Rede Meta Janssen-Kucz: Stärkung der Rechte von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus

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Anrede,
in den letzten Wochen ist mehr als deutlich geworden, welch geringen Stellenwert die Belange der Patientinnen und Patienten in Niedersachsen haben. Die Kieferorthopäden und mit ihnen ihre Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZVN) starten einen Frontalangriff auf die Patientenversorgung und spielen auf dem Rücken von Kindern und ihren Familien ein böses Foul-Spiel.
Landtagsabgeordnete der großen Regierungsfraktion spielen auch noch ihre Karten als Lobbyistenvertreter aus, jonglieren mit offenbar falschen Zahlen über bevorstehende Insolvenzen und drohen die Ärzteschaft aufzurufen, ihre Kassenzulassungen kollektiv zurück zu geben.
Anrede,
so kann es in Niedersachsen nicht weitergehen! Die Rechte der Patientinnen und Patienten müssen gestärkt werden.
Fangen wir in den Krankenhäusern an! Elementare Voraussetzung für eine auf Gleichberechtigung beruhenden Arzt-Patienten-Beziehung ist die Berücksichtigung der Patienteninteressen und ihrer Belange im Verlauf einer stationären Behandlung. Verbraucherschutz muss es grundsätzlich auch für Patienten in niedersächsischen Krankenhäusern geben.
Wenn diese Landesregierung es ernst meint mit Patientenrechten, ist der erste Schritt die Absicherung von Patientenfürsprechern im Niedersächsischen Krankenhausgesetz (Nds. KHG). Andere Bundesländer wie Hessen, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen haben das längst getan. Dort gibt es Personen, bei denen Beschwerden und Anregungen von Patienten vorgebracht und an die zuständigen Verantwortlichen in den Krankenhäusern herangetragen werden können.
Anrede,
viele Krankenhäuser außerhalb Niedersachsens, aber auch einige wenige in Niedersachsen praktizieren ein solches "Ombudsamt" seit Jahren mit Erfolg. Es ist mittlerweile ein Qualitätsmerkmal und ein Werbefaktor der Krankenhäuser. Nahezu alle dieser Ombudsmänner und Ombudsfrauen arbeiten auf ehrenamtlicher Basis, bekommen allenfalls eine Aufwandsentschädigung. Sie haben eine hohe Akzeptanz bei den Beteiligten, wie uns deren Vertreterinnen und Vertreter berichteten. Und es dient der internen und externen Qualitätssicherung des Betriebes Krankenhaus.
In Niedersachsen scheinen die Uhren langsamer zu gehen, schon unter SPD-Regierungszeiten gelang es nicht die Patientenfürsprecher im Nds. Krankenhausgesetz zu verankern.
Doch jetzt ist die Situation endlich eine andere. Auf Bundesebene haben die Grünen im Rahmen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) wichtige Bausteine zur Verbesserung von Patientenrechten und Patientensouveränität durchgesetzt. Dazu gehört auch die Berufung von Patientenbeauftragten.
Das GMG ist ein Gemeinschaftswerk von Rot-Grün und CDU/CSU mit allen Stärken und Schwächen. Nur die FDP hat sich als Partei der Besserverdienenden aus dem solidarischen Gesundheitssystem verabschiedet.
Auf Landesebene sollten wir die Patientenfürsprecherin gesetzlich verankern, um die positiven Optionen des GMG zu nutzen.
Auch die niedersächsischen Sozialdemokraten haben endlich erkannt, wie wichtig die Stärkung von Patientenrechten ist.
Anrede,
wir Grüne wollen aber nicht bei der Berufung eines Patientenfürsprechers stehen bleiben, sondern die Einführung und Absicherung dieser Ombudsarbeit im Niedersächischen Krankenhausgesetz verankern.
Das gleiche Ziel haben wir mit der Forderung nach Absicherung der gesetzlichen Verankerung des "Sozialdienstes im Krankenhaus". Der Sozialdienst hat die Aufgabe, die ärztliche und pflegerische Versorgung zu ergänzen, in sozialen Fragen zu beraten und bei der Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen zu unterstützen.
