Rede Hans-Jürgen Klein: Entwurf eines Gesetzes zur Erhebung einer Bodenschätzeförderabgabe
Rund 40.000 Hektar beträgt die Gesamtfläche, die im Niedersächsischen Landesraumordnungsprogramm für den Abbau von Rohstoffen, wie Sand, Kies, Festgestein, Ton oder Torf vorgesehen ist. Das ist fast die doppelte Größe der Stadt Hannover.
Wer aus dem Emsland, den niedersächsischen Küstenlandkreisen oder dem Raum Osterholz kommt, der kennt die jahrelangen Konflikte gerade um den Torfabbau, der ja besonders viel Fläche in Anspruch nimmt. Andernorts reißt der Abbau von Sand, Kies, Ton, Gips und Festgestein riesige Wunden in die Landschaft.
Durch unseren in den letzten Jahren kaum gebremsten Hunger nach Rohstoffen gehen nach wie vor wertvolle Flächen für den Naturschutz und wertvolle Böden verloren, die wir für die Nahrungsmittelproduktion oder für die Produktion nachwachsender Rohstoffe dringend brauchen.
Wenn wir es wirklich ernst meinen mit der Reduzierung unseres Flächenverbrauchs, der ja von allen Parteien immer wieder gefordert wird, dann dürfen wir nicht nur an Bodenversiegelungen, Gebäude und Straßen denken. Dann dürfen wir auch den Flächenverbrauch für den oberflächennahen Abbau von Rohstoffen nicht länger ignorieren. In vielen Fällen sind diese Rohstoffe längst durch Recyclingprodukte zu ersetzen. Torf gehört ins Moor und nicht in den Garten oder in den Blumenkübel. Dafür ist Kompost wesentlich besser geeignet. Der Absatz dieser Recyclingprodukte muss gefördert werden, indem diese gegenüber den natürlichen Rohstoffen wirtschaftlich besser gestellt werden.
Wir legen Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Erhebung einer Bodenschätzeförderabgabe vor, das im Wesentlichen drei Ziele verfolgt:
- Es sollen wirtschaftliche Anreize gesetzt werden, damit natürliche Rohstoffe möglichst sparsam genutzt und – wo das möglich ist – durch Recyclingprodukte ersetzt werden. Damit soll auch der Flächenverbrauch endlich reduziert werden.
- Wer eine Ressource wie Sand, Kies, Ton, Gips oder Torf nutzt und auch die Allgemeinheit belastet, der soll sich auch gezielt an der Finanzierung von Maßnahmen des Natur- und Bodenschutzes beteiligen.
- Der dritte Punkt ist ja gerade in dieser Zeit mit den größten Haushaltslöchern und Schuldenbergen aller Zeiten auch nicht ganz unwichtig: Wir wollen Einnahmen erzielen und diese dann für den von der Landesregierung sträflich vernachlässigten Landschafts-, Natur- und Bodenschutz einsetzen.
Wenn ich die aktuellsten mir vorliegende Zahlen über die Abbaumengen in Niedersachsen mit den von uns vorgesehenen Abgabensätzen zugrunde lege, dann sind das jährlich brutto rund 58 Mio. Euro, die da zusammen kommen. Natürlich wird das in den kommenden Jahren weniger werden, wenn zunehmend Recyclingprodukte eingesetzt werden. Aber genau das ist ja das Ziel ökologisch motivierter Abgaben!
Wir bewegen uns hier im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung. Der Bund sieht eine Abgabe auf die Förderung der im Gesetzentwurf genannten Bodenschätze bisher nicht vor. Auch in anderen Bundesländern gibt es bis jetzt nichts Vergleichbares. Niedersachsen könnte und sollte hier beispielhaft wirken.
Das Instrument, die Nutzung von Ressourcen mit einer Abgabe zu belegen, ist ja nicht neu. Auch für Niedersachsen nicht! Das Land erhebt auf die Förderung von Gas und Öl eine Abgabe und auch der 1992 in Niedersachsen eingeführte Wasserpfennig ist letztlich nichts anderes als eine Ressourcennutzungsabgabe. Übrigens: Am Wasserpfennig kann man sehen, dass dieses Instrument durchaus funktioniert. Der Wasserverbrauch ist seit 1992 deutlich zurückgegangen.
Die Frage lautet also nicht: Wieso wollen wir jetzt eine Abgabe auf Sand, Kies, Torf, Ton und Gips erheben? Die Frage lautet viel mehr: Warum eigentlich erst jetzt?
Lassen Sie mich die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer vom Land erhobenen Bodenschätzeförderabgabe noch einmal konkretisieren: Der oberflächennahe Abbau von Rohstoffen gehört zur Materie des Bergbaus und unterliegt damit der konkurrierenden Gesetzgebung von Bund und Ländern. Da der Bund für die im Gesetz genannten Bodenschätze keine abgabenrechtlichen Regelungen getroffen hat, sind die Länder hier gesetzgebungsbefugt. Das hat im Übrigen auch Prof. Hendler von der Universität Trier in einem Rechtsgutachten für Kreise am Niederrhein bestätigt. Dort wird eine Abgabe auf die Förderung von Sand und Kies parteiübergreifend gefordert. Prof. Hendler hält eine solche Abgabe für eindeutig zulässig.
Unser Gesetzentwurf sieht ein sehr schlankes Verfahren für die Erhebung der Abgabe vor. Die Abbauunternehmen teilen dem Finanzamt einmal jährlich die Abbaumengen mit. Das sind Daten, die die Unternehmen ohnehin vorliegen haben. Auf dieser Grundlage erstellt das Finanzamt dann den Abgabenbescheid. Mit den ohnehin erhobenen Statistikdaten und systematischen und risikoorientierten Stichproben können diese Angaben mit geringem Aufwand auf Plausibilität geprüft werden. Die Befreiungen von der Abgabenpflicht (Material für den Deichbau und nichtkommerzieller Abbau) sind überschaubar und klar abgrenzbar.
Auch die Abgabensätze sind sehr moderat. 50 Cent für die Tonne Festgestein oder ein Euro für Sand und Kies sind nun wirklich keine Beträge, die ein Abbauunternehmen aus dem Land treiben könnten. Die Bodenschätze ließen sich ohnehin nicht mitnehmen und die Höhe der Transportkosten ist sehr viel entscheidender für ein wirtschaftliches Angebot.
Unser Konzept bemisst die Abgabenhöhe an zwei Kriterien: Am Marktwert des jeweiligen Rohstoffs und an dem mit seiner Gewinnung verursachten Eingriff in die Natur. Da ist es klar, dass Torf trotz seines relativ geringen Marktwertes höher belastet wird als Sand und Kies.
Dies ist unser Vorschlag. Die Einzelheiten sind nicht in Stein gemeißelt. Wir sind offen für alle guten und überzeugenden Argumente für Änderungen, die auf ein wirkungsgleiches Ergebnis abzielen. Ich freue mich deshalb auf eine konstruktive Beratung im Ausschuss.