Rede Stefan Wenzel: Antrag (FDP) Änderung des Haushaltsgesetzes 2017/2018
- es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Hilbers, ich war heute Morgen dann doch etwas verwundert. Wir haben am letzten Mittwoch im Haushaltsausschuss mehrfach und intensiv nachgefragt, wann denn diese Landesregierung ihren Nachtragshaushalt vorzulegen gedenkt. Die Landesregierung war vor sieben Tagen nicht in der Lage, dazu eine Auskunft zu erteilen. Heute bekommen wir per Rundblick mitgeteilt, dass das am 23. Januar 2018 im Kabinett behandelt wird. Ist das denn erst in den letzten fünf Tagen zwischen Ihnen beiden besprochen worden? - Das kann doch nicht sein.
Artikel 25 der Landesverfassung empfehle ich Ihnen hier noch einmal zur Lektüre, Herr Hilbers: Der ist glasklar formuliert, und er fordert, dass der Landtag umfassend und frühzeitig über Gesetzesvorhaben der Landesregierung informiert wird. Das erwarten wir in Zukunft.t
Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, ich war doch erstaunt, als ich Ihren Koalitionsvertrag gelesen habe, dass man auf 137 Seiten sage und schreibe 131 Ankündigungen findet. Wir haben in einer Anfrage auf die umfangreichen Mehrausgaben, die mehrfach angekündigt werden, hingewiesen. An gerade einmal drei Stellen finden wir Einsparvorschläge oder Mehreinnahmen, die dort verzeichnet sind. Das ist schon ungewöhnlich.
Herr Hilbers, ich fand es auch interessant, dass Ihr alter Bündnispartner, der Bund der Steuerzahler, hier große Sorge hegt, dass diese Koalition dem Steuerzahler teuer zu stehen kommt, und dass gefürchtet wird, dass die begonnene Sanierung, die Rot-Grün in der letzten Wahlperiode eingeleitet hat, zum Stillstand kommt oder sich sogar ein Rückschritt ergibt.
Wir haben ja in den vergangenen Jahren gelernt: Große Koalition heißt nicht unbedingt immer große Taten. Jetzt wird in Berlin sogar über eine KoKo nachgedacht. Ich frage mich, ob das „kommerzielle Koordinierung“ heißt.
Den Begriff kennen wir ja aus einer ganz anderen Zeit. Allein die letzten zwei, drei Stunden hier in diesem Plenum haben dazu geführt, dass ich das Gefühl habe, die Finanzpolitik wird viel spannender, als ich bislang gedacht hatte.
Wenn hier auf offener Bühne darüber verhandelt wird, ob es künftig einen Einstieg in die Tilgung gibt oder nicht, und man sich hier auf offener Bühne gegenseitig den Koalitionsvertrag vorlesen muss, meine Damen und Herren,
dann scheint das wirklich der Einstieg in die kommerzielle Koordinierung zu sein. Das ist wahrscheinlich hier der Testlauf für Berlin ‑ so schätze ich mal ‑, dass man hier die eine oder andere Erfahrung vorab machen will. Aber das sei Ihnen vorbehalten. Das können Sie natürlich gerne machen.
Nehmen wir mal die Digitalisierung. Auch da frage ich mich: Wozu ein Sondervermögen? Sie können das ganz normal im Haushalt veranschlagen. Gucken Sie sich mal an, Herr Hilbers, was der Bundesrechnungshof gestern zum Thema „Sondervermögen“ aufgeschrieben hat: hohes Maß an Intransparenz, große Gefahr, dass Haushaltsgrundsätze verletzt werden. - Der Bundesrechnungshof fordert, von diesem Instrument nur in Ausnahmefällen Gebrauch zu machen. Bislang gibt es, glaube ich, drei Sondervermögen beim Land. Wir haben zunächst den Landesimmobilienfonds. Dann haben wir zwei Sondervermögen geschaffen, bei denen es immer darum ging, in Immobilien, in Eigentum des Landes zu investieren.
Aber bei der Digitalisierung geht es um alles Mögliche, auch um Zuschüsse an Dritte. Vor allen Dingen geht es darum, erst einmal zu klären, wie künftig die Regulierung aussehen soll. - Das Handelsblatt vom 12. Dezember schreibt: Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit Anreize gesetzt, die mehr bremsen als fördern. - Und dann wird dort das ganze Defizit der Großen Koalition im Bereich der Digitalisierung aufgeschrieben.
Meinen Sie, das wird besser, wenn man noch mehr Geld hinterherschmeißt? Ich glaube, Sie sollten sich zunächst um eine vernünftige Regulierung kümmern und sich dann noch einmal die Landeshaushaltsordnung ‑ §§ 6 und 7 ‑ angucken. Dort sind nämlich die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit niedergelegt, und dort ist auf „Erfüllung von Aufgaben des Landes“ abgestellt. Wir sind nicht dafür, hier etwas zum Ausgleich von Defiziten des Bundes zu machen, sondern wir investieren in Aufgaben des Landes.
Dafür hätten wir gerne auch die in der Landeshauslhaltsordnung vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Ich bin gespannt, ob das noch in Ihren Zeitplan passt, Herr Hilbers. Das ist jedenfalls nach der Landeshaushaltsordnung vorgeschrieben. Sie kennen diese ja seit der Diskussion über das Vergaberecht sehr gut. Also erwarten wir, dass das hier auf Punkt und Komma umgesetzt wird, meine Damen und Herren.
Kita-Beitragsfreiheit - alles sehr interessant. Aber wo bleibt das Thema „Qualität“? Darüber habe ich bisher nichts gelesen.
Beim Thema „Innere Sicherheit“ geht es wohl eher um gefühlte Sicherheit. Hier interessiert uns: Müssen wir mehr Polizeibeamte haben? Müssen wir mehr Sozialarbeiter haben? Müssen wir mehr Richter oder mehr Staatsanwälte haben? Wo muss wirklich investiert werden, um hier entsprechend Vorsorge zu treffen?
Nichts gehört habe ich von Ihnen ‑ letzter Satz ‑ zu Haushaltsrisiken, angefangen bei der Regulierung von Kernkapital über Zinsversorgung und Konjunkturrisiken. Auch dazu hätten wir gerne dezidierte Aussagen.
Ich danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.