Rede Maaret Westphely: Für ein partnerschaftliches Handeln - Einführung entwicklungspolitischer Leitlinien für das Land Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Bereits neun von 16 Bundesländern haben entwicklungspolitische Leitlinien erarbeitet. Dies dokumentiert den breiten gesellschaftspolitischen Konsens, mit dem sie getragen werden. Ich freue mich, dass Niedersachsen erstmals bald als Nummer 10 dazukommt.

Damit verfolgen wir im Kern zwei Ziele: Wir wollen, dass das derzeitige Regierungshandeln auf Politikkohärenz überprüft wird – also geprüft wird, in wie weit das Entscheiden und Umsetzen auf Landesebene in Übereinstimmung steht zu global anerkannten entwicklungspolitischen Zielen wie der Armutsbekämpfung, der Friedenserhaltung und dem Umweltschutz.

Ich möchte das an einem Beispiel erläutern, das zwar allgemein bekannt, aber lange nicht gelöst ist: In den letzten Jahren sind die Agrarexporte von Deutschland nach Afrika rasant gestiegen, weil Hähnchenflügel, -Hälse hier kaum mehr einen Absatzmarkt finden. Als subventioniertes Billigfleisch verdrängt es auf den afrikanischen Märkten einheimische landwirtschaftliche Produkte und vernichtet so die Erwerbs- und Lebensgrundlage afrikanischer Bauern. Das hat verheerende Auswirkungen in Ländern, in denen im Schnitt 60% der Menschen in der Landwirtschaft arbeiten.

Solche Nahrungsmittelexporte sind kein guter Beitrag, sie wirken sich sogar kontraproduktiv auf die Sicherung der Ernährung in armen Ländern aus, denn sie verschärfen Armut und Abhängigkeit in den Ländern, die ohnehin arm sind. Leider werden wir dieses Problem nicht alleine von Niedersachsen aus lösen können, sondern die Lösung erfordert ein konsequentes Umsteuern auf ein nachhaltiges Wirtschaften. Daran müssen wir auf allen Ebenen arbeiten. Außerdem braucht es dazu nicht alleine die Politik, sondern auch die Menschen, die mit ihrem Einkaufskorb Politik machen.

Zu den Einkäufern gehört auch die öffentliche Hand mit ihrer besonderen Vorbildfunktion. Mit der Aufnahme der ILO-Kernarbeitsnormen in das Landesvergabegesetz haben wir gestern bewiesen, dass wir es ernst meinen, konsistent im Sinne von mehr globaler Gerechtigkeit zu handeln.

Ein weiteres elementares Ziel, das wir mit den Leitlinien verfolgen, ist, dass wir die Sensibilisierung im eigenen Land für globale Auswirkungen unseres Handelns stärken wollen. In Niedersachsen gibt es ein enormes zivilgesellschaftliches Engagement für entwicklungspolitische Arbeit und mehr globale Gerechtigkeit. Diese Arbeit wollen wir stärken, indem Niedersachsen sich am bundesweiten sogenannten „Eine-Welt-Promotorenprogramm“ beteiligt und damit dem Ehrenamt eine professionelle Struktur zur Seite gestellt wird. Denn entscheidend wird sein, dass es uns gelingt, Engagement und lebendige Partnerschaften von unten in unseren Kommunen, in Vereinen, Schulen, Kirchen zu initiieren, um den Raum für Begegnungen zu geben, voneinander zu lernen, nicht unser westliches Weltbild übertragen zu wollen und Interesse an den jeweiligen Lebensumständen zu wecken.

An einem Beispiel möchte ich darstellen, was eine erfolgreiche partnerschaftliche Entwicklungszusammenarbeit bewirken kann: In der letzten Woche habe ich mich mit einem Regierungsvertreter aus Blantyre in Malawi unterhalten. Er hat berichtet über den Verkauf von Macadamia-Nüssen aus Blantyre nach Hannover im Rahmen eines partnerschaftlichen Projektes. In der Folge haben sich die Kleinbauern zu einer Kooperative zusammengeschlossen und verkaufen ihre Macadamias bei Auktionen und erzielen weitaus höhere Preise als bei ihrem vorherigen Großhändler.

Die Leitlinien möchten wir im Dialog mit den relevanten gesellschaftlichen Akteuren erarbeiten und laden auch die Opposition ein, sich aktiv und konstruktiv zu beteiligen.

Zurück zum Pressearchiv