Wenn wir Grünen von ganzheitlicher Medizin reden, meinen wir damit, dass es einen Dreiklang zwischen ärztlicher, pflegerischer und sozialer Versorgung geben muss, damit der Patient als Mensch nicht auf der Strecke bleibt.
Anrede,
diese Aufgabe wird angesichts einer immer höheren Patientenzahl, bei immer kürzeren Liegezeiten und der Notwendigkeit eines auf die Schnittstellen der Krankenversorgung ausgerichteten Fallmanagements immer wichtiger.
Wir wollen Patienten im Krankenhaus nicht alleine lassen, wir wollen dem Sozialdienst, der für kranke Menschen da ist und die Fäden in die Hand nimmt den Rücken stärken – unbeschadet der Frage, dass seine Finanzierung über die mit den Krankenkassen verhandelten Budgets sichergestellt werden muss. Auch hier sind andere Bundesländer weiter als Niedersachsen.
Anrede,
es gibt dringenden Nachholbedarf in Sachen Patientenrechte. Niedersachsen braucht eine Patientenbeauftragte. RotGrün war hier auf Bundesebene Vorreiter! Es ist an der Zeit, dass Frau Dr. von der Leyen endlich eine Patientenbeauftragte für Niedersachsen beruft. Aber sie hat es ja in der Antwort zu einer Kleinen Anfrage der SPD schon gesagt: sie möchte sich nicht dafür einsetzen, dass es in Niedersachsen Patientenbeauftragte gibt.
Gemeinsam müssen wir alles unternehmen, damit endlich auch in Deutschland eine Patientencharta auf den Weg gebracht wird. Alle Akteure im Gesundheitssystem haben eine mehr oder minder starke Lobby, nur die Patienten haben bis heute keine.
Eine Charta ist zumindest ein Anfang, es ist aber nicht das Patientenschutzgesetz, das wir Grünen auf Bundesebene durchsetzen wollten.
Das nämlich will die SPD nicht. Wir haben aber immerhin im § 140 f SGB V einen eindeutigen Paradigmenwechsel erreicht, in dem zum ersten Mal in der Bundesrepublik eine weitgehende Mitwirkung von Patientinnen und Patienten im Gemeinsamen Bundesausschuss, in den Berufungsauschüssen und Zulassungsausschüssen – auch auf Landesebene – festgelegt wurde. Das hat selbst Herr Seehofer in seiner gesamten Amtszeit nicht geschafft.
Es ist sicher ebenso notwendig einen Landes-Gesetzentwurf zur Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe vorzulegen, in dem die Ärztekammer dazu verpflichtet wird, Patientenvertreter in die Schlichtungsstelle für Arzthaftungsfragen, sowie in die Ethikkommision zu berufen.
Als wir im letzten Jahr das Kammergesetz für Heilberufe an europäisches Recht angepasst haben, wurde dieses von uns eingebrachte Anliegen in den Beratungen im Ausschuss mit dem Hinweis auf einen späteren Zeitpunkt abgelehnt. Die SPD erdreistet sich nun, diesen Punkt einfach von uns abzuschreiben. Dafür sollte ihnen der St.Plagiarius Preis verliehen werden!
Wir Grüne wollen Patientenvertreter, die in der Schlichtungsstelle für Arzthaftungsfragen und in der Ethikkommision vertreten sind. Dazu gehört aber auch der Ausbau von qualifizierten Verfahrensbeteiligungen und Anhörungsrechten für Patientenvertreter, sonst ist der Status "Patientenvertreter" ein Hohn. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür wurden im SGB V gelegt!
Anrede,
die beiden Anträge und die Vorgänge der letzten Wochen machen deutlich, wie wichtig Patientenrechte und Patientenbeteiligung und die Stärkung von Patientensouveränität ist. Das niedersächsische Gesundheitswesen steht am Scheideweg. Wir entscheiden darüber, mit wie viel Rechten wir Patienten ausstatten wollen und ob wir ihnen endlich den gleichberechtigten Status gegenüber der Ärzteschaft zugestehen, den viele beschwören und der seit langem überfällig ist.
Machen wir gemeinsam einen Schritt nach vorne, beteiligen wir die Patienten am Gesundheitswesen!

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