Rede Ralf Briese: Rechtsextremismus an der Wurzel bekämpfen

Anrede,

das Problem Rechtextremismus bleibt weiter virulent – und daher muss es uns weiter mit Nachdruck beschäftigen. Wir haben den Einzug der NPD in Mecklenburg Vorpommern und wir haben die unerträglichen Dauerprovokationen von Rechtsradikalen mit ihren Aufmärschen in niedersächsischen Städten. Wir haben den Politpsychopathen Jürgen Rieger, der Schulungs- und Bildungszentren aufbauen will. In diesem Zusammenhang noch mal meine Anerkennung und meine Bewunderung für die Delmenhorster Bürgerinnen und Bürger, die sich mit Kreativität, Engagement und Herz und Hartnäckigkeit diesem Problem gestellt haben – das ist gelebte und lebendige Demokratie.

Trotzdem dürfen wir uns darauf nicht ausruhen –denn das Problem Rechtesextremismus wird uns mit ziemlicher Sicherheit weiter beschäftigen.  Die Gründe für Rechtsradikalismus sind vielschichtig – sie liegen z.B.  in der sehr verbreiteten Angst vor einem sozialen Abstieg durch den komplexen Globalisierungsprozess.

Und deshalb sollte man auch nicht ständig eine weitere Flexibilisierung des Kündigungsschutzes fordern und damit den Menschen die letzen Sicherheiten nehmen.

Ein weiterer Grund für Rechtsextremismus  liegt in den tief verwurzelten Minderwertigkeitskomplexen seiner Anhängerschaft. Durch einen vulgären Rassismus wollen die Rechtsradikalen diese Gefühle bekämpfen und sich über andere Menschen stellen – das ist eine primitive und menschenverachtende Methode.

Der Rechtextremismus ist der große Aberglaube der Zeit – er löst kein einziges Problem – und argumentiert extrem vereinfachend, bösartig und obszön- er ist antidemokratisch – anti-humanistisch und nicht zuletzt anti-christlich: daran sollte jeder überzeugte Demokrat denken – und keine falschen Bündnisse mit Rechtsextremen eingehen.

Meine Damen und Herren – weil der Rechtsextremismus mit ziemlicher Sicherheit nicht von alleine verschwinden wird, sondern durch seine billigen Simplifizierungen weiter attraktiv bleibt, muss der Landtag weitere Maßnahmen beschließen als bisher geschehen.

Es reicht nicht aus, Herr Schünemann einzig und allein auf den Verfassungsschutz zu setzen. Es ist ja gut, wenn der VS auch Aufklärung und Bildungsarbeit macht – aber das reicht als einzige politische Maßnahme überhaupt nicht aus.

Wenn wir den gefährlichen, demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Rechtsextremismus an der Wurzel bekämpfen wollen, müssen wir ein ganzes Bündel an Maßnahmen beschließen – und zwar auf unterschiedlichen Ebenen:

  • Jugendarbeitslosigkeit mit allen Mitteln bekämpfen wie die SPD fordert ist so richtig wie allgemein. Das muss dann durch konkretere Forderungen präzisiert werden, zum Beispiel, dass die Überschüsse der BA jetzt für ein umfangreiches Qualifizierungspaket für Jugendliche genutzt werden.

Und wir brauchen ein ganz anderes Bildungssystem als das niedersächsische – wir brauchen Integration statt Exklusion.  Der Innenminister hat auf dem letzten Präventionstag den renommierten Rechtsextremismus- und Gewaltforscher Heitmeyer vortragen lassen – es wäre gut, wenn auch der Kultusminister mit diesem anerkannten Experten noch mal seine Schulpolitik diskutieren würde. – gestern hat mir ein Politiklehrer  in einer Besuchergruppe gesagt, dass das Thema Rechtsextremismus in der Oberstufe nicht mehr unterrichtet wird, da die Stoffpläne so überfüllt sind, dass keine Zeit mehr dafür ist. Wenn das so ist, ist es skandalös.

