Rede Heiner Scholing: Antrag CDU - Zwischen christlicher Botschaft und dem Dienst am Gemeinwohl - Bedeutung der Kirchen in der Gesellschaft anerkennen und unterstützen
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede
Sehr geehrte antragstellende Kolleginnen und Kollegen der CDU, viele Aussagen, die sie in ihrem Antrag formulieren, sind nicht falsch.
Der unverzichtbare Beitrag der Kirchen für unsere Gesellschaft
Die Bereitschaft der Kirchen Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen
Hinweise auf das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kirchlichen Einrichtungen
Die Bedeutung der Kirchen bei der Mobilisierung des Ehrenamtes
Und sie zitieren aus dem Schlussbericht der Enquetekommission ‚Kultur in Deutschland’:
Das christliche Erbe ist für die kulturelle Tradition Europas von besonderer Bedeutung.
Noch einmal, keine dieser Aussagen ist falsch. Und ich möchte diese Aussage noch um eine weitere Aussage ergänzen:
Unsere Gesellschaft braucht das Engagement der Kirchen und Religionsgemeinschaften und sie braucht den Dialog mit ihnen.
Es ist aber hin und wieder erkenntnisreich auf das zu achten, was nicht gesagt wird.
Es reicht nicht, das Verhältnis Kirche und Staat nur abzuleiten aus der besonderen Bedeutung der Kirchen.
Ein wichtiges Gut unserer gesellschaftlichen Entwicklung bleibt unberücksichtigt: das ist die Trennung zwischen Staat und Kirche. Diese Trennung ist konstituierend für unser Land und auch für die Kirchen. Der Wert dieser Entwicklung kann an vielen aktuellen Beispielen wahrgenommen werden.
Das Spannungsfeld zwischen dem Wert und der Bedeutung der Religionsgemeinschaften und dem Gebot der Trennung von Staat und Kirchen gilt es auszuhalten.
Vor diesem Hintergrund komme ich dann allerdings zu einer kritischen Bewertung ihrer Forderungen.
Ein Tenor durchzieht ihren Antrag: es ist gut wie es ist. Weiterentwicklung nicht gewünscht!
Das greift zu kurz!
Drei Beispiele will ich nennen.
Es stellt doch niemand in Frage, die Kirchen bei der Ausübung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Die Kirchen erbringen hochwichtige gesellschaftliche Aufgaben und erhalten hierfür natürlich auch einen finanziellen Ausgleich! Stellt das jemand in Frage? Ich wüsste nicht wer?
Aber eine Debatte über die sogenannten Staatsleistungen einfach ausschließen unter Verweis auf den Loccumer Vertrag und das Niedersachsenkonkordat ist weder im Interesse der Gesellschaft noch im Interesse der Kirchen. Nur eine gesellschaftliche Debatte kann fragwürdigen und beschädigenden Skandalisierungen vorbeugen.
Zum Thema Religionsunterricht: Wir Grünen haben in unserem Programm in Hinblick auf den Religionsunterricht weitergehendere Forderungen erhoben, als schließlich im Koalitionsvertrag festgehalten wurden.
Hat irgendjemand hier im hohen Hause Probleme damit, dass wir einen Kompromiss formuliert haben? Das würde ich allerdings merkwürdig finden.
Im Übrigen können wir mit dem Kompromiss gut leben.
Den Religionsunterricht weiterentwickeln!
Das ist angesichts der Veränderungen in unserer Gesellschaft und damit auch in unseren Schulen dringend geboten.
Und dann gibt es ja auch noch die Forderung, den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag anzuerkennen, nicht nur im Jahr 2017, sondern dauerhaft.
Ich könnte mich ja der Forderung populistisch nähern:
Grüne fordern mehr Feiertage! Mit dem Reformationstag fangen wir an.
So zu formulieren, klingt aber doch zu vereinfachend, klingt zu sehr nach FREIBIER FÜR ALLE!
Es geht bei der Frage nach der Anerkennung eines gesetzlichen Feiertags doch um Inhalte.
Landesbischof Meister hat beim Neujahrsempfang in Loccum zu ihrem Vorschlag folgendes gesagt:
Seine Ausführungen beziehen sich auf die Gestaltung und Durchführung der noch anstehenden Veranstaltungen und Feierlichkeiten im Jahr 2017.
Ich zitiere:
Nur wenn es „erfolgreich“, also inhaltlich überzeugend sein kann, wenn also die Gewissenschärfung und die Verantwortungsverpflichtung des Individuums für das Gemeinwesen an einem Reformationstag so begangen werden, dass es über den Rahmen konfessioneller Bestätigung hinauswirkt, erst dann dürfen wir mit Überzeugung dafür einstehen.
Zitatende
Ich kann dieser inhaltlichen Anforderung sehr gut folgen und ziehe eine sehr pragmatische Konsequenz. Sorgen wir doch erst einmal für eine angemessene Gestaltung des Reformationstages 2017.
Ich freue mich im übrigen auf die Debatte im Ausschuss. Einer Debatte nach Etablierung eines weiteren Feiertags werden wir uns gewiss nicht verweigern.
Und zum Ende Dr. Martin Luther:
„Wortgeklingel verdrießt mehr, als das es erbaut“