Rede Ina Korter: Politische Bildung gehört in die Schule - Diskussionsveranstaltungen auch vor Wahlen zulassen!

- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

bei der Landtagswahl 2013 war die Wahlbeteiligung mit 59,4 Prozent wieder nicht annähernd zufriedenstellend.

Nun liegt dies keineswegs nur an der mangelnden Teilnahme von jungen Wählerinnen und Wählern, aber wir müssen uns ernsthaft Gedanken machen, wie wir es schaffen, dass gerade den Heranwachsenden deutlich wird, wie wichtig Wahlen und fundierte freie Wahlentscheidungen für die Demokratie sind.

Und dazu brauchen wir in den Schulen im Bereich der  politischen Bildung mehr aktuellen Bezug.

Im niedersächsischen Schulgesetz ist der Bildungsauftrag deutlich definiert: Dort heißt es in § 2, dass die Schulen die SchülerInnen und Schüler dazu erziehen sollen, „ihre staatsbürgerliche Verantwortung zu verstehen und zur demokratischen Gestaltung der Gesellschaft beizutragen.“

Ferner sollen sie befähigt werden, sich umfassend zu informieren und Informationen kritisch zu werten.

Diskussionen mit Politikerinnen und Politikern sind ein wichtiger Bestandteil dieser Information und der Auseinandersetzung mit  den Konzepten von Parteien  und ihrer Repräsentanten. Dieses ist  für Schülerinnen und Schüler interessant, hoffentlich sogar  spannend.

Aber gerade, wenn sich SchülerInnen und Schüler am meisten für Politik und Parteien interessieren, nämlich unmittelbar vor Wahlen, wenn überall Plakate hängen und Wahlwerbung stattfindet, dürfen in den Schulen während der Unterrichtszeit keine Podiumsdiskussionen stattfinden.

Im geltenden Erlass heißt es zu Einladungen von Politikerinnen und Politikern in Schulen:

„Für die letzten 4 Unterrichtswochen vor einer Wahl dürfen Einladungen (…) nicht ausgesprochen werden.“ Und Podiumsdiskussionen, die von  Schülervertretungen organisiert werden, dürfen  „in den letzten 4 Wochen vor einer Wahl […] nur nach Ende der regelmäßigen  Unterrichtszeit stattfinden.“

Die Entscheidung darüber, ob Politikerbesuche  und Podiumsdiskussionen vor Wahlen in den Schulen stattfinden dürfen, wurde 2007 vom damaligen Kultusminister Busemann im Zuge der Deregulierung in die Eigenverantwortung der Schulen gegeben, danach aber von den Nachfolgeministern als einziger Erlass von ca. 30 wieder dem Zuständigkeitsbereich der Eigenverantwortlichen Schulen entzogen.

In der Folge mussten bereits geplante Veranstaltungen untersagt wurden.

Einige von uns haben  vor der letzten Landtagswahl aktuell erlebt, welche Ängstlichkeit diese Erlassregelung in Schulen erzeugt hat.

Bereits Ende November lehnten zum Beispiel Schulen Besuche von Landtagsabgeordneten ab, selbst wenn die sich bei der Leitung über die Frage der Ausbildungsplätze für Altenpflege oder  ErzieherInnen informieren wollten.

Anrede,

statt unsere Schulen einzuschüchtern, brauchen wir mehr Ermutigung für die Schulen, in eigener Verantwortung politisch ausgewogene spannende Debatten zu organisieren.

Die sehr positive Reaktion der Schülerinnen und Schüler, die an den Juniorwahlen  vor der Landtagswahl 2013 teilgenommen hatten, haben klar zum Ausdruck gebracht: Wenn die Wahlen aktuell vor der Tür stehen, sind SchülerInnen besonders interessiert und sie sind besonders motiviert.

Gerade die direkte Begegnung mit Politikerinnen und Politikern zeigt, dass Politik nicht irgendwo passiert, sondern von Menschen gemacht wird.

Und die kann man fragen, mit Ihnen diskutieren und in Verantwortung nehmen.

Immer wieder wird die Befürchtung geäußert, Politikerinnen und Politiker könnten versuchen, die Schülerinnen und Schüler zu indoktrinieren.

Wir sind dagegen überzeugt, dass sie sich in den Schulen verantwortlich verhalten und dass im pädagogisch angeleiteten Raum Schule ein anderes Vorgehen sofort kritisch hinterfragt werden würde und gerade dort ja auch könnte!

Wir sollten unseren Schulen zutrauen, eigenverantwortlich dafür zu sorgen, politisch ausgewogene Veranstaltungen zu organisieren.

Und wir sollten uns als Abgeordnete trauen, uns vor Wahlen der kritischen Diskussion mit Schülerinnen und Schülern zu stellen.

 

Zurück zum Pressearchiv