Rede Ina Korter: Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf 12 Jahre aussetzen

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Anrede,
mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf 12 Jahre zumindest so lange auszusetzen, bis die Umstellungsprobleme durch die Schulstrukturreform bewältigt und gesicherte Erkenntnisse aus anderen Bundesländern ausgewertet sind.
Anrede,
die Landesregierung trägt ihren falschen Ehrgeiz, das Abitur nach Klasse 12 möglichst schnell einzuführen auf dem Rücken der Kinder aus, die jetzt auch noch die Umsetzung der Schulstrukturreform verkraften müssen.
Die Kinder, die jetzt in Klasse 5 und 6 an die Gymnasien kommen, sind die Versuchskaninchen des Kultusministers:
An ihnen wird das erste Mal getestet, ob die Grundschulkollegien mit den Laufbahnempfehlungen in Klasse 4 richtig lagen.
An diesen Kindern wird getestet, wie es ist, in einer der über 130 Außenstellen oft kilometerweit entfernt von der neuen Schule unterrichtet zu werden und die Stammschule erst mal gar nicht zu kennen. Von der Beteiligung an einem gemeinsamen Schulleben kann ohnehin nicht mehr die Rede sein.
Diese Kinder werden von einem neu zusammengesetzten Kollegium unterrichtet, das zu einem großen Teil aus Lehrkräften besteht, die für das Gymnasium gar nicht ausgebildet sind, und die Kinder werden ab der achten oder neunten Klasse länger arbeiten als ihre berufstätigen Eltern.
Anrede,
ohne Not wollen Sie diese überstürzte "Reform" in Niedersachsen durchziehen. Sie können kein einziges pädagogisches Argument dafür anführen, weshalb dies jetzt geschehen muss.
Sie berufen sich darauf, mit anderen Bundesländern gleich ziehen zu wollen.
Haben sie denn mal in Erfahrung gebracht, ob das Abi nach Klasse 12 dort ein Erfolgsmodell ist oder beten Sie nur nach, was Sie einmal gehört haben?
Zu Ihrer Information:
Als das Abi nach 12 in Baden-Württemberg auf freiwilliger Basis eingeführt wurde, wollten die Eltern nichts davon wissen. Daraufhin wurde es zwangsweise eingeführt. Auch in Bayern wird das Abi nach 12 nur gegen den massiven Widerstand - selbst des Philologenverbandes - durchgesetzt.
Im Saarland stöhnt man inzwischen über die Mehrbelastung der SchülerInnen. Und die Sportvereine, Pfadfinder und Musikschulen klagen dort, dass ihre Jugendarbeit durch die hohe schulische Belastung der GymnasialschülerInnen verkümmert sei.
In Sachsen und Thüringen, beide nach der Wende beim Abitur nach Klasse 12 geblieben, scheitern drei- bis sechsmal so viele Schülerinnen und Schüler wie im Bundesdurchschnitt.
Schon jetzt hängt in keinem Land der Schulerfolg derart von der sozialen Herkunft ab wie in Deutschland.
Das, wofür bisher neun Jahre Zeit war, soll jetzt in acht Jahren erledigt werden. Schon für das Abi nach 13 Jahren brauchten nahezu 30% der Abiturienten ein Jahr länger. Man wird damit rechnen müssen, dass ein Großteil der Schülerinnen das Abi nur mit zusätzlicher Unterstützung und Nachhilfe oder gar nicht schafft.
Herr Busemann, Sie haben zu verantworten, wenn sich die Abiquote in Niedersachsen bayerischen Verhältnissen annähern und massiv sinken wird. Herr Minister Busemann, ich halte Ihr Vorgehen für verantwortungslos! Ich fordere Sie auf, die Einführung des Abiturs nach Klasse 12 auszusetzen. Damit würden Sie mindestens 1 000 Lehrerstellen einsparen, die zur besseren Ausstattung von Ganztagsschulen dringend benötigt werden.

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