingende und ergänzende Faktoren zu begreifen.

Ein zweiter wichtiger Schwerpunkt ist vor allem die Ausbildung derer, die auf Schiffen, in Logistikbranchen und Unternehmen arbeiten. Ihre Ausbildung im maritimen Sektor muss den heutigen Ansprüchen an die globalen Herausforderungen gerecht werden.

Ein dritter Schwerpunkt ist die Forschung. Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien müssen einfließen in Ausbildung, in Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik, damit diese komplexen Aufgaben ins Bewusstsein rücken und tradierte Vorstellungen überwunden werden.

Ich bitte um Unterstützung für die Inhalte unseres Antrags, durch Handaufheben aber auch durch ihr eigenes Handeln. Fragen Sie die Kreuzfahrtgesellschaft nach ihrem Abwasserkonzept, bevor Sie eine Kreuzfahrt buchen, weisen Sie Reeder auf ihre Verantwortung hin und nehmen Sie Ihre Enkel ernst, wenn sie Ihnen erzählen, wie sie sich ihre Welt wünschen. 

Danke.

 

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