Um echte Primärprävention gegen Extremismus jeglicher Art zu leisten müssen wir aber viel früher ansetzen.

Meine Damen und Herren – wir brauchen endlich das kostenlose Kindergartenjahr – und zwar verpflichtend – die frühkindliche  Bildung ist die zentrale Antwort nicht nur auf die neue soziale Frage wie Unterschichten und Vernachlässigung – sondern es ist echte Kriminal- und Extremismusprävention - : wir brauchen in unseren Bildungsinstitutionen ein Klima von Wertschätzung, Anerkennung, und Selbstvertrauen --- dort müssen wir unsere Kinder stark machen gegen jegliche Form von demokratiefeindlichen Extremismus - - und das wichtigste ist eine Kultur der Anerkennung und Wertschätzung zu entwickeln – in allen Befunden zur Extremismusforschung kommen die Autoren zu diesem Schluss.

Die Forderung im SPD-Antrag nach einem weiteren Ausbau der Ganztagsschulen ist absolut korrekt – die Ganztagsschule ist eine enorm wichtige Antwort auf Vernachlässigung, auf Medienverwahrlosung, auf Jugendkriminalität , auf Gewalt und Rassismus – wir haben jetzt die Möglichkeit wichtige bildungspolitische Pflöcke einzuschlagen - - von mir aus kann auch innerhalb des Bildungssektors Geld umverteilt werden - - warum müssen Einstiegsgehälter von Gymnasiallehrern so hoch sein ? – macht es nicht Sinn dort etwas abzuschichten, um damit die frühkindliche Bildung zu fördern? Ich meine ja.

Und meine Damen und Herren : wir brauchen auch ein unabhängiges Bildungs- und Beratungszentrum gegen Extremismus und Gewalt – die Grünen haben gute Vorschläge hierfür gemacht – das Zentrum soll nach dem Vorbild der Braunschweiger Arug Beratung für Kommunen, Behörden und Vereine machen – dies wäre ein wichtiger und notwendiger Schritt, um eine starke Zivilgesellschaft zu fördern.

Meine Damen und Herren,

die SPD fordert auch ein Verbot von rechtsextremistischen Internetinhalten – auch der Innenminister hat vor kurzem einen neuen Straftatbestand hinsichtlich extremistischer Verbreitung via Internet gefordert. Ich halte das für wenig hilfreich – es ist wünschenswert rechtsradikale Inhalte aus dem Netz zu verbannen – aber wie wollen sie extremistische Inhalte verbieten, die aus Übersee kommen? Der Kampf gegen die Netzpropaganda ist mit Verboten nicht zu gewinnen – sondern nur mit Gegenaufklärung, Bildung und Medienpädagogik –

Genauso wenig hilfreich ist der Versuch, dass Versammlungsrecht zu verschärfen – das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht und daher ein sehr hohes Gut –

Bei den schwer erträglichen rechtsradikalen Provokationen in den Städten können die Versammlungsbehörden bereits heute genug Auflagen machen – es wäre ein Sieg der Radikalen, wenn wir unsere Grundrechte immer weiter beschneiden, weil wir deren dümmliche Propaganda nicht mehr aushalten. Wir sollten es den Rechtsextremen durch Auflagen und vielfältige friedliche Gegendemonstrationen so ungemütlich wie möglich machen – dann werden sie ihre Lust irgendwann verlieren –

Meine Damen und Herren –

Ich hoffe, es ist deutlich geworden – die Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus ist in erster Linie eine bildungspolitische Aufgabe – mir müssen mehr in Bildung investieren – und zwar vor allem in die frühkindliche Bildung und Kinder stark machen für ein komplexes und anspruchsvolles Leben –

Mit Verboten und Grundrechtseinschränkungen werden wir diesen Kampf nicht gewinnen – sondern nur mit einer gehörigen Portion Mut, Aufklärung und Engagement.

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