Rede Ina Korter: Aufarbeitung der DDR-Geschichte an niedersächsischen Schulen

 

Anrede,

die Aufarbeitung der DDR-Geschichte ist zweifelsohne von großer Wichtigkeit, denn nur sie vervollständigt das Bild Deutschlands im 20. Jahrhundert, an dessen Ende die Wiedervereinigung steht.

Darin sind sich alle Fraktionen einig, denke ich.

Auch in den Schlussfolgerungen findet sich ein Konsens in den vorliegenden Anträgen in nahezu allen Punkten.

Eine strittige Debatte gibt es allerdings um die jeweilige Bewertung der historischen Zusammenhänge, wie sie in Einleitung oder Begründung zum Ausdruck kommen.

Anrede,

für die jeweiligen Sichtweisen gibt es sicherlich Gründe, es kann jedoch nicht sein, dass subjektive Bewertungen aus der einen oder anderen Richtung als "historische Wahrheit" den Schulen vorgegeben werden.

Ich habe bereits in meiner Rede am 30. Oktober 2009 hier im Landtag deutlich gemacht, dass Geschichtsunterricht kein geschlossenes Weltbild mit abschließender Bewertung vermitteln soll, davor müssen wir uns hüten.

Der Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze lässt sich nicht gegen Berufsverbote oder die fehlende Aufarbeitung des Faschismus in der Nachkriegszeit aufwiegen, dieser Eindruck darf nicht durch die Debatte im Oktober oder Antragstexte entstehen.

Ob die DDR nun ausschließlich als Unrechtsstaat zu sehen ist oder die Bundesrepublik Deutschland  ausschließlich als Musterbeispiel an Demokratie, diese Bewertung vorzunehmen ist nicht Aufgabe des Geschichtsunterrichts.

Er muss die Grundlagen dafür schaffen, dass die Schülerinnen und Schüler selbst zu einer kritischen fundierten Beurteilung in der Lage sind, weil sie gelernt haben, nach Kategorien wie Gewaltenteilung und Rechtsstaatsprinzip, nach Herrschaftsverhältnissen und ihrer ideologischen Rechtfertigung, nach der Einhaltung der Menschenrechte, nach Freiheit und sozialer Verantwortung zu fragen.

Es bleibt allerdings die berechtigte Frage, inwieweit diese Landesregierung dafür sorgt und noch Raum lässt, dass Zeitzeugen in den Unterricht kommen können und dass Fahrten zu Gedenkstätten stattfinden.

Meine Damen und Herren von den Mehrheitsfraktionen, warum müssen Sie eigentlich Ihre eigene Kultusministerin erst per Antrag zum Handeln auffordern?

Sie haben damit selbst eingeräumt, dass Ihre Landesregierung für die von Ihnen beklagte mangelhafte politische Bildung herzlich wenig tut, nachdem sie selbst die Landeszentrale  abgeschafft hat.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, mit ernsthaften Vorschlägen an diese Fragen herangehen, dann werden wir gern daran mitarbeiten. Die historisch-politische Bildung ist uns außerordentlich wichtig!

Die beiden hier vorgelegten Anträge halten die Antragssteller aber offensichtlich selbst für so nachrangig, dass beide auf eine Diskussion im Ausschuss dazu verzichtet haben.

Dieser Einschätzung können wir uns nur anschließen und werden deshalb beide Anträge ablehnen.

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