Rede: Ina Korter: Zweite Beratung Haushalt 2009 – Kultus

Anrede,

der neueste Pisa-Bericht zeigt, dass Niedersachsens Schulen weiter zurückfallen.

Besonders besorgniserregend ist, dass die Leistungen der 15-jährigen Gymnasialschüler im Lesen und in Mathematik sich im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern signifikant verschlechtert haben.

Aber die Kultusministerin sieht sich auf dem richtigen Weg. Der am vergangenen Freitag endlich vorgelegte erste Bericht der niedersächsischen Schulinspektion offenbart neben positiven Aspekten erhebliche Mängel im Kerngeschäft der Schulen – der Unterrichtsqualität, aber die Ministerin freut sich über gutes Schulklima und gelungene Kooperationen.

Welche Konsequenzen aus dem Bericht zu ziehen sind, weiß Sie noch nicht genau.

Anrede, seit CDU und FDP in der Schulpolitik ihr Unwesen treiben, fällt Niedersachsen bei Pisa weiter zurück! Nicht nur, dass Sie die falschen Weichenstellungen vornehmen mit ihrem verbohrten Kampf als letzte Ritter der Dreifaltigkeit des gegliederten Schulwesens.

Nicht nur, dass Sie die Augen verschließen vor den dringend nötigen Veränderungen! Nein, Sie legen im Kultusbereich für die Schulen tatsächlich einen Haushalt vor, der beweist, dass Sie die aktuellen Herausforderungen immer noch nicht verstanden haben.

Die Statistik zur Unterrichtsversorgung haben Sie in diesem Jahr lieber gar nicht erst öffentlich vorgestellt – Sie wussten schon warum. Damit verstecken Sie sich lieber. 98,1 % an den Gymnasien im landesweiten Durchschnitt – und das nach Einstellung der Referendare zum 1.11. Das ist wirklich kein Ruhmesblatt.

Viel zu große Klassen vor allem an Ihren doch angeblich so toll unterstützten Turbo-Gymnasien.

Das erste Mal seit Jahren sinken die Anmeldezahlen an den Gymnasien, weil Sie diese kaputt reformieren, aber Frau Heister-Neumann schwadroniert über die Chancen des Turbo-Abiturs.

Anrede,

wo bleiben die kleineren Klassen, die Sie versprochen haben?

Weil Sie mit der Rückzahlung der Arbeitszeitkonten nicht klarkommen, konnten Sie die nicht verkleinern?

Wer soll das einer Ministerin glauben, die im Nachtragshaushalt 2008 20 Mio. € unverbrauchte Mittel an den Finanzminister zurückgibt?

Und was ist mit dem Ausbau von Ganztagsschulen? Sie lassen die Kinder an den Turbo-Gymnasien den ganzen Tag lernen, aber für das Mittagessen sorgen Sie nicht.

Sie rühmen sich, die Zahl der Ganztagsschulen vervielfacht zu haben, dabei genehmigen Sie ausschließlich Ganztagsschulen light – mit Ressourcen für die 5. und 6. Klassen.

Das nennen Sie Ganztagsschule. Ich nenne das einen ganz großen Bluff!

Ganze 2 Mio. € mehr lassen Sie sich die neuen Ganztagsschulen kosten. Wer echte Ganztagsschulen will, der muss deutlich mehr in die Hand nehmen!

Für die Umwandlung aller Schulen in richtig ausgestattete Ganztagsschulen braucht man bei einem stufenweisen Aufbau nach unseren Berechnungen insgesamt zusätzliche 500 Mio. € in den nächsten Jahren.

In unserem Haushaltsantrag haben wir dieses für eine erste Stufe mit 41 Mio. € berücksichtigt und wir haben Ihnen auch gesagt, wie man den weiteren Anstieg finanzieren kann.

Ihre Ansätze dagegen sind mehr als mutlos. Sie haben nicht einmal Ihre wichtigsten Hausaufgaben gemacht. Sie erzählen, dass Sie neue Gesamtschulen genehmigen – und in Wirklichkeit sind die Hürden so hoch, dass es nur ganz wenige schaffen. Und dann wollen Sie neue IGSen nur als Ganztagsschule light genehmigen.

Ja wissen Sie eigentlich gar nicht, wie IGSen arbeiten? Vielleicht gehen Sie mal zur Robert-Bosch-Schule nach Hildesheim – Deutscher Schulpreis 2007 – und lassen sich das erklären.

Den Sozialfonds für das Mittagessen an Ganztagsschulen wollten Sie ganz streichen. Jetzt haben die Kollegen von CDU und FDP stolze 1,5 Mio. € eingefordert, weil ja nicht alles im laufenden Jahr abgefordert wurde, wissen Sie, wie ich das finde? Skandalös!

Sie lassen es zu, dass Kinder an niedersächsischen Schulen vom gemeinsamen Mittagessen ausgeschlossen bleiben, weil sie das Geld nicht haben. Nach Ihrem komplizierten Modell erhalten nur die Kinder einen täglichen Zuschuss von 56 Cent bis 74 Cent zum Mittagessen, die an genehmigten Ganztagsschulen essen, nicht an den anderen Schulen bei denen ein Förderverein oder die Kommune ein weiteres Drittel dazugibt und die das letzte Drittel selbst zahlen. Das ist vielleicht unbürokratisch

Hinzu kommt, dass Sie den Essenpreis mit nur 2,50 € kalkulieren. Warum machen Sie es nicht einfach so: Jedes bedürftige Kind im Leistungsbezug bekommt sein Mittagessen an der Schule kostenlos, nach einem System, wodurch es nicht stigmatisiert wird.

So könnten wir gewährleisten, dass arme Kinder wenigstens einmal am Tag ein gesundes, warmes Mittagessen bekommen. Deshalb haben wir 20 Mio.  € vorgesehen.

Ich könnte Ihnen noch vieles vorrechnen. Bei der Sprachförderung setzen Sie die Mittel zu knapp an und konzentrieren sich auf den Erwerb der deutschen Sprache. Den muttersprachlichen Unterricht haben Sie sträflich vernachlässigt.

Und 250 neue Referendarstellen sind völlig unzureichend. Auch da hat sich das Kultusministerium vom Finanzministerium knebeln lassen – das wird sich rächen.

Schon jetzt fehlen uns Lehrkräfte in den Mangelfächern – in den nächsten Jahren wird wegen der Pensionierungswelle der Lehrermangel gravierend. Aber Sie leisten sich den Luxus, über tausend ausgebildete Lehramtsabsolventen so lange auf eine Referendarstelle warten zu lasen, bis sie in Nachbarländer abwandern.

Feuerwehrlehrkräfte entlassen Sie zu den Ferien und geben Ihnen nur von Zeit zu Zeit befristete Verträge an wechselnden Einsatzorten.

Dabei auch Mangelfachbewerber mit ordentlichen Noten! Sie rauben diesen jungen Fachkräften jede Berufsperspektive.

Nein, meine Damen und Herren, das ist nicht der große Wurf! So wird Niedersachsen noch weiter nach hinten rutschen in den Pisa-Vergleichstest. Sie nehmen ja die Hauptschulen demnächst bei den internationalen Vergleichsstudien auch raus. Förderschulen sind ja ohnehin nicht dabei.

Wenn man Bildungspolitik tatsächlich als die wichtigste Zukunftsinvestition begriffen hat, weil Bildung Armut verhindern hilft, weil Bildung der Schlüssel zur Teilhabe ist, weil unser Land gut ausgebildete junge Menschen – und übrigens auch Erwachsene – braucht, dann muss man alles auf dieses Ziel ausrichten.

Wie schnell war der große Konsens da, als es darum ging, den Banken aus der selbstverschuldeten Krise mit Milliarden-Bürgschaften zu helfen – wie armselig wird hier über das kostenlose Mittagessen für Kinder in Armut diskutiert. Meine Fraktion hat in den Haushaltsvorschlägen alles auf die großen Herausforderungen konzentriert.

Nur wer richtig in Bildung und Klimaschutz investiert, stellt Niedersachsen zukunftsfähig und krisenfest auf!
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