Rede Hans-Joachim Janßen: Kormoranverordnung

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede

Als Fischfresser wurde der Kormoran über Jahrhunderte bejagt. Teilweise wurden sogar Kopfgelder ausgesetzt, als Prämien für den Abschuss. Das Ergebnis war verheerend: Vor gut hundert Jahren war der Kormoran deutschlandweit nahezu ausgerottet. Eine Atempause brachte erst die europäische Vogelschutzrichtlinie, die 1979 in Kraft trat. Die Bestände erholten sich langsam, aber noch bis in die 90er Jahre (1996) stand der Kormoran auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten.

Der Kormoran ist weiterhin eine nach Europa- und Bundesrecht besonders geschützte Art. Es gilt das Tötungsverbot und das Störungsverbot. Ausnahmen von diesem strengen Schutz sind nur zulässig, wenn andernfalls erhebliche fischereiwirtschaftliche Schäden drohen. Und wenn keine milderen Maßnahmen zur Verfügung stehen. Für Niedersachsen stehen bislang jedoch keine Daten zur Verfügung, mit dem das Ausmaß der Schäden beziffert oder die Wirksamkeit alternativer Maßnahmen beurteilt werden kann.

Abschüsse sind nach der geltenden Kormoranverordnung in der Umgebung von Fischteichen zulässig. Seit Inkrafttreten der Kormoranverordnung wurden jährlich zwischen 1.500 und 1.900 Kormorane erschossen, in einigen Jahren aber auch mehr.

Abschüsse müssen gemeldet werden. Weitere Erkenntnisse geben die Meldepflichten der Verordnung jedoch nicht her. Wir haben keine Zahlen zu Nestzerstörungen, genauso wenig wie zu den Verlusten, die den Teichwirtschaftsbetreibern entstehen.

Mit dem Koalitionspartner haben wir uns nun darauf verständigt, die Kormoranverordnung für einen verkürzten Zeitraum von drei Jahren zu verlängern. Mit den vorgesehenen Änderungen streichen wir die Generalgenehmigung für untere Naturschutzbehörden, das Zerstören von Nestern im Umkreis von bis zu 30km um Fischteiche zuzulassen. Das war eine rein populistische Maßnahme von Schwarz-Gelb, um den Kormoran für vogelfrei zu erklären. Kein Kormoran wird sein Nest in 30km Entfernung vom Nahrungsgewässer bauen – da verhungern seine Jungen schlicht, weil Energieverbrauch und Energiegewinnung durch Futter in krassem Missverhältnis stehen. Die unteren Naturschutzbehörden können zukünftig im Einzelfall entscheiden – ohne Vorgaben des Landes. Und wir geben der Landesregierung auf, den Abschuss brütender Kormorane während der Brutzeit auszuschließen. Auch nicht ausgefärbte Jungvögel können am Brutgeschehen teilnehmen. Konsequent wäre daher während der Brutzeit keinen Abschuss von Kormoranen zuzulassen. Aber ich mache keinen Hehl daraus: Als Grüner und als Mensch, der dem Naturschutz durchaus besonders verbunden ist, hätte ich mir durchaus noch weitergehende Einschränkungen gewünscht. So ist die Festlegung der Brutzeit umstritten – es gibt durchaus Hinweise darauf, dass das Brutgeschäft bereits im März beginnt. So ist weiterhin ungeklärt, ob nicht auch Vergrämungsmaßnahmen wie z.B. Knallapparate geeignet sind zur Vertreibung von Kormoranen von Fischgewässern. Das müsste eigentlich vorher geklärt sein, bevor eine Ausnahme vom Tötungsverbot des Bundesnaturschutzgesetzes per Verordnung erfolgt.  Und es müsste einen wenigstens halbwegs tragfähigen Nachweis darüber geben, das der Abschuss von Kormoranen tatsächlich einen signifikanten Rückgang der Schäden an Teichwirtschaften zur Folge hat. Das gibt’s alles nicht. Und weil das so ist laufen wir mit dieser Verordnung Gefahr, das Töten von Tieren ohne vernünftigen Grund zuzulassen. Das wäre dann ethisch bedenklich.

Dem kann man nur zustimmen, unter der Voraussetzung, dass in den nächsten drei Jahren Berichtspflichten einführen, die diese Wissenslücken bereinigen.

Das tun wir. Im Gegensatz dazu hatte die schwarz-gelben Urheber der Verordnung offensichtlich nie ein Interesse.

Wir werden außerdem die Wirkung der neuen Förderprogramme des Landwirtschaftsministeriums genau verfolgen. Können die Schäden für die Teichwirtschaftsbetreiber durch Ausgleichszahlungen ausgeglichen bzw. durch die Förderungen von Abdeckungen und Überspannungen sogar vermieden werden – gibt es keinen Grund mehr, Kormorane in diesen Fördergebieten zu töten.

Im Licht der Ergebnisse werden wir in drei Jahren über die Kormoranverordnung erneut beraten und dann zu entscheiden haben, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine allgemein gültige Ausnahmeverordnung tatsächlich gegeben sind oder ob vielmehr örtlich beschränkte Ausnahmen der unteren Naturschutzbehörden ausreichen.

Beschlussempfehlung Drs. 17/6648

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