Rede Maaret Westphely: Aktuelle Stunde (SPD) zu Autobahn-Plänen des Bundes

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

der Bund will die Verwaltung für die Planung, Bau, Betrieb und Erhalt der Autobahnen, eventuell auch der Bundesstraßen übernehmen. Ein Mammutprojekt, bundesweit sollen etwa 18.000 Beschäftigte betroffen sein. Umso verwunderlicher ist es, dass so ein Projekt im Schlepptau mit der Neuaufstellung der Bund-Länder-Finanzen auf den letzten Drücker vor Ende der Wahlperiode auf den Tisch kommt.

Damit eines klar ist: wir haben die Infrastrukturgesellschaft damals nicht gewollt und wollen sie nach wie vor nicht, so wie sie geplant ist. Sie birgt zu viele Risiken, sie entzieht uns qualifizierte Beschäftigte und Strukturen, die sich seit vielen Jahren bewährt haben. Und um auch das klar zu stellen: wir haben es Bundesfinanzminister Dr. Schäuble zu verdanken, dass – zu einem Zeitpunkt, da er den Ländern noch nicht einmal ein Umsetzungskonzept vorlegen konnte – die Länder diese Kröte schlucken mussten. 

Nun, inzwischen liegen Vorschläge für Gesetzesänderungen vor. Der Bundesrat hat eine Reihe von Änderungsvorschlägen gemacht, eben dieser Bundesminister der CDU hat sie vom Tisch gewischt. Viele bezogen sich darauf, die Bedingungen der Beschäftigten bei der Reform zu verbessern. Das werden wir so nicht stehen lassen.

Schließlich tragen wir viel Verantwortung: Rund 1.000 der insgesamt 3.200 Beschäftigten des Landes sind von der Reform betroffen. Diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ihren Familien gegenüber haben wir eine Vorsorgepflicht. Für sie fordern wir einen Übergangs- aber auch einen Grundtarifvertrag für die alten und die neu einzustellenden Beschäftigten. An die Tarifverträge hat sich die neue Gesellschaft, und haben sich ihre eventuell noch zu gründenden Töchter zu halten.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

anhand eines Beispiels möchte ich ausführen, warum wir so große Probleme mit den aktuellen Planungen haben: schon die A7 wird unwirtschaftlich als ÖPP gebaut, die A20 und A39 sind jetzt schon unwirtschaftlich – mit der neuen Bundesautobahngesellschaft würden nur noch mehr Steuergelder versenkt werden. Aber zurück zur A7:

In den letzten Monaten mussten wir verfolgen, welche Unsicherheiten für die Beschäftigten der Straßenmeisterei Seesen durch den Ausbau der A7 als ÖPP entstanden sind – ob die Meisterei aufgelöst wird oder nur verkleinert. Die derzeitige Landesregierung hat sich maximal aufgelehnt gegen dieses Projekt als ÖPP – der Bund hat es durchgedrückt, obwohl es den Bau langsamer und teurer macht.

Ich möchte mir nicht vorstellen, welche Auswirkungen es hat, wenn nicht nur Einzelvorhaben, sondern sogar Teilnetze im Rahmen von ÖPP privatisiert werden können.  Nach wie vor ermöglicht es der Vorschlag für die Bundesautobahngesellschaft. Und das lehnen wir entschieden ab. Die CDU gibt hier vor, für die Beschäftigten des Landes zu kämpfen, aber auf Bundesebene sorgt sie mit den ÖPP-Projekten dafür, dass hier in Niedersachsen die Jobs in der Landesverwaltung auf dem Spiel stehen. Das ist unverantwortlich.

Aber auch eine versteckte Privatisierung, wie es sich die Versicherungskonzerne wünschen, durch die Kreditfähigkeit der Gesellschaft oder ihrer Töchter ist immer noch nicht vom Tisch. Auch das lehnen wir entschieden ab. Unter anderem deshalb weil es nichts anderes als die Vorbereitung zur Umgehung der Schuldenbremse ist.

Der Bundesrechnungshof und die Gewerkschaften kritisieren die aktuellen Pläne des Bundes – zu Recht. Das Baugewerbe haben wir in dem Punkt der Ablehnung der ÖPP auch an unserer Seite.

Insgesamt sind die Formulierungen zu schwammig, zu viele Fragen sind offen. Wir werden die Katze nicht im Sack kaufen. Eine Grundgesetzänderung kommt für uns auch dann nicht in Frage, wenn die Rechtsform der Gesellschaft Transparenz und politische Kontrolle unmöglich macht. Denn die Rechtsform wird darüber entscheiden, ob die neue Gesellschaft ausreichend transparent arbeiten und Auskunft geben kann und ob die Politik eine wirksame parlamentarische Kontrolle ausüben kann.

Und noch einmal: alle Auswüchse von Privatisierung müssen gesetzlich ausgeschlossen werden, um die Interessen der Beschäftigten und auch die Interessen des Landes wahren zu können!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

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