Rede Hans-Joachim Janßen: Modellversuch zur Treibselminimierung

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Herr Präsident, meine Damen und Herren,
das Problem des Treibsel ist nicht neu, aber örtlich begrenzt. Auch Untersuchungen zum Einfluss der Nutzung auf die Treibselmengen am Deich wurden bereits durchgeführt: zum Beispiel zwischen 1998 und 2002 im Bereich Wester-Neßmerheller in Ostfriesland auf immerhin 225 ha.
Bahnbrechendes Ergebnis dieser Untersuchungen vom Niedersächsischen Landesamt für Wasserwirtschaft und Küstenschutz (NLWK):
- Zwischen den an den Deichen angetriebenen Teekmengen und der jeweiligen Beweidungsintensität ist kein Zusammenhang erkennbar;
- Weitere Ergebnisse sind sehr unwahrscheinlich. Deshalb werden die Versuche beendet.
Das war auch zu erwarten. Schon 1996 war der von Küstenschützern und Naturschützern besetzte Arbeitskreis Treibsel des MU in Auswertung der vorhandenen Untersuchungen zu folgendem Ergebnis gekommen:
"Die Reduzierung des Aufwuchses der Salzwiesen durch extensive Bewirtschaftung kann die Entstehung von Treibsel nur begrenzt beeinflussen", und weiter: "Eine entscheidende Reduzierung des Treibsels könnte nur durch intensive und großflächige Nutzung erreicht werden."
Ihre Erwartung, eine extensive Nutzung führe zu merklicher Reduzierung des Treibselanfalls und damit zu erheblichen Kosteneinsparungen ist also durch nichts belegt und reines Wunschdenken. Auch neue Versuche werden da nichts bringen.
Eine intensivere Nutzung als bislang, wie Sie Ihnen möglicherweise vorschwebt, wird aber zu einer völligen Artenverarmung in den Salzwiesen führen und verbietet sich in einem Nationalpark. Und auch eine flächendeckende Nutzung der Salzwiesen, wie Sie sie augenscheinlich zwischen Carolinensiel in Ostfriesland bis hin ins Elbe-Weser-Dreieck anstreben, widerspricht dem Kerngedanken eines Nationalparks.
Nach internationalen Kriterien dient ein Nationalpark zuvorderst dazu, natürliche Entwicklungen zuzulassen, so steht es auch im Nationalparkgesetz und im Bundesnaturschutzgesetz als Zielsetzung für Nationalparke allgemein. Eine großflächige Bewirtschaftung läuft diesen Zielen entgegen und die Elbtalaue hat uns gelehrt, dass Nationalpark und Dauernutzung nicht miteinander vereinbar sind.
Schon jetzt werden fast 50% der Außendeichsflächen im Nationalpark genutzt. Wenn es tatsächlich Ihr Ziel ist, den Einfluss der Nutzung zu untersuchen, dann sollten Sie zunächst mal Unterschiede der Teekmengen in den bisher schon genutzten und ungenutzten Bereichen auswerten.
Aber, meine Damen und Herren, es geht Ihnen wohl auch eher um die Wiedernutzung aus ideologischen Gründen: Was sich selbst überlassen bleibt, läuft aus dem Ruder, wie ich neulich wieder einmal aus ihren Reihen vernehmen konnte. Ihnen geht es darum, dass die Salzwiesen endlich wieder ordentlich aussehen. Von Freiheit für die Salzwiesen keine Spur.
Salzwiesennutzung zur Reduzierung des Treibselanfalls ist also keine Lösung, es sei denn, man will den Nationalpark kaputtmachen.
Es braucht andere Lösungen:
Bei den anstehenden Deichbaumaßnahmen müssen Treibselräumwege angelegt werden, damit bei jeder Witterung das Treibsel vom Deich geholt werden kann. Hier ist die Landesregierung gefordert, ihr Deichbauprogramm zügig abzuarbeiten.
Auch der Einsatz von Fahrzeugen mit geringerem Flächendruck würde dazu beitragen, die Deiche weniger zu beanspruchen.
Natürlich kosten diese Maßnahmen Geld. Aber auch die Herrichtung von Salzwiesen für die Bewirtschaftung, z.B. die Anlage und Pflege der Grüppen, gibt es nicht umsonst.
Den finanziellen Einsatz sollte uns der Erhalt dieser weltweit einmaligen Naturlandschaft wert sein. Naturnahe Salzwiesen gehören dazu. Kehren Sie um und ziehen Sie Ihren Antrag zurück.